Brasilien Brasilien: Verband startet zweifelhaftes Projekt
Rio de Janeiro/Stuttgart/dpa. - Mit einer U 13- und einer U-15-Auswahl hat derbrasilianische Fußball-Verband (CBF) ein zweifelhaftes Projektgestartet: Die Talente aus dem Land des fünfmaligen Weltmeisterswerden beim Mittelmeercup vom 4. bis 8. April in Barcelona deneuropäischen Spielervermittlern vorgeführt. Unter den Schülern, dieeinem Monat lang allenfalls etwas Geographie lernen, ist auch Mateusde Andrade Gama de Oliveira - der Sohn Bebetos.
Mateus war schon zwei Tage nach seiner Geburt zu Ruhm gekommen:Als Brasiliens Stürmerstar Bebeto am 9. Juli 1994 bei der WM in denUSA das 2:0 gegen die Niederlande erzielte, da «schaukelte» derüberglückliche Vater beim Torjubel symbolisch sein Baby. Derinzwischen 12 Jahre alte Sohn kann sich an dem Video nicht sattsehen: «Diese Homage macht mich bis heute stolz.» Und Bebeto selbstsagt: «Ich hatte Zico als Vorbild, und Mateus hat heute sein Vorbildim eigenen Haus.»
Für Mateus ist es - ebenso wie für seine Mitspieler aus denJugend-Nationalmannschaften - «eine Freude, schon so jung mein Landzu vertreten». In der Vergangenheit wehrte sich der brasilianischeFußball-Verband offiziell gegen den Ausverkauf seiner Talente. Nun,so kritisierte die Zeitung «Folha de Sao Paulo», werden die Kicker«von der Schulbank weg ins Schaufenster gestellt - vor den Augen vonausländischen Unternehmern, die gierig darauf sind, brasilianischeAuswahlspieler zum Nulltarif zu bekommen».
Das brasilianische Gesetz verbietet es, mit unter 14-JährigenVerträge abzuschließen. Deshalb fürchten die Vereine wie Corinthiansoder Flamengo, dass ihnen die Talente ohne eine Aufwandsentschädigungabhanden kommen. Jorge Silveiro, Trainer der U 13, will seinenSchützlingen den Kontakt zu Spielervermittlern verbieten: «So langewir für die verantwortlich sind, versuchen wir das zu unterbinden.»
Stürmer Augusto (12) sagte der Zeitung: «Es gab bisher keineinteressierten Spielervermittler, aber ich hoffe, dass es sie baldgeben wird.» Mittelfeldspieler Roberto Rivelino, genannt nach dem WM-Star von 1970, hat immer davon geträumt, wie Ronaldinho oder Ronaldoin Europa zu spielen, «eines Tages für Real Madrid oder Barcelonaaufzulaufen.» Fast einen Monat wird der kleine Rivelino in der Schulefehlen. Das stand in einem Brief vom CBF, den er dort abgeben musste.«Die Rektoren haben sich gefreut über meine Berufung», berichtete er.
Maria Irene Maluf, Präsidentin der Vereinigung brasilianischerPädagogen, hat dem Verband empfohlen, wenigstens einen Psychologenund mindestens zwei Elternvertreter mitzunehmen. AuswahlcoachSilveiro sieht dafür keine Notwendigkeit: «Wir passen auf sie alleauf. Wenn die Jungs in die Auswahl kommen, pflegen sie sehr ruhig zusein. Es ist leicht, auf sie aufzupassen.»