Jugendliche malen Jugendliche malen: Jessen als neues Wandmotiv
Jessen/MZ. - Wenn Jugendliche öffentlich malen, dann handeln sie sich mitunter nicht unbedingt die Hochachtung von Erwachsenen ein. Und schon gar nicht von Grundstücksbesitzern. Dann nämlich, wenn Häuserwände mit Farbe versehen werden. Graffiti nennen sich solche Schmierereien gewöhnlich, weil mittels Strahl aus Sprühdosen aufgebracht. Was neun Jugendliche der Jessener Max-Lingner-Sekundarschule in den zurückliegenden Tagen auf die dem Schlossweg zugewandte Seite des Elster-Centers aufbrachten, kann kaum als Graffiti bezeichnet werden.
Und nur Banausen würden es für Schmierereien halten. (Allerdings ist nicht jede Graffiti-Aktion eine Schmiererei.) Die Schüler verzierten die Wand per Pinsel und Malfarbe mit Jessener Motiven. Für richtige Graffitikunst, wie sie erst vorgesehen war, fanden sich nicht die richtigen Leute, erzählte Kunsterzieherin Gabriele Wolf der MZ. Gestern vormittag, quasi am ersten Ferientag, waren einige der jungen Künstler Gast der Eigentümer des Elster-Centers, die sich bei ihnen bedanken wollten. Norbert Krolop, Ehemann von Miteigentümerin Sabine Krolop-Schwedler, übernahm die Rolle des Gastgebers und meinte, eigentlich müsste diese Arbeit in den Zeugnissen besonders gelobt werden.
Von Bürgermeister Dietmar Brettschneider und Schuldirektor Thomas Felber erfuhr er, dass die Zeugnisse mittlerweile fast Geschichte sind. Vor mehr als einem Jahr begannen die Absprachen zu dem Objekt, informierte Kunsterzieherin Gabriele Wolf. Das Angebot, bzw. der Wunsch wurde seitens des Einkaufsmarktes an die Schule herangetragen. "Um solchen Dingen vorzubeugen", meinte Roberto Hose, der Verwalter des Marktes, und wies auf das Objekt gegenüber, das einige der verwunschenen Spray-Signets aufweist. Und er hofft auf Einhaltung des Sprayer-Kodex, dass dort nichts gesprüht wird, wo bereits Kunst, in welcher Art auch immer, drauf zu sehen ist. Manfred Lau von der Colorit GmbH erklärte jedoch, dass umgehend noch eine Sicherungsschicht aufgebracht wird, die nachträgliche "Arbeiten" leicht entfernen lässt.
Sein Unternehmen stellte die Farbe für die Aktion bereit. Die Motive sind von den Schülern selbst ausgedacht worden. Gabriele Wolf und ihre Kollegin Iris Schacher betreuten die jungen Künstler in dem extra ins Leben gerufenen Freizeitkurs an der Schule. Bei der Übertragung der Proportionen auf die Hauswand half Brigitte Kaiser. Sie fertigte die großen Schablonen an, mit deren Hilfe die Skizzen in Originalgröße gebracht wurden. Insgesamt 45 Stunden wurde in den letzten Tagen gemalt. "Die Schüler haben sich auch die Farbe selbst gemischt, was nicht einfach ist. Nichts wurde also als Normalfarbe nur aus der Dose genommen", berichtete Gabriele Wolf.
Norbert Krolop bedankte sich aber nicht nur verbal für die Arbeit. Die Erwachsenen erhielten bunte Sträuße und die Schule einen Scheck über 1 000 Mark. Das ist die Ausstattung für eine Exkursion mit den Beteiligten ins Lingner-Haus nach Berlin am Anfang des neuen Schuljahres, erklärte Schulleiter Thomas Felber.