DGB Rechtsschutz GmbH DGB Rechtsschutz GmbH: Langes Warten wird belohnt
Dessau/MZ. - Polstermöbel aus Annaburg hatten einen guten Ruf. Viele Jahre lang. Und als der ehemals volkseigene, mittelständische Betrieb nach der Wende privatisiert werden sollte, drängelten sich die Bewerber bei der Treuhandanstalt. Doch die richtige Wahl traf niemand. Drei Privatisierungen wurden versucht - allesamt ohne Erfolg. Leidtragende waren die Mitarbeiter: Am Ende stand im Februar 1996 die Pleite. Ein Insolvenzverfahren wurde eingeleitet.
Fünfeineinhalb Jahre sind seither vergangen - eine lange Zeit. Das weiß auch Christine Schulze, Teamleiterin von der Rechtsschutz GmbH des Deutschen Gewerkschaftsbundes. "Doch manche Dinge dauern eben." Schulzes Mitarbeiter waren es, die 1996 die Ansprüche ihrer 19 Klienten geltend machten. Als der eingesetzte Verwalter fünf Jahre später die Schecks verschickte, erreichte die gute Nachricht nur wenige Betroffene. Schulze stand vor einem Dilemma: Nur noch sechs Mitarbeiter der Annaburger Polstermöbel sind heute Mitglied der Gewerkschaft. Viele sind ausgetreten, andere umgezogen. "Von manchen haben wir nicht einmal mehr eine Adresse", bestätigt Schulze. Das Geld - zwischen 300 und 800 Mark sollten die ehemaligen Kollegen erhalten - ging größtenteils wieder zurück an den Verwalter. "Wir können nicht für Nicht-Mitglieder tätig werden."
"Viele haben einfach nicht die nötige Geduld und glauben nicht daran, überhaupt Geld zu bekommen", erklärt Christine Schulze. Nicht ohne Grund: Zu oft gingen in den vergangenen Jahren Firmen in den Konkurs, ohne dass die Mitarbeiter auch nur einen Pfennig bekamen. "Doch das ändert sich langsam", beschreibt Schulze ihre Beobachtungen. "Die Firmen, die was ausschütten können, werden mehr." Selbst in der Region gebe es Beispiele, das ein Insolvenzverfahren nicht automatisch das Aus bedeute, dass es manchmal auch die Chance zum Neuanfang biete.
Insolvenzverfahren sind aber nur ein Teil, der die tägliche Arbeit von Teamleiterin Schulze und ihren Mitarbeitern ausmacht. Die DGB Rechtsschutz GmbH gibt es bundesweit und in Dessau seit zehn Jahren: Im Haus in der Grenzstraße 5 kümmern sich vier Rechtssekretäre und vier Verwaltungskräfte um die Interessen der Gewerkschafter. 1 600 Fälle etwa sind Jahr für Jahr zu bearbeiten - im Arbeitsrecht wie im Sozialrecht. "Es sind weniger Fälle geworden", sagt Schulze. Doch das hat vor allem einen Grund: In der Region Anhalt existieren kaum noch große Betriebe. "Es gibt immer weniger Massenentlassungen."
Dafür haben sich die Schwerpunkte verschoben: 2001 wird viel weniger gegen Kündigungen geklagt, viel mehr geht es um Löhne, die zu wenig oder zu spät gezahlt wurden, um Aufhebungsverträge, um Rentenansprüche und Berufsunfähigkeiten. "Im vergangenen Jahr wurden deutschlandweit 1,7 Milliarden Mark für Gewerkschaftsmitglieder erstritten", sagt Schulze. Und trotzdem wissen viele Gewerkschafter nicht, was die Mitarbeiter der Rechtsschutz GmbH alles tun können. Täglich, aber nach Voranmeldung bieten die Juristen Beratungen an. "Erster Anlaufpunkt für die Gewerkschafter ist die eigene Gewerkschaft", erklärt Schulze den Verfahrensweg. "Dann wird entschieden, ob der Rechtsschutz greift oder nicht."
Denn nicht immer können Schulze und Kollegen etwas tun. "Wir hatten zuletzt häufiger den Fall, dass Arbeitnehmer erst irgendetwas unterschrieben haben und dann dagegen vorgehen wollen. Doch da ist es meistens zu spät." Schulze rät deshalb, stets etwas Bedenkzeit zu nutzen. "Die hat jeder, und die schützt vor übereilten Entscheidungen." Und manchmal braucht es einfach nur Geduld - wie im Fall der Annaburger Polstermöbel GmbH. Einige Mitarbeiter können sich dort jetzt über einen Beitrag für die Urlaubskasse freuen. Unverhofft kommt oft.