Biathlon Biathlon: Glagows Chancen steigen - Liv Grete Poiree erwägt Weltcuppause
Oberhof/dpa. - Martina Glagows Chancen auf den erneuten Gewinn des Biathlon-Gesamtweltcups steigen, seit Liv Grete Poiree darüber nachdenkt, die beiden kommenden Weltcup-Stationen in den USA auszulassen. «Ich habe mich aber noch nicht hundertprozentig entschieden», erklärte die Norwegerin, die nach 18 von 27 Rennen mit 72 Punkten Vorsprung vor Glagow das Klassement anführt. Liv Grete Poiree möchte nicht so lange von ihrem ein Jahr alten Töchterchen Emma getrennt sein und zieht deshalb wahrscheinlich einen Start beim Skilanglauf-Weltcup in Lahti vor. «Es gibt nichts Schöneres, als sie in den Arm zu nehmen, wenn ich vom Training oder Wettkampf ins Hotel komme», schwärmte die Norwegerin von ihrem Nachwuchs.
Im Einzelrennen am Dienstag lief es bei der «Siegmaschine» - so die Einschätzung von Ehemann Raphael Poiree - erstmals nach zwei Erfolgen hintereinander in Oberhof nicht rund. Mit vier Schießfehlern beim ersten Stehendanschlag fiel sie zwischenzeitlich aussichtslos auf den 71. Platz zurück. Doch die 29-Jährige schonte sich nicht, sondern kämpfte sich noch auf Rang acht nach vorn. Anschließend hielt sie fast eine Stunde Hof im Interview-Raum des WM-Pressezentrums und verbreitete mit ihrem ansteckenden Lachen Fröhlichkeit.
«Ich wollte mich nach dem Aussetzer doch wieder für die Staffel am Donnerstag empfehlen», scherzte sie mit den norwegischen WM- Berichterstattern. «Favoriten dabei sind Russland, Frankreich und Deutschland. Doch auch wir wollen eine Medaille holen», betonte die Norwegerin, die über sich sagt, dass sie immer alles möglichst perfekt machen will. «Im Job bin ich zu hundert Prozent Sportlerin, zu Hause zu hundert Prozent Mutter.»
In den Zimmern des französisch-norwegischen Familien-Unternehmens im Hotel Oberland hat Ellen Eikeland das Sagen. Die Cousine der inzwischen fünfmaligen Weltmeisterin betreut als Kindermädchen Klein- Emma, wenn die Eltern unterwegs sind. «Außerdem ist Raphael ein vorbildlicher Vater und entlastet mich, wo er nur kann», lobt die Norwegerin. Zum Tross der erfolgreichsten Biathlon-Familie der Welt gehört auch Liv Gretes Vater Knud Skjelbreid.
Der Landwirt und Teilhaber eines Betonwerkes war bis zu den Olympischen Spielen von Salt Lake City Wachser der norwegischen Nationalmannschaft. Nun kümmert er sich um die Ski der Tochter und des Schwiegersohnes. Derweil versorgt Mutter Oddrun im heimischen Hof in Eikelandsosen an der Atlantikküste die 20 Kühe im Stall. Vom französischen Ausrüster Rossignol werden die Poirees bestens versorgt. Von drei Paar «Raketenski» - für Kälte, Wärme und Schneematsch - munkelt die Konkurrenz. Die schnallen sich bei Bedarf sowohl Liv Grete als auch Raphael Poiree unter. Am vergangenen Samstag gewannen sie in Oberhof mit einem Paar Ski beide Sprinttitel.
Das wahre Geheimnis der Poiree-Erfolge liegt jedoch im gemeinsamen harten Training der seit vier Jahren verbandelten Biathleten mit offiziellen Wohnsitzen in Villard de Lans und Eikelandsosen. Dabei schrecken sie auch vor Herausforderungen wie Fallschirmspringen oder Moto-Cross nicht zurück. Auf dem Skjelbreid-Hof haben sie extra einen Schießstand mit vier Bahnen gebaut. Zu Auswahl-Lehrgängen im Sommer sind sie wechselweise mit den Norwegern und Franzosen unterwegs. Nach dem Doppel-Gold für Liv Grete sowie Gold und Silber für Raphael am Auftakt-Wochenende haben sie ihre WM-Wünsche bereits erfüllt. «Wir könnten eigentlich nach Hause fahren», sagte Raphael Poiree, grinste und fügte an: «Können aber auch locker in die nächsten Rennen gehen.»