Europas erstes «Behinderten-Hotel» hat 15. Geburtstag
Hamburg/dpa. - Der Staubsauger ist rosa, heißt Henriette und hat ein lachendes Gesicht. Timo Schulze trägt das Gerät eifrig über den Innenhof des integrativen Stadthaushotels in Hamburg-Altona.
Der 27-Jährige hat das Down-Syndrom. Die behinderten Mitarbeiter des Hotels mögen solche bunten und «lebhaften» Gegenstände, erklärt Axel Graßmann. Das Drei-Sterne-Haus beschäftigt Menschen mit «Handicap» und bietet zudem behinderten-gerechte Zimmer an. Neun der insgesamt dreizehn Mitarbeiter sind körperlich oder geistig beeintächtigt, haben eine psychische Störung oder sind ehemalige Drogenabhängige.
Das europaweit erste Hotel dieser Art hat feiert am 26. September seinen 15. Geburtstag. Laut Graßmann gibt es bundesweit inzwischen schon 30 vergleichbare Hotels. «Es ist eine Erfolgsgeschichte» sagt Kai Wiese, Vorsitzender des Trägervereins Jugend hilft Jugend. Das nächste Projekt des Vereins ist schon in Planung: Ende 2010 soll in der Hafencity ein 11,5 Millionen teures «barrierefreies» Hotel mit 80 Zimmern, einem Restaurant und Tagungsräumen eröffnen. «Das wird das größte integrative Hotel Europas», sagt Wiese. 40 weitere Behinderte sollen dort einen Arbeitsplatz finden.
Die Idee dafür hatten 1987 die Eltern acht behinderter Kinder. Das Hotel entstand sechs Jahre später integriert in ein Wohnhaus, über den Räumen fand eine betreute Wohngruppe für die Mitarbeiter Platz. Der Verein Jugend hilft Jugend übernahm den Betrieb 2000 und vergrößerte ihn, auch ein integratives Café entstand. Das kleine Hotel mit 13 Gästezimmern arbeite inzwischen kostendeckend, erklärte Wiese. Alle Mitarbeiter haben unbefristete Arbeitsverträge und werden nach Tarif bezahlt, sie zahlen somit auch Steuern.
Timo Schulze mangelt Tischdecken. Der 27-Jährige arbeitet konzentriert. Einige Tischdecken haben trotzdem noch eine Falte, «aber da hat sich noch keiner drüber beschwert», sagt Graßmann fröhlich. «Wir schulen unsere Mitarbeiter, und studieren klare Arbeitsabläufe mit ihnen ein», erzählt der Geschäftsführer. «Die Abläufe werden auch genau auf ihre Fähigkeiten und Bedürfnisse abgestimmt.» Beispielsweise gebe es nur weiße Wäsche, weil sie nicht nach Farben trennen könnten. «Hier steht der Mitarbeiter im Mittelpunkt», erklärt Wiese.
Gleichzeitig betont er, dass das Hotel ein 'ganz normales' Unternehmen sei: «Wir stellen die Menschen nicht wegen ihrer Behinderung, sondern wegen ihrer Leistung ein.» «Wenn sie nicht mitarbeiten, geht das Hotel pleite, das wissen die Leute auch», fügt er hinzu. Die Behinderten werden neben der Arbeit in der Wäscherei für die Zimmerreinigung auch für Frühstücks- und Zimmerservice eingesetzt. Sie gehören zum 'Gesicht' des Hotels, also fest dazu.
Clemens Paschen hat eine geistige Behinderung und ist im Hotel für den Zimmer-Service zuständig. Ich habe heute meinen freien Tag», erzählt er. Er komme gerade vom «Shoppen» zurück. Paschen lebt zusammen mit den drei anderen Hotelangestellten und vier weiteren Behinderten in einer Wohngemeinschaft über den Räumen des Hotels. «Der Umgang der Bewohner miteinander ist vorbildlich» sagt Wiese. Clemens Paschen hat heute beim «Shoppen» ein spanisches Bilder- Wörterbuch gekauft: «Das ist für die Reise nach Spanien, da fahren wir mit der Wohngruppe hin».
Stadthaushotel in Hamburg: www.stadthaushotel.de