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Erbsache Erbsache: Sohn boxt sich im Boot durch

Von Petra Szag 01.11.2004, 20:55

Halle/MZ. - Amateurboxen und der Name Mehnert gehören in Halle zusammen wie ein linker und ein rechter Fausthandschuh. Doch nun will sich einer aus der schlagstarken Familie in einem gänzlich anderen Metier durchboxen: als Slalomkanute. "Es war wohl an der Zeit, mit der Tradition zu brechen," sagt Markus Mehnert spitzbübisch lächelnd. Für seinen Vater Andreas ist das kein Problem. Schließlich

hat der in den 80er Jahren erfolgreiche Kämpfer ziemlich schnell erkannt, dass aus seinem Sohn kein großer Boxer wird. Wohl auch, "weil der Junge ganz einfach zu lieb ist." Wichtig sei ihm immer nur gewesen, dass er überhaupt etwas mache, denn "Sport formt den Menschen", weiß Andreas Mehnert aus eigener Erfahrung. Er hatte sich ganz schön strecken müssen, um an die Sportschule zu dürfen.

"Keine Vier in den Kopfnoten, das war Bedingung", erinnert sich Mehnert, in seiner Jugend ein echter Wildfang, an die Schwere der Aufgabe. Doch der Wunsch, im Club zu boxen, war zu groß. Am Ende machte er seinen Abschluss an der Spezialschule mit 1,7 und durfte sich seine Lehrstelle aussuchen.

"Mein Weg war damit programmiert". Und auch sonst habe er eine Menge für sich mitgenommen. "Ich bin selbstbewusst und kann auf die Leute zugehen, wovon ich heute beispielsweise auch beruflich profitiere. Doch was das allerwichtigste ist: Ich habe gelernt, Niederlagen wegzustecken." Kopf hoch, selbst wenn du bis zum Hals im Dreck steckst - das ist sein Leitsatz.

Auch dem aufstrebenden Kanuten ist die Erfahrung zu verlieren, nicht erspart geblieben. Viele Erlebnisse habe er seinem Sport zu verdanken, darunter auch weniger schöne. Anfangs stand einzig der Spaß im Vordergrund. "Der Kampf gegen das Wasser ist unglaublich hart. Das hat mich gleich fasziniert", erzählt Markus, warum er als Zehnjähriger die Handschuhe ausgezogen und ins Boot eingestiegen ist. Bei einem Schulsportfest hatte er zufällig sein Faible für den Wassersport entdeckt. Das familiäre Klima in seinem Verein Böllberger SV gefiel ihm auf Anhieb. "Und mit den Erfolgen stellt man sich natürlich dann auch Ziele, die immer größer werden", erklärt der 16-Jährige, warum er nun nicht mehr von seinem Hobby lassen will.

Zielstrebigkeit ist eine Charaktereigenschaft, die den jungen Canadierfahrer heute bereits auszeichnet. Für seinen Sport war Markus sogar bereit, sich beruflich neu zu orientieren. Die Lehre zum Hörgeräte-Akustiker gab er nach nur wenigen Wochen wieder auf, nachdem ihm sein Arbeitgeber mit der Forderung Leistungssport oder Berufsausbildung die Pistole auf die Brust gesetzt hatte.

Vater Andreas hat die Entscheidung seines Sohnes akzeptiert und ihm bei der Suche nach einer neuen Lehrstelle geholfen. Die Energieversorgung bietet dem talentierten Sportler eine neue Chance und bildet ihn zum IT-Systemelektroniker aus. "Die Arbeit macht Spaß und ich kann sie gut mit meinem Training koordinieren", ist Markus über die Lösung glücklich.

Das Glück seines Filius steht für Andreas Mehnert an erster Stelle. "Ich bin froh, dass der Junge alles so gut im Griff hat und er sich beruflich und sportlich so engagiert. Das macht mich stolz", sagt der Ex-Boxer. Und spricht da nicht nur für sich. Denn die ganze Familie steht hinter dem Kanuten. Das wird auch dann so sein, wenn er nicht auf einer Erfolgswelle paddelt.