Fußball Fußball: Tradition auf und neben dem Feld
UICHTERITZ/MZ. - Doch zu Beginn der Ferien mussten Dieter Kühn, Matthias Liebers, Frank Baum und Uwe Zötzsche passen.
Dafür liefen Henning Frenzel (348 Oberliga-Spiele), Wolfgang Altmann (325), Arno Zerbe (242) und Eberhard Köditz (88) auf. Letztere sind zwar nur noch den älteren Fans bekannt, dennoch begann die Traditionself wie die Feuerwehr. Sie konnte das 0:1 durch Peter Schmidt zwar nicht verhindern, aber André Kühn und Christoph Barth brachten die Messestädter nach einer Viertelstunde in Front. Ihre Angriffe verpufften danach allerdings, während für den Gastgeber noch Raik Sturm, Ronald Friedrich und Alf Reißig trafen.
Henning Frenzel machte trotz seiner 68 Jahre eine gute Figur. "Wir trainieren dienstags, vor allem aber ist uns der Zusammenhalt wichtig", sagte er. Das gehe bis hin zum Wintersport. Am Tag darauf war Frenzel mit einer DDR-Auswahl um Peter Ducke und Dixi Dörner bereits wieder aktiv. Immerhin hat es Frenzel auf 56-A-Länderspiele für die DDR und 19 Tore gebracht. Als Sternstunde bezeichnete er Olympia-Bronze 1964 in Tokio. Vier Treffer steuerte er damals bei und schoss das 1:0 gegen Jugoslawien, das das Halbfinale bescherte, in dem man gegen die Tschechoslowakei mit 1:2 unterlag. Frenzel traf dann beim abschließenden 3:1 gegen Ägypten noch einmal.
Gemeinsam bestritten Frenzel und Wolfgang Altmann 1974 das Halbfinale im Uefa-Cup. Nachdem man Turin, Wolverhampton, Düsseldorf und Ipswich Town bezwungen hatte, war gegen Tottenham Schluss. Frenzel aber betonte: "Es war überhaupt ein großer Erfolg, dass wir so weit gekommen sind." Altmann war gegen Bordeaux ebenfalls eine Europapokal-Vorschlussrunde vergönnt und mit dem 5:5 im Elfmeterschießen trug er zum Weiterkommen bei. In Athen aber signalisierte er gegen Ajax Amsterdam nach einer Bauchmuskelverletzung Probleme und ärgert sich noch heute, dass er deshalb nicht eingesetzt wurde. Den Leipziger Fußball sieht er mit lachendem und weinendem Auge. 20 Jahre hätten Lok und die Sachsen Zeit gehabt, seien aber über gute Ansätze nicht hinausgekommen. Insofern sei es gar nicht so schlecht, wenn es jetzt mit RB Leipzig ein neues Team gebe, mit dem man vielleicht wieder ordentlichen Fußball in die Region bekomme. Was die Weltmeisterschaft angeht, sprach Altmann von einem offenen Ausgang und einem 50:50 beim Spiel der Deutschen gegen England. Frenzel hoffte auf eine Steigerung Deutschlands und bessere Partien in der K.o.-Runde.
Lokale Fußball-Prominenz schaute sich das Spiel in Uichteritz am Rande an. So kamen die Ex-Spieler von Fortschritt Weißenfels, Andreas Tillmann (54) und Frank Enke (57). Ersterer hatte gehofft, vielleicht ein paar ehemalige Kollegen aus seinen Liga-Jahren in Markkleeberg zu treffen, für das er fünf Spielzeiten ans Leder getreten hatte. Der Hohenmölsener, der noch bei den Langendorfer Senioren mitmischt, ist vom bisherigen WM-Niveau enttäuscht. Gegen England traute Tillmann den Deutschen aber einen Sieg zu, während Frank Enke ihnen sogar eine Favoritenrolle neben Spanien, Brasilien und den Niederlanden einräumte, vorausgesetzt, sie würden die Briten schlagen. Zuletzt habe das junge Löw-Team unter Druck gestanden, nun aber könne es befreiter aufspielen. Enke, der ehemalige HFC-Oberliga-Akteur, hatte in Uichteritz mit dem Fußballspielen begonnen, wollte eigentlich gegen Lok dabei sein, plagt sich aber mit Achillessehnen-Beschwerden.
Eine herzliche Begrüßung gab es zwischen Enke und Wolfgang Altmann. Beide standen nämlich 1971 als Junioren in einem Uefa-Turnier, bei dem sie den dritten Platz belegten. Im Gruppenspiel gegen die BRD steuerte Enke ein Tor zum 3:1 bei. Das Halbfinale ging zwar gegen Portugal verloren, aber das Match um Platz 3 gewann die Mannschaft nach einem 1:1 gegen die Sowjetunion im Elfmeterschießen. Altmann besitzt aus jener Zeit sogar Filmaufnahmen.
Bernd Kloß, der SVU-Trainer, der beim Traditionsspiel im Tor manchen Ball hielt, war bei jenem Halbfinale 1987 selbst in Leipzig. "Gefühlte 100 000 Fans waren damals dabei und saßen sogar auf den Treppen." Offiziell sprach davon niemand, weil so viele gar nicht ins Zentralstadion durften. Frenzel übrigens habe er als Junge bewundert, räumte der 43-Jährige ein, der am Freitagabend den Deutschen bei der WM noch viel zutraute.
Der Uichteritzer Torschütze Alf Reißig (37), der mit dem SVU im nächsten Jahr möglichst den Aufstieg in die Kreisoberliga schaffen will, sagte zum Match: "Das Ergebnis hätte noch höher ausfallen können, denn wir hatten die etwas jüngeren Spieler." Für ihn wäre es aber ein noch größerer Höhepunkt gewesen, wenn Liebers, Baum und Zötzsche gekommen wären. Doch das ließ sich laut Manager Raik Rockstroh nicht beeinflussen. Man habe im Ort etwas geboten und für das Spiel sogar eine vierstellige Summe investiert, wie er bekannte.