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«Goldene Tropfen» für den Tank

12.10.2005, 13:12

Halle/MZ. - Das Bio-Ölwerk Magdeburg hat seine zweite Ausbaustufe vollendet und seine Jahreskapazität um 50 Prozent erhöht. Schon bis Ende nächsten Jahres ist das Werk über Lieferkontrakte ausgelastet, berichtet Geschäftsführer Reinhard Kluge. Insgesamt gibt es in Sachsen-Anhalt an rund 60 Tankstellen die Möglichkeit, Biodiesel zu zapfen.

Allein im Bio-Ölwerk Magdeburg werden jährlich 75 000 Tonnen Biodiesel produziert. Hinzu kommen Produktionsstätten in Bitterfeld, Halle und Burg. Die jährliche Kapazität aller Anlagen im Land liegt bei etwa 310 000 Tonnen. In Wittenberg entsteht derzeit die zweitgrößte Biodiesel-Anlage Deutschlands mit einer Kapazität von 200 000 Tonnen pro Jahr.

Raps kommt aber längst nicht mehr nur als Biodiesel in den Tank, sondern zunehmend auch als kaltgepresstes Rapsöl. In Kroppenstedt im Bördekreis setzt Ölmühlen-Betreiber Eike Döpelheuer bereits seit einigen Jahren auf diesen Kraftstoff. Damit füllt er die Tanks umgerüsteter Lkw und Traktoren.

Seit Kurzem lädt er auch Fahrer von Diesel-Fahrzeugen ohne Umrüstung ein, den mineralischen Kraftstoff im Tank mit Öl zu mischen und dabei kräftig Geld zu sparen. Im Winter solle man allerdings die Finger davon lassen, empfiehlt Döpelheuer, denn das Öl benötige eine Starttemperatur von 25 Grad Celsius. Der Motor würde bei Kälte nicht anspringen. Wer auch im Winter mit Pflanzenöl fahren wolle, müsse in eine Umrüstung seines Fahrzeugs investieren. Kostenpunkt für einen Pkw: knapp 2 000 Euro. Einige Landwirte planen inzwischen, selbst Anlagen auf ihren Höfen zu errichten, um die Betriebskosten für ihre Schlepper zu drücken. Doch Döpelheuer warnt: "Mit dem Kauf einer Ölpresse ist es nicht getan." Denn entweder werde die geringere Ausbeute bei der Kaltpressung in Kauf genommen, oder das Öl werde warm gepresst und müsse nachbehandelt werden. Die Technik zur nötigen Saataufbereitung (Trockung und Zerkleinerung) sei auf den Höfen meist vorhanden. Doch auch Filtration und Entschleimung seien nötig, um die Motoren der Fahrzeuge nicht zu schädigen. Schwebstoffe müssen entfernt und der Grenzwert für den Phosphatidgehalt eingehalten werden.

Döpelheuer beschreitet beide Wege. In seinem Betrieb wird für die Tankstelle ungeschälte Rapssaat kalt gepresst. Außerdem wird besonders hochwertiges Speiseöl aus geschälter Rapssaat kalt gepresst. Hier durchläuft der Raps anschließend eine zweite, warme Pressung und wird entsprechend nachbehandelt. "Das Öl, das bei uns in die Tanks kommt, hat durchweg Speiseölqualität", betont der Unternehmer. "Das können Sie getrost für Ihren Salat verwenden."

Allerdings drohen mit der anziehenden Nachfrage steigende Rapsölpreise. Der Preis für Rapssaat wurde in Rotterdam Ende August für 215 Euro je Tonne gehandelt. Ende September waren schon 230 Euro je Tonne zu zahlen. Der Preis für Rapsöl zeigt seit Mitte September steil nach oben.

Bundesweit wird derzeit die Nutzung von kaltgepresstem Rapsöl aus dezentralen Anlagen für die Landwirtschaft in einer Langzeituntersuchung geprüft. Unter der Regie der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) wurden 100 umgerüstete Traktoren drei Jahre mit kaltgepresstem Rapsöl betrieben. Auf der Agritechnika in Hannover sollen die Resultate am 9. November vorgestellt werden. Vom Bund wird die Studie unterstützt. bko