Große Felixmüller-Retrospektive in Chemnitz
Chemnitz/dpa. - Er galt zunächst als Wunderkind, in der Weimarer Republik anfangs als politischer Linksaußen, im NS-System und zu DDR-Zeiten dann nur noch als Außenseiter: Conrad Felixmüller (1897-1977) hat den Bedeutungsverlust bereits zu Lebzeiten erfahren.
Anders als sein früherer Freund Otto Dix geriet der gebürtige Dresdner schnell in Vergessenheit. Wenn überhaupt, so sei er in den vergangenen Jahrzehnten «sehr einseitig wahrgenommen» und fast immer auf seine Dresdner Jahre bis 1934 reduziert worden, sagte Kurator Thomas Bauer-Friedrich am Freitag bei der Vorstellung der neuen großen Ausstellung im Museum Gunzenhauser.
Knapp 200 Werke von Felixmüller werden nun in Chemnitz gezeigt - Kunst aus sechs Jahrzehnten. Basis dafür waren die 116 Werke aus der Sammlung von Alfred Gunzenhauser, die der Galerist ähnlich wie seine Dix-Werke als Privatmann «besonders geschätzt» und deshalb nie selbst ausgestellt habe, sagt Kunstsammlungschefin Ingrid Mössinger. Hinzu kommen eine Reihe von Leihgaben aus anderen Museen und Privatsammlungen, wodurch Felixmüller in all seinen Facetten gezeigt werden kann. Die bekanntesten sind seine expressionistischen Werke bis Anfang der 1920-er Jahre, die bis heute bei Auktionen hohe Verkaufspreise erzielen.
Diesem Frühwerk stand Felixmüller nach Angaben von Bauer-Friedrich später kritisch gegenüber. Schon Ende der 1920-er Jahre habe er viele Gemälde und Grafiken selbst vernichtet - darunter auch solche, die ihn identifiziert hätten als Sympathisanten der KPD, der er bis 1924 angehört hatte. Während des NS-Regimes hielt sich Felixmüller vor allem mit privaten Porträt-Arbeiten über Wasser. Nach der Rückkehr aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft habe er als «Galionsfigur für den sozialistischen Realismus» herhalten sollen, sagte Bauer-Friedrich, «aber das ging gründlich schief». Felixmüller wehrte sich gegen eine politische Vereinnahmung, wiewohl er Arbeiter wie Bergleute in Sachsen oder an der Ruhr weiter in den Mittelpunkt seiner Werke rückte.
«Für ihn ging es nicht um Anklage von sozialen Verhältnissen, für ihn war es ein tiefes Mitempfinden», erklärte Bauer-Friedrich, der sich in den vergangenen zwei Jahren eingehend mit Leben und Werk von Felixmüller befasst hat. In der DDR war Felixmüller durch eine Anstellung als Universitätszeichenlehrer in Halle bis 1962 finanziell abgesichert. Um Kindern und Enkeln nahe zu sein, beantragte der als Familienmensch geltende Künstler schließlich die Ausreise nach Westberlin, die ihm 1967 auch gewährt wurde.
Zu seinen bleibenden Arbeiten gehört auch ein sakrales Werk: Bereits 1952 schuf Felixmüller für die Jakobikirche im sächsischen Tautenhain großformatige religiöse Malereien. Die bis 7. April angesetzte Chemnitzer Schau soll anschließend auch noch in der Städtischen Galerie Bietigheim-Bissingen und im Ernst-Barlach-Haus in Hamburg gezeigt werden.