1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Ferienstraße: Ferienstraße: Porzellan und Sachsenkeule

Ferienstraße Ferienstraße: Porzellan und Sachsenkeule

Von Klaus Thiele 29.05.2008, 20:05

Halle/MZ. - Ulrike Schröter, Pressesprecherin des Staatsweingutes Schloss Wackerbarth, nimmt als Antwort eine absolut nicht unelegante Flasche in die Hand. Die Flaschenform Sachsenkeule ist ein Markenzeichen des sächsischen Weinbaugebietes. Mit Sachsens Sonnenkönig hat sie schon zu tun. Denn August der Starke feierte auf Schloss Wackerbarth rauschende Feste. Heute wird dort ein Sekt namens "August der Starke" produziert und natürlich in die Sachsenkeule abgefüllt.

Das Schloss, größtes Weingut Sachsens und zweitälteste Sektkellerei Deutschlands, ließ Reichsgraf August Christoph von Wackerbarth, ein Vertrauter August des Starken, um 1730 erbauen. Seit dem Jahr 2000 wurde die barocke Schloss- und Gartenanlage mit dem Lusthäuschen Belvedere saniert und mit neuer Produktionsanlage in ein Erlebnisweingut einbezogen. Als Volksweingut Radebeul war Wackerbarth zu DDR-Zeiten Lieferant für allerhöchste staatliche Anlässe. Für den Normalbürger blieben die Weine und Sekte aus den Rade-beuler Weinbergen Mangelware.

Knapp sind sächsische Weine freilich auch heute noch. Denn nur 0,3 Prozent der deutschen Rebsäfte stammen aus dem Sächsischen Elbland, einem der kleinsten Weinbaugebiete mit einer Rebfläche von 470 Hektar. Davon sind 55 Prozent Hang- und Steillagen. 5 000 Hektar Anbaufläche sind es in den besten Zeiten einmal gewesen. Friedrich Schiller schwärmte noch: "Alles hier herum wimmelt von Weinbergen, Landhäusern und Gütern".

Doch es gab auch Rückschläge in Sachsens Weinbaugeschichte. 1912 waren nur noch 150 Hektar mit Reben bepflanzt. Reblaus- und Mehltauplage sowie veränderte Trinkgewohnheiten ließen die Flächen schrumpfen. Und auch die Tatsache, dass sich die Weinterrassen entlang der Elbe wunderbar als Bauplätze für die Villen betuchter Dresdner eigneten. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren sogar nur noch 60 Hektar übrig geblieben.

Wer heute der 55 Kilometer langen Sächsischen Weinstraße oder dem Sächsischen Weinwanderweg von Pirna, dem Tor zur Sächsischen Schweiz, über Dresden und Meißen bis zu den Elbweindörfern um Diesbar-Seußlitz folgt, entdeckt wieder neue Weinberge. Einer davon liegt an besonders markanter Stelle unter dem Lingener Schloss, einem der Dresdner Elbschlösser. Beim direkt ans Elbufer gebauten Lustschloss Pillnitz laden sogar ein Königlicher Weinberg und eine Weinbergkirche zum Spaziergang.

Der Schwerpunkt des sächsischen Weinbaues aber liegt in Richtung Meißen, an den rechten Elbhängen bei Radebeul und weiter flussabwärts. Sehr zu empfehlen ist deshalb eine Fahrt mit der ältesten und größten Raddampferflotte der Welt von Sachsens prächtiger Hauptstadt Dresden über Radebeul nach Meißen. Vor allem Weißweine reifen auf den Rebterrassen. Müller-Thurgau wird am meisten angebaut, gefolgt von Riesling und Weißburgunder. Eine Rarität ist der nur im Elbtal zugelassene Goldriesling, eine Kreuzung aus Riesling und der französischen Courtellier-Traube.

1 600 Mitglieder zählt die Sächsische Winzergenossenschaft Meißen. Die meisten Weinbauern besitzen relativ kleine Flächen. Für viele ist der Weinbau nur Nebenerwerb oder Hobby. Eine große Ausnahme ist neben Schloss Wackerbarth das Weingut Schloss Proschwitz des Prinzen zur Lippe, das älteste und größte Privatweingut im Osten Deutschlands. Von den Proschwitzer Weinbergen schaut man hinüber auf die Wiege Sachsens, die Stadt Meißen. Sie wird überragt vom Burgberg mit dem schlanken Dom und der Albrechtsburg, dem ersten deutschen Schlossbau überhaupt. Der Meißner Bischof Benno ließ bereits um 1100 erste Weinreben pflanzen.

Aber berühmt wurde Meißen durch ein anderes Produkt, als die Residenz der Wettiner unter August dem Starken 1710 zur Fabrik wurde, der ersten Porzellanmanufaktur Europas. Sie blieb dort 153 Jahre, zog dann in eigene Fabrikationsgebäude. Später ließ der Sachsen-Herrscher die Porzellan-Produktion in die Albrechtsburg verlegen. Heute ist die Manufaktur mit Museum und Schauhalle ein Touristenmagnet. In den Schauwerkstätten kann man der Arbeit von Drehern, Formern, Bossierern, Unterglasur- und Aufglasurmalern zusehen. Führungen finden in insgesamt 14 Sprachen statt.

Wer übrigens sächsischen Wein unbedingt aus einem Prunkkelch von der Tafel August des Starken genießen möchte, der kann in der Schauwerkstatt der weniger bekannten Meißener Bleikristall zusehen, wie Glasgraveure perfekte Kopien herstellen.