Eisschnelllauf-WM Eisschnelllauf-WM: Debatte um Cheftrainer Helmut Kraus trübt die Stimmung

Inzell/dpa. - Der seit Monaten schwelende Konflikt droht nun in einerZerreißprobe zu gipfeln: So sprach die viermalige Olympiasiegerin am Tag der WM-Eröffnung erneut von einer Ablösung von Kraus und stellte zugleich ihre sportliche Zukunft in Frage, wenn die Verbands-Führung den Umgang mit den Top-Athleten nicht verbessere. «Von mir aus können wir Herrn Kraus auch ablösen. Der Verband muss sich bewegen», forderte die 33-jährige Berlinerin in «Sport Bild».
Zuvor hatten auch andere Athleten aus dem Osten des Landes die Kompetenz von Helmut Kraus in Frage gestellt. «Es geht ziemlich chaotisch zu, es gibt Stunk an allen Ecken und Enden», brachte es der Erfurter Robert Lehmann auf den Punkt, der als deutscher Vizemeister von Kraus von einer Teilnahme an den Europameisterschaften ausgebootet worden war. Nicht ein Gespräch habe es dazu mit dem Chefcoach gegeben. «Aber er ist nicht allein an dem Chaos schuld, es ist die fehlende Kompetenz der ganzen Chefetage», zog Lehmann auchDESG-Präsident Gerd Zimmermann und Sportdirektor Günter Schumacher inseine Kritik mit ein. Die neumalige Weltmeisterin Monique Garbrecht-Enfeldt aus Berlin erklärte indes, dass Kraus auch in derMaterialfrage versagt hätte. So seien alle ihre Einwände zu dem neuenLaufanzug bei ihm auf taube Ohren gestoßen.
Claudia Pechstein, die nach eigener Aussage «ewig» kein Gesprächmit Kraus geführt hat, von ihm weder zum 33. Geburtstag angerufennoch zum Gesundheitszustand nach ihrem Infekt befragt worden war,hatte von der Ausbootung aus dem WM-Team für dieMannschaftsverfolgung nur aus den Medien erfahren. Sie wird sich nunin Inzell auf ihre beiden Spezialstrecken über 3000 und 5000 mkonzentrieren.
Nachdem von Verbandsseite offensichtlich niemand bereit ist, überdie seit Wochen angesprochenen Missstände zu diskutieren, schlägt sieder DESG-Führung nun ihrerseits vor, sich zusammenzusetzen, um denFall endlich vom Tisch zu bekommen. Angesichts der Eskalation derSpannungen hält sie aber sogar ein Ende der Laufbahn nach Turin 2006für denkbar. «Ich möchte auch nach Olympia weiterlaufen, aber sichernicht auf diese Art und Weise. Fährt der Verband so fort wie bisher,dann überlege ich, ob ich mir das weiter antun muss», sagte sie.
Zur Frage, ob es sich bei dem gegenwärtigen Streit um einenerneuten Ost-West-Konflikt handele, antwortete Pechstein ausweichend.«Ich bin mir nicht so sicher, ob es um Osten oder Westen geht.Natürlich ist es so, dass die meisten erfolgreichen Athleten aus demOsten sind, aber die komplette Verbandsspitze stammt aus dem Westen.So muss man ja das Gefühl haben, dass man da regiert wird», erklärtesie in einem Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung»(Mittwoch-Ausgabe).
Als Alternative zum Karriereende träumt sie von einem eigenenTeam. «Wenn das bei der DESG nicht anders läuft, würde ich es gernmal mit einem eigenen Team versuchen, völlig losgelöst vom Verband,so wie es das in Holland gibt. Das ist mein Traum, denen im Verbandmal zu sagen: So, wir machen es Euch vor.»