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Gewusst wie Gewusst wie: Musik nach Bedarf komprimieren

Von Arnd Petry 01.09.2005, 10:34

Erlangen/Berlin/dpa. - Der Standard für komprimierte Musikdateien ist seit Mitte der neunziger Jahre das bekannteste Format: MP3. «Alles, was nach MP3 kam, ist zwar technisch besser, doch MP3 ist das einzige Format, das weltweit von allen Geräten unterstützt wird», sagt Peter Knaak, Technikexperte der Stiftung Warentest in Berlin.

Generell wird bei Audiodateien zwischen komprimierten und nicht komprimierten, verlustfreien und verlustbehafteten Formaten unterschieden. Nicht komprimiert liegen Musikstücke beispielsweise auf CDs als WAV-Dateien vor. Eine Minute Musik benötigt dann etwa 10 Megabyte (MB) Speicherplatz. Aus diesem Grund ist bei einer Audio-CD nach knapp 80 Minuten Spielzeit Schluss.

Werden die Stücke in ein anderes Format überführt und verkleinert, passt deutlich mehr Musik auf eine Silberscheibe: So wie sich der Platzbedarf dieses Artikels durch Weglassen nicht unbedingt nötiger Buchstaben und Satzzeichen verringern lässt, werden zum Beispiel bei der Herstellung - der so genannten Encodierung - von MP3-Dateien alle Töne herausgefiltert, die irgendwie verzichtbar erscheinen.

Basis dieses Vorgehens sind Erkenntnisse aus der Psychoakustik, nach denen das menschliche Gehirn nicht alle vorhandenen Geräusche wahrnimmt: «Töne, die gar nicht gehört werden können, werden bei der MP3-Encodierung entfernt», erklärt Stefan Geyersberger vom Fraunhofer-Institut Integrierte Schaltungen (ISS) in Erlangen, in dem das MP3-Format entwickelt wurde. Ebenso wie beispielsweise der Lärm eines startenden Flugzeugs das Gezwitscher von Vögeln verdeckt, übertönt vielleicht ein lautes E-Gitarrensolo leisere Flötentöne.

Weil diese Flötentöne damit für immer verloren sind und auch bei einer erneuten Umwandlung in das WAV-Format nicht wieder hergestellt werden können, wird MP3 auch als verlustbehaftetes Format bezeichnet. Wer also vor allem eine Platz sparende Sicherung seiner CD-Sammlung ohne Klangeinbußen auf einer Festplatte im Sinn hat, greift besser zu verlustfreien Formaten wie Monkey's Audio, LPAC oder FLAC. Im Idealfall lässt sich damit der Speicherplatz halbieren. Aus den Dateien kann bei Bedarf das Original wieder rekonstruiert werden.

Entscheidend für den Platzbedarf bei verlustbehafteten Formaten wie MP3 oder Ogg Vorbis ist die Kompressionsrate. Sie wird angegeben in Kilobit pro Sekunde (kbit/s) und zeigt an, wie viel Platz zum Speichern von einer Sekunde Musik zur Verfügung steht: je mehr, desto besser ist der Klang. Ist es also zum Beispiel das Ziel, den Hits der CD-Sammlung auf einem tragbaren Audioplayer zu lauschen, muss ein Kompromiss zwischen Tonqualität und Speicherbedarf gefunden werden.

«Früher waren 128 Kilobit pro Sekunde die gängige Rate», erklärt Robert Lawatscheck vom Netz-Portal «MPeX.net» in Berlin. «Das wurde als CD-Qualität angesehen.» Eine MP3-Datei in dieser Kompressionsrate benötigt für eine Minute Musik ungefähr ein MB Speicher. Für tragbare Flashkarten-Player mit begrenztem Speicherplatz empfiehlt Lawatscheck auch heute noch eine solche Kompressionsrate.

Weil der Speicherplatz vieler Abspielgeräte aber deutlich größer geworden ist, liege der heutige Standard bei 192 Kilobit pro Sekunde. Eine Minute Musik braucht dann 3 MB. CD-Qualität sei damit aber im strengen Sinne noch immer nicht erreicht. Wird die Kapazität des tragbaren Speicherspielers eher in Giga- statt in Megabyte bemessen, rät Lawatscheck daher zu noch größeren MP3-Dateien: Dann könne die Musik auch zu Hause oder bei Freunden mit Genuss über die Hifi-Anlage gehört werden.

Sollen die Dateien besonders klein werden, besteht nach Worten von Stefan Geyersberger vom Fraunhofer Institut die Gefahr, dass sich so genannte Codier-Artefakte - eigenartige Geräusche - in die Musik einschleichen. Um dem entgegenzuwirken, könne pauschal die Datenmenge verringert werden, indem die Bandbreite der übertragenen Frequenzen reduziert wird: Alle für das menschliche Ohr nicht hörbaren hoch- und niederfrequenten Töne werden dann herausgefiltert. Der Klang ist dann entsprechend dumpf.

Wird das Kompressionsverfahren auf die Spitze getrieben, bleibt am Ende eine Audiodatei übrig, die 96 Mal kleiner ist als das Original. Hörgenuss ermöglicht das allerdings nicht mehr: «Da kommt dann nur noch Genuschel heraus», sagt Stefan Geyersberger. Statt in sattem Hifi-Sound dringen die Hits dann in Telefonqualität ans Ohr.