Helsinki Helsinki: Nach dem Unwetter-Chaos Kritik

Helsinki/dpa. - Wegen des schlechten Wetters ist das Stabhochsprung-Finalemit Weltrekordlerin Jelena Isinbajewa (Russland) auf Freitagverlegt worden. Auch einen Tag nach der mehrstündigenUnterbrechung beeinträchtigten Regen, heftiger Wind undKälte die Athleten.
Die Bedingungen bei der WM-Vergabe sind laut Digel klardefiniert gewesen. «Bei dieser Entscheidung haben Emotioneneine größere Rolle gespielt als die Einhaltung voninternational üblichen Standards für ein Stadion», sagte derSportsoziologe aus Tübingen. Die Finnen hatten den Zuschlagerhalten, nachdem London die Ausrichtung wieder entzogenwurde, weil die Briten kein Stadion bauen wollten. Helsinkihatte sich gegen Berlin durchgesetzt, dass sich ebenfallsbewarb, aber nun die WM 2009 ausrichtet.
Die Bewerbung sei von Personen aus Helsinki bei der IAAFvorgebracht worden, die sich nicht beim Staat und bei derStadt rückversichert hätten, dass sie Kosten übernehmenwerden. Außerdem habe man nicht bedacht, dass dasOlympiastadion von 1952 unter Denkmalschutz stehe.
Das kleine Wort Sisu steht für den großen Kampfgeist derFinnen - beim heftigsten Unwetter des Jahres mussten aberselbst die mit allen Wassern gewaschenen Nordeuropäeraufgeben. Nichts ging mehr am Dienstagabend in Helsinki:Land unter meldeten die Notrufzentralen der Hauptstadt-Region, als die WM-Wettkämpfe längst unterbrochen waren.Peitschender Dauerregen hatte die Tartanbahn desOlympiastadions ebenso in Minuten geflutet wie ganzeStraßenzüge in der Ostsee-Metropole. Bäume krachten aufgeparkte Autos, der Verkehr stockte oder kam ganz zumErliegen.
In der gesamten Hauptstadt-Region um Helsinki, Espoo undVantaa herrschte «totales Chaos», verlautete aus der völligüberlasteten Notrufzentrale. Die Polizei musste während desdreistündigen Wolkenbruchs mit Blitz und Donner vieleHauptstraßen sperren. Über 50 Mal rückten die Rettungs- undNotdienste aus. Keller liefen voll, Seen traten über dieUfer. Nach noch unbestätigten Angaben soll in Espoo ein Mannertrunken sein.
Im Olympiastadion von 1952 flüchteten Athleten,Offizielle und Zuschauer vor den höllischen Sturzbächen, dievom tiefschwarzen Himmel herunter prasselten. Der Wind wurdezum Sturm und kam aus allen Richtungen. Spät am Abend wurdenwenigstens noch drei Finals durchgezogen, der WM-Zeitplanmusste aber geändert werden. Diskuswerferin Franka Dietzschwurde schon vor dem ersten Versuch vom Wetter-Chaosüberrascht; die Ex-Weltmeisterin musste ihre Tasche wiederpacken, das Finale wurde auf Donnerstag verschoben.
«Das Wetter soll bis Sonntag so bleiben. Wir werdenerhebliche Windprobleme haben, aber das gehört auch zurLeichtathletik», meinte Digel. «Wenn noch einmal vierStunden ausfallen, dann bekommen wir erhebliche Probleme»,ergänzte er, sagte aber auch: «Wir haben im Zeitplan nochSpielräume.»
Selbst im Meteorologischen Institut von Helsinki zeigteman sich angesichts der Himmelsfluten erstaunt. 12,2Millimeter Regen gingen in einer Stunde auf einenQuadratmeter nieder. «Bei einem normalen Schauer sind dasnur zwischen 0,2 und 0,4 Millimeter», erklärte«Wetterfrosch» Jerre Dauchy. Im Olympiastadion gingen sogar26 Millimeter pro Quadratmeter nieder. Bis Freitag soll eswindig, kühl und nass bleiben, erst am Samstag könnte sichdie Sonne wieder durch die Wolken kämpfen, kündigte derMeteorologe an. Dauchy machte dann aber allen Finnen undihren Gästen Mut: Am Sonntag kann es wieder richtig schönwerden.