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Fernsehakademie Mitteldeuschland Fernsehakademie Mitteldeuschland: Wo die Bilder laufen lernen

Von Theo M. Lies 13.06.2003, 07:39

Halle/ssh. - Angespannt sitzt Andreas Konstantinos vor seinem quadratischen Zeichenbrett, aus dessen Zentrum ihm ein medizinballgroßer Lichtfleck entgegen leuchtet. Hier kann der 20-jährige Grieche die Figuren besser kontrollieren, deren Bewegungsabfolge er gerade mühsam auf einzelne Pergamentpapiere zeichnet. Eigentlich hat der sportlich wirkende Südländer bislang hinter der TV-Kamera gestanden, bevor er wie neun andere junge Leute aus sechs europäischen Ländern nach Halle kam. Das MEDIA-Plus-Programm der Europäischen Union machte das möglich. Bereits das zweite Mal richtet die Fernsehakademie Mitteldeutschland (FAM) eine halbjährliche European Animation Masterclass aus. „Das passt wunderbar in unsere Einrichtung“, versichert Direktorin Katerina Hagen und verweist auf die Kernkompetenz der FAM, die in Leipzig und Halle mit Instituten präsent ist. Ausgestattet mit moderner digitaler Computerschnitt-Technik, ergänzt die Fernsehakademie in Halle besonders die Lehre zum Film- und Videoeditor.

Seit März arbeitet Andreas Konstantinos nun schon fieberhaft an seiner Idee, die bis Ende Juli Gestalt angenommen haben muss. Ein Kurzfilm von einer Minute muss zum Abschluss der Masterclass vorgelegt werden. Dabei steht am Anfang natürlich eine Geschichte, die skizziert über den Arbeitsflächen in den modernen Räumen der Fernsehakademie hängt. Storyboard nennt man dieses grobe Drehbuch, aus dem nun, Zeichnung für Zeichnung, der Film entsteht.

Alles, was Andreas bislang über Zeichentrick wusste, erschöpfte sich in der Anzahl der Bilder, die für die Miniproduktion schließlich von ihm gezeichnet werden müssen: zwölf Bilder pro Sekunde, ergeben 720 pro Minute. Da hat man zu tun, lacht der Grieche, für Kneipe und Party bleibe da wenig Zeit.

Nach dem halben Jahr wissen er und seine Seminarfreude mehr über das Genre. Dafür sorgen auch drei international renommierte Meister ihres Faches: der Deutsche Raimund Krumme, der Tscheche Petr Fasianok und der Amerikaner Dan Boulos. Boulos hat beispielsweise bei Walt Disney seine Sporen verdient, und dort u.a. am „Prinz von Ägypten“ gearbeitet. Jetzt lebt er auf Hawaii und betreibt dort ein eigenes Cartoon-Studio. Kennen gelernt haben sich die FAM-Manager und der gefragte Zeichner und Lehrer in München auf einem Festival. Seitdem macht er sich gern von seiner Südsee-Heimat auf zu einer 24-stündigen Reise in die Saalestadt.

Bereits das dritte Mal begleitet er hier einen Animationskurs. Mittlerweile kennt er die Stadt und deren künstlerisches Potenzial beispielsweise an der Hochschule für Design und Grafik Burg Giebichenstein recht gut und schätzt die hiesigen Talente hoch ein. In seinem Meisterkurs an der FAM werden sehr praxisnah Erfahrungen weitergegeben, die eine Filmproduktion von der Idee über die Finanzierung bis hin zur Fertigstellung für die Aufführung umfasst.

Von diesem von der EU und der Mitteldeutschen Medienförderung unterstützten Projekt erhofft man sich noch einen wichtigen Nebeneffekt. „Um der übermächtigen amerikanischen Animationsindustrie eigene europäische Produkte entgegensetzen zu können, muss man sich auf dem Alten Kontinent vernetzten, müssen Produktionsstudios zusammenarbeiten“, ist sich FAM-Chefin Katerina Hagen sicher. „Da ist es natürlich von Vorteil, wenn man sich schon kennt.“

Hier in Halle probiert sich der Nachwuchs noch aus, früher oder später werden aber doch einige der Talente ihren Platz in den professionellen Studios Europas finden. Deshalb laufen gegenwärtig bereits die Vorbereitungen für den nächsten Kurs, der schon im September die nächsten Zeichenhoffnungen an die Saale bringen wird.

Andreas Konstantinos hat jedenfalls Animationsblut geleckt und will beispielsweise ein Kunststudium anschließen, vielleicht in Griechenland oder Spanien. Oder auch in Halle. Doch das ist Zukunftsmusik, erst einmal muss er seinen kleinen European-Masterclass-Film fertig stellen, die Zeit drängt, denn von 720 Bildern ist nicht einmal die Hälfte fertig.