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Gesundheit Gesundheit: Muslimische Fußballprofis und das Fasten

Von Paul Linke 12.09.2008, 15:23

Hamburg/dpa.­ - «Damit für mich keineGefahr entsteht, stimme ich die Fastenzeit mit meinem Training ab»,sagt Sedar Tasci, der aktuell einzige muslimische Spieler im DFB-Kader. Aus medizinischer Sicht ist vor allem der Verzicht aufFlüssigkeitsaufnahme vor und nach dem Spiel nicht ratsam. WilfriedKindermann, langjähriger medizinischer Betreuer des DFB, räumt zwarein, dass die Auswirkungen unterschiedlich sein können. «Trotzdemmachen mögliche Kreislaufbeschwerden, Konzentrationsschwächen undMuskelverletzungen den Ramadan für Fußballer zum Problem.»

Insgesamt zehn Erstligaspieler nehmen sich den medizinischen Ratzu Herzen und umgehen die strenge Regel. «Beginnt und beendet dasFasten, wenn ihr die Mondsichel seht», heißt es im Koran. Nicht nurTasci, der 21-Jährige Verteidiger vom VfB Stuttgart, sieht sichaufgrund der hohen körperlichen Belastung nicht in der Lage, zufasten. Auch der Schalker Halil Altintop sagt: «Bei den vielenenglischen Wochen im Herbst würde mir sonst die Puste ausgehen.»

Ähnlich sehen es auch Franck Ribéry (FC Bayern) oder BoubacarSanogo (Werder Bremen), die in den 29 Tagen der Fastenzeit das Gebotdes Korans in ihrem Sinn lockern. Eine Ausnahme im deutschenProfifußball bildet Abdelaziz Ahanfouf vom Zweitligisten SV WehenWiesbaden. «Der Ramadan ist für meinen Glauben sehr wichtig», sagtAhanfouf. «Da kann ich nicht auf andere schauen.»

Der Marokkaner mit deutschem Pass hat sich von keinem Trainer dasFasten verbieten lassen. Auf seiner sportlichen Reise durchDeutschland ­ Ahanfouf spielte bei acht deutschen Vereinen vonUnterhachingen bis Rostock ­ konnte ihm zudem kein Trainer einenLeistungsabfall während der Fastenzeit attestieren. Ganz imGegenteil: In seiner erfolgreichsten Spielzeit 2004/2005 in der 2.Liga beim MSV Duisburg gelang Ahanfouf der bislang einzige Hattrickseiner Karriere: im Fastenmonat. «Ich erinnere mich an Bemerkungenvon Fußballtrainern, die bei muslimischen Fußballspielern eineBeeinträchtigung der sportlichen Leistungsfähigkeit während desRamadan beklagten», widerspricht Kindermann.

Seit Januar spielt Ahanfouf beim Zweitligisten SV Wehen Wiesbaden.Drei Spiele noch wird er in der Fastenzeit bestreiten. «Die erstenTage sind hart, manchmal zwickt es dann mal hier oder tut da weh»,sagt der 30-Jährige. «Aber wenn man einen Rhythmus gefunden hat, gehtes.» Außerdem sei der medizinische Aspekt in diesen 29 Tagen nur eineNebensache. «Da zählt nur der Glaube und das Gebot, das Fastendurchzuziehen.» Tasci, Ribery und Co. interpretieren ihren Glaubenanders und berufen sich auf die Sonderfälle im Koran. Reisenden,kranken Menschen, schwangeren Frauen, kleinen Kindern und körperlichschwer arbeitenden Menschen erlaubt die heilige Schrift des Islam dieFastenzeit auszusetzen und später nachzuholen. Für viele muslimischeFußballer gilt daher: Harte Arbeit ist der beste Ausweg aus demZwiespalt.