1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Gewichtheben: Gewichtheben: Herkules bereitet sich auf Peking vor

Gewichtheben Gewichtheben: Herkules bereitet sich auf Peking vor

Von Jana Rosenbaum 21.12.2007, 16:23

Chemnitz/dpa. - Weihnachten verbringt Matthias Steiner bei seinenEltern und Verwandten in Österreich. Doch der Gewichtheber vomChemnitzer AC wird nicht lange bleiben. Bereits am zweiten Feiertagkehrt er in seinen Trainingsort Leimen zurück. Einerseits will er dieZeit nutzen, um sich intensiv auf den vorolympischen Wettbewerb MitteJanuar in Peking vorzubereiten. Dort wird er erstmals für Deutschlandstarten. Andererseits meidet er zu viel Ruhe, denn in diesenSituationen holen ihn die schmerzhaften Erinnerungen besonders starkein. Im Juli dieses Jahres traf ihn das Schicksal unerbittlich hart.Auf tragische Weise verlor der gebürtige Österreicher bei einemVerkehrsunfall seine Ehefrau Susann. Lediglich 18 Monate hatte dasPaar sein Glück genossen.

Bei einer Fernseh-Übertragung während der Europameisterschaft 2005hatte sich die junge Zwickauerin spontan für den Herkules begeistert,später per E-Mail die ersten Kontakte geknüpft. Der Österreicher fingFeuer, zog wegen der Liebe zu Susann nach Sachsen und fand inDeutschland seine neue sportliche Heimat. «Susann hat mich stetsbestens unterstützt, saß bei meinen Wettkämpfen immer im Publikum. Ummit mir zu Olympia nach China fliegen zu können, sparte sie schon.Sie war eine so tolle Frau», sagt Steiner und seufzt.

In diesen Momenten wirkt der 120-Kilo-Hüne zerbrechlich. Dieschrecklichen Geschehnisse lassen sich nicht verdrängen. Doch Schrittfür Schritt versucht er seither, mit seiner Situation fertig zuwerden. «Ohne den Sport wäre alles noch viel schwerer geworden»,erklärt der 25-Jährige, wobei ihm eine Verpflichtung zusätzlicheMotivation gibt: «Ich habe Susann fest versprochen, dass ich nichtaufgebe, sondern weiterkämpfe. Das bin ich ihr schuldig.» In seinemHerzen ist sie bei ihm. Abends in der leeren Wohnung nimmt er oft ihrBild zur Hand und spricht zu ihr. «Die Klugheit und Vernunft meinerFrau fehlen mir sehr.»

Die olympische Entscheidung im Superschwergewicht steht am 19.August 2008 auf dem Programm. Diesem Ziel ordnet Steiner nun allesunter. Seit dem 15. Dezember läuft für ihn die Vorbereitung amAuswahlstützpunkt in Leimen viel befreiter. Denn an diesem Tagerreichte ihn nach langer Leidenszeit endlich einmal positive Kunde:Ab 2. Januar ist er deutscher Staatsbürger. Die Nachricht trieb ihmTränen der Freude in die Augen. Mehrfach hatte er in derVergangenheit auf diesen Bescheid gehofft und sich intensiv auf eineWelt- oder Europameisterschaft vorbereitet. Doch stets waren dieMühen umsonst. Steiner durfte nur zuschauen.

Zudem gelang ihm beim Bundesliga-Vergleich seines Chemnitzer ACgegen die SG Fortschritt Eibau ein äußerst verheißungsvolles Comebackauf der Heber-Bühne. Im März 2007 hatte er sich zum letzten Mal denKampfrichtern gestellt. Danach zwangen ihn auch Verletzungen, vorallem Knieprobleme, zum Pausieren. Nunmehr schaffte er auf Anhieb imZweikampf 405 Kilogramm und sechs gültige Versuche. «Es hat so gutgetan, endlich wieder einen Wettkampf zu bestreiten», berichtet derAusnahmeathlet und verspricht für seine internationale Deutschland-Premiere Mitte Januar Steigerungen um 20 Kilo.

Steiner, der bei den Sommerspielen 2004 in Athen Platz siebenbelegte, ist gegenwärtig als einziger deutscher Akteur in der Lage,in Peking um Edelmetall zu kämpfen. Seine Bestleistung steht bei 432Kilogramm; der WM-Titel wurde im September für 442 Kilo vergeben.Falls seine Träume sich erfüllen, kann er sich keine bessereSchlagzeile vorstellen als «Eine Medaille für Susann».