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Frankfurt am Main Frankfurt am Main: Mit Linie 16 auf Kneipentour

Von Kerstin Kloss 22.03.2004, 19:09
Traditioneller Tagesausklang: Wie hier bei Willi Münch im „Kanonensteppel“ wird in den Frankfurter Kneipen meistens „Äppelwoi“ serviert. (Foto: dpa)
Traditioneller Tagesausklang: Wie hier bei Willi Münch im „Kanonensteppel“ wird in den Frankfurter Kneipen meistens „Äppelwoi“ serviert. (Foto: dpa) Daniel Karmann/dpa

Frankfurt/Main/dpa. - Es geht aber auch anders: Mit der Straßenbahnlinie 16 lässt sich gut das Frankfurter Nachtleben abseits der ausgetretenen Pfade kennen lernen. In Richtung Offenbach fährt auch die Linie 16 nach Sachsenhausen. Abfahrt am Hauptbahnhof ist alle zehn Minuten, ab 21.30 Uhr alle 20 Minuten. Wer in der Gaststube nicht mit schunkelnden Touristen zusammensitzen will, steigt allerdings nicht in der Schweizer Straße aus, sondern an der Haltestelle Brücken-/Textorstraße. Denn die Textorstraße bietet Tür an Tür mit bodenständigen «Äppelwoi»-Lokalen auch zahlreiche trendige Clubs und gestylte Café-Bar-Restaurants.

Da ist zum Beispiel das «Textor» in Haus Nummer 38. Auf der Karte stehen rund 20 Cocktails - sonntags bis donnerstags kosten ab 23.00 Uhr alle 4,90 Euro. Nicht weit entfernt ist die «Venus« (Textorstraße 34), wo frische Forelle, Zander und Seehechtfilet serviert werden. Die Preise für Cocktails und Longdrinks sinken hier zweimal am Tag zur «Happy Hour»: von 17.00 bis 19.00 Uhr und von 22.30 bis 0.30 Uhr.

Ein jüngeres Publikum geht in den «Clubkeller» (Textorstraße 26, drei Euro Eintritt). Aus plüschig-roten Kinosesseln heraus lässt sich zum Beispiel beobachten, welcher Modestil in der Frankfurter Szene gerade gefragt ist. Fast täglich gibt es hier Livemusik.

Wem die Garage- und Indie-Klänge zu schräg sind, probiert vielleicht doch lieber ein Apfelweinlokal aus, etwa «Zur Germania» in der Textorstraße 16 oder den «Kanonensteppel» in Haus Nummer 20, wo schon seit 90 Jahren «Äppelwoi» ausgeschenkt wird. In der Schankstube serviert Willi Münch das trübe «Stöffchen». Dazu passen «Leiterchen» (Schälrippchen) und «Schäufelchen» (Schweineschulter) mit Sauerkraut oder Handkäs' «mit Musik», einer deftigen Essig-Öl-Soße mit Zwiebeln. Nicht auf den Tisch kommen dagegen Frankfurter Würstchen. «Das ist keine einheimische Spezialität», klärt der Wirt seine Gäste auf.

Bequemer als die Holzbänke in den Apfelweinkneipen sind die Lederhocker im «Saint Clichy» in der Darmstädter Landstraße 7-9. Beim Anblick von Lichtprojektionen an der Wand regt ein aus drei Rumsorten gemixter «Schwermatrose» die Fantasie zusätzlich an. Freitags und samstags, wenn ab 22.00 Uhr die DJs meist House-Musik auflegen, drängen junge Leute in die Bar. Von der Textorstraße fährt die letzte Straßenbahn der Linie 16 täglich um 1.29 Uhr zurück zum Hauptbahnhof.

Wer am Hauptbahnhof in einen Wagen der Linie 16 in Richtung Ginnheim einsteigt, erreicht nach neun Minuten das Studentenviertel Bockenheim. Bei einer Kneipentour kommen hier alle auf ihre Kosten, die eine heimelige Atmosphäre und solides Essen suchen.

An der Haltestelle Adalbert-/Schloßstraße führt ein Durchgang zur Jordanstraße, wo sich in Nummer 13 die «Volkswirtschaft» befindet. Hier gibt es mehr alkoholfreie Getränke als Hochprozentiges, darunter zehn Teesorten. An zünftigen Holztischen schmeckt es Studenten ebenso wie Messegästen. Die einen kommen wegen der Bilderausstellungen junger Künstler, die anderen verfolgen Fußballspiele im Fernsehen.

Ein paar Häuser weiter im «Pielok» kocht Hans-Jürgen Gehring täglich außer sonntags Hausmannskost, Linsencurry und Wok-Gerichte. Er bewirtschaftet den Familienbetrieb in der dritten Generation. Die altertümliche Einrichtung und die großen Portionen dürften bei seiner Oma in den vierziger Jahren kaum anders gewesen sein.

Mit dezent beleuchteten Räumen bietet auch das «Albatros» in der Kiesstraße 27 eine zeitlose Wohnzimmer-Atmosphäre. Südeuropäische Musik und Metallechsen an der Wand verstärken die Wirkung des Getreidekaffees oder Tausendblütentees. Serviert werden Gerichte wie Alu Gobi, Rucola-Gnocchi Arrabiata und Koriandergemüse mit Couscous.

Ein Verdauungsspaziergang führt auf die Bockenheimer Einkaufsmeile Leipziger Straße. Im Hinterhof von Nummer 69h liegt die Kellerkneipe «Celsius». Die Bar erinnert an das Innere einer U-Bahn. Die Gäste nippen an mexikanischem Kaffee mit Zimt und Zartbitterschokolade oder am russischen Kaffee mit Rotwein und Wodka. Für einen Absacker geht es schließlich an Fotos von Karl Marx und Rosa Luxemburg vorbei eine steile Treppe hinunter ins «Exil» im Haus Nummer 85, wo Che Guevara von der Wand blickt. Der geräumige Keller hat außer montags immer bis 3.00 Uhr morgens geöffnet und erinnert an Studentenpartys.

Kneipengänger, die sich nicht die ganze Nacht um die Ohren schlagen möchten, nimmt der letzte Wagen der Linie 16 um 1.31 Uhr an der Haltestelle Juliusstraße wieder mit zurück Richtung Hauptbahnhof.

Informationen: Am günstigsten erkunden Besucher die Kneipenwelt Frankfurts mit einer Gruppentageskarte für 7,70 Euro. Für allein Reisende lohnt sich eine Tageskarte zu 4,60 Euro ab drei Fahrten.