Italien Italien: Roms Friedhöfe
Rom/gms. - Dort, in der ungeweihten Erde, im Schatten der Cestius-Pyramide,fanden vor allem Roms Protestanten und Atheisten ihre letzte Ruhe.«Resurrecturis» - denen, die auferstehen werden - steht eingemeißeltüber dem Eingangstor zum Friedhof. Denen, die lediglich eintretenwollen, wird meist erst nach mehrmaligem Klingeln das Tor zurRuhestätte geöffnet. Auf engstem Raum reihen sich die Gräber zwischenMyrtensträucher und Wildrosen, so dass man sich an den schmalen Weghalten sollte, um nicht mühsam und pietätlos über die Grabplatten zustolpern.
Rund 4000 Menschen fanden hier im Schatten von Pinien undZypressen ihre letzte Ruhe. Oftmals sind es keine Unbekannten: dieenglischen Autoren Percy Bysshe Shelley und John Keats, der ItalienerCarlo Emilio Gadda sowie der Mitgründer der italienischenkommunistischen Partei Antonio Gramsci fanden hier ihre letzteRuhestätte. Auch der Heilbronner Schriftsteller Wilhelm Waiblingersowie der Architekt Gottfried Semper wurden hier begraben. Selbst aufdie Namen Goethe und Humboldt trifft man. Zwar sind es nur die SöhneJohann Wolfgang von Goethes und Wilhelm von Humboldts, aber dennochbleiben die deutschen Touristen lange und ehrfurchtsvoll vor denschlichten Grabsteinen stehen.
Glaubt man den Berichten, so mussten die Nicht-Katholiken raschund heimlich verscharrt werden. Nächtens bei Fackelschein und unterPolizeischutz habe man die Toten zu Grabe getragen. «Al fiume!» - «Inden Fluss mit dem Toten» - sollen die Römer den Todeszügennachgerufen haben. Fest steht, dass bis Ende des 19. JahrhundertsKreuze auf den Gräbern verpönt und Grabinschriften wie etwa «Hierruht in Gott» nicht erlaubt waren.
20 000 Besucher zählt man jährlich auf dem Friedhof. Auf frischeGräber treffen die Touristen kaum. «Noch ein Jahr», schätztGianfranco Marcantonio, Direktor des Friedhofs, «vielleicht etwaslänger.» Dann ist der außergewöhnliche Gottesacker endgültig belegt.
Wirklich Raum gibt es auch auf dem «Campo Santo Teutonico» imVatikan nicht mehr. Links vom großen Portal zum Petersdom, dort, wosich die beiden Schweizer Gardisten die Beine in den Bauch stehen undvon Vatikan-Touristen aus sicherer Entfernung belagert werden,befindet sich der Eingang zum «teutonischen» Friedhof. Hier darf sichjeder deutsche Tourist auch als solcher zu erkennen geben. WährendItalienern auf die Frage nach dem Friedhof etwas von speziellenGenehmigungen erklärt wird, die «viel, sehr viel Geld» kosten, wirdjeder Deutschsprachige prompt eingelassen. Der Friedhof ist im Besitzder um 1450 gegründeten katholischen «Erzbruderschaft zurschmerzhaften Muttergottes», die dort ihre deutsch-flämischsprachigenBrüder bestatten.
Als Friedhof der Einheimischen gilt der Campo Verano neben derUniversität La Sapienza im Studentenviertel San Lorenzo. Hier zeigtsich der italienische Umgang mit dem Tod am deutlichsten. Wereintritt, wird von klassischer Musik empfangen und kann auch jenemorbide Inschrift auf einem Stein finden, die verkündet: «Quello chesiete fummo, quello che siamo sarete» - «Was ihr seid, sind wirgewesen, was wir sind, werdet ihr sein.»
«Nach dem Tod sind wir alle gleich» - auch so lässt sich dieserSpruch verstehen. Doch von Gleichheit keineSpur. Das einfache Volk ruht in schlichtgeschmückten Grabhügeln oder engen Grabnischen.