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Internetnutzung Internetnutzung: Die «Silver-Surfer» rüsten auf

Von Christian Deker 09.04.2008, 08:02

Merzhausen/dpa. - Auf Seniorentreff.de treffen sich ältere Menschen, um sich im Internet zu unterhalten, über Probleme zu sprechen oder Kochrezepte auszutauschen. «Kino- und Konzertbesuche werden immer seltener», sagt Margit Fischbach. «Aber mit dem Internet sind die älteren Leute wieder voll dabei.» Sie könnten zum Beispiel von zu Hause aus Bahn-Fahrkarten kaufen oder sich zum virtuellen Kaffeeplausch verabreden.

Von Merzhausen aus, einem Vorort von Freiburg, betreibt die 58-jährige Historikerin gemeinsam mit Mann und Sohn eine der größten deutschsprachigen Internet-Communities für Senioren. Eine ganze Reihe von Portalen für die Generation der «Silver Surfer» buhlt um deren Gunst. Das Bedürfnis nach Seniorenangeboten im Netz ist in den letzten Jahren gestiegen.

Laut ARD/ZDF-Online-Studie waren im vergangenen Jahr erstmals mehr Menschen über 60 Jahre im Internet unterwegs (5,1 Millionen) als Jugendliche unter 20 (4,9 Millionen). Fast jeder dritte Baden-Württemberger über 65 hat laut einer Studie des Statistischen Landesamts schon einmal das Internet genutzt. Und elf Prozent der über 65-Jährigen nutzen sogar fast täglich das Internet.

Die meisten Diskussionen der Senioren drehen sich um ganz alltägliche Themen wie Politik, Reisen oder Gesundheit. Dabei seien die Senioren ganz schön streitbar, sagt Karl-Friedrich Fischbach. «Man merkt von der Abgeklärtheit des Alters nicht viel.» Abends würden zum Beispiel oft Nutzer anrufen und sich über andere beschweren. Besonders Computerprobleme und Fragen zum Internet seien ein beliebtes Thema. «Es ist erstaunlich, wie schnell vor unseriösen Websites gewarnt wird», sagt Karl-Friedrich Fischbach.

Ab und zu kommen auch Themen vor, die vor allem für ältere Menschen von Bedeutung sind, zum Beispiel Krankheit und Tod. «Immer wieder gibt es User, die sterben», sagt Karl-Friedrich Fischbach. Wenn sich jemand lange nicht mehr eingeloggt habe, würden andere Nutzer fragen, wo denn derjenige geblieben sei. Auf eine Todesnachricht hin tragen sich viele Seniorentreff-Nutzer in virtuelle Kondolenzlisten ein.

Die Besucher ihres Seniorentreffs hätten in ihrem Leben viel erlebt und aufgeschrieben, sagt Margit Fischbach. «Das Papier liegt aber oft nur im Schrank.» Beim Seniorentreff würden deshalb etliche Nutzer ihre Lebenserinnerungen veröffentlichen ­ daraus sind mittlerweile schon mehrere Bücher entstanden.

Auch Kurzgeschichten und Reisebeschreibungen seien beliebt. Außerdem gibt es im Seniorentreff regelmäßig Rätsel- und Themenabende. Gerade läuft ein Fotowettbewerb zum Thema «Wolken», bei dem die Senioren ihre schönsten Wolkenfotos ins Netz stellen. «Das sind alles Initiativen, die von alleine laufen», sagt Margit Fischbach. «Damit haben wir erreicht, was wir wollten: Ältere übernehmen die Initiative, finden neue Kontakte und stoppen so ihren Rückzug aus dem Leben.»

Manchen ist der Einstieg in die Welt des Internets auch ein Neuanfang. Vor einiger Zeit erhielt Karl-Friedrich Fischbach eine E-Mail von einer Frau, die sich wegen ihres hohen Alters nicht mehr bewegen konnte. Sie lag den ganzen Tag nur noch im Bett.

Die Kinder hätten ihr deshalb einen Laptop geschenkt, schrieb die Frau, mit dem sie vom Bett aus auf das Internet zugreifen konnte. Das habe ihr neuen Mut und Lebensfreude gegeben, da sie wieder mit anderen Menschen kommunizieren konnte. «Die Dame kann heute wieder laufen», sagt Karl-Friedrich Fischbach.

Mehr Infos: www.seniorentreff.de (dpa)