BGH untersagt alleinige Koppelung an Ölpreis
Karlsruhe/dpa. - Gasversorger dürfen ihre Preise nicht mehr ausschließlich an die Entwicklung des Ölpreises binden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Mittwoch (24. März) entschieden und damit die Rechte der Gaskunden gestärkt.
Die Karlsruher Richter erklärten die sogenannte HEL-Preisanpassungsklausel (HEL steht für extra leichtes Heizöl) in Erdgas-Sonderkundenverträgen für unwirksam. Die alleinige Bindung an diesen Faktor benachteilige die Kunden unangemessen und könne deshalb nicht Grundlage einer Preisanpassung sein, entschieden die Richter (Az.: VII ZR 178/08 und VII ZR 304/08 - Urteile vom 24. März 2010).
Mit dem Urteil kippte Karlsruhe Klauseln aus Sonderverträgen der RheinEnergie sowie der Stadtwerke in Dreieich bei Offenbach. In beiden Fällen wurden die Gaspreise - umgerechnet nach einer bestimmten Formel - entsprechend dem Index für Heizölpreise angepasst. Der Bund der Energieverbraucher sowie mehrere Kunden hatten dagegen erfolgreich geklagt.
Nach den Klauseln hätten die Kunden vor allen Dingen die Nachteile zu spüren bekommen, weil die Kosten allein auf den Bezugspreis abgestellt waren. Andere Faktoren - wie Verwaltungs- und Vertriebskosten oder Netzgebühren - blieben unberücksichtigt. Dies geht nach Ansicht der Richter nicht. Sie forderten einmal mehr eine transparente Darstellung der Kosten.
Prinzipiell untersagten die Richter eine Koppelung an den Ölpreis nicht. Die Unternehmen müssten auch planen und kalkulieren können, so die Richter. Als alleinige Grundlage taugt die Bindung an den Ölpreis nach dem BGH-Urteil jedoch nicht. Hintergrund: Mangels eines wirksamen Wettbewerbs gibt es derzeit noch keinen Marktpreis für Gas. Damit fehlen geeignete Faktoren, um Vergleiche anstellen zu können, wie sie gesetzlich erforderlich sind für entsprechende Preisklauseln.
Das Urteil wird nach Einschätzung der Branche deutliche Auswirkungen auf den Markt haben. Ein BGH-Sprecher erwartete, dass die Versorger ihre Klauseln umstellen und der Trend weg von der Ölpreisbindung gehen wird. Zahlreiche Gaskunden könnten zudem auf Rückzahlungen hoffen. «Preiserhöhungen, die auf die für unwirksam erklärten Klauseln begründet sind, können zurückgefordert werden», sagte er. Weigerten sich die Versorger, müssten die Verbraucher allerdings klagen.
Das BGH-Urteil: dpaq.de/kopplung
Hamburg - Der Ölpreis ist traditionell Richtschnur auf den internationalen Energiemärkten. So ist beispielsweise auch der Erdgaspreis indirekt von der Entwicklung des Ölpreises abhängig und folgt diesem in der Regel mit einem Verzug von einigen Monaten.
Weil der weltweite Gaspreis im wesentlichen dem Ölpreis folgt, so argumentieren die Versorger, können sich auch die heimischen Anbieter dem nicht entziehen. Die sogenannte Ölpreisbindung ist seit den 60er Jahren eine internationale Branchenvereinbarung. Danach orientiert sich der Gaspreis aus Wettbewerbsgründen an der Preisentwicklung der wichtigsten Konkurrenzenergie, des Erdöls. Die Ölpreisbindung soll die Gasbezieher vor der Marktmacht der wenigen Erdgasproduzenten schützen. Die Preisbindung ist aber nicht gesetzlich verankert.
Weil damals niemand wusste, ob sich Erdgas wegen der enormen Investitionen für den Leitungsbau durchsetzen werde und sich bei einem eventuellen Erfolg die Produzenten - meist selbst Ölförderer - nicht selbst Konkurrenz machen wollten, folgte die Anlehnung der Preisentwicklung für Erdgas an die des Erdöls.
Im Unterschied zu Rohöl wird Erdgas nur von wenigen Ländern produziert. Frei verfügbare Mengen, wie beim Erdöl möglich, gibt es beim Erdgas praktisch nicht, weil die Produzenten zur Absicherung ihrer Investitionen langfristige Lieferverträge abgeschlossen haben.
Die Ölpreisbindung wirkt in beide Richtungen. Sie verhindert nach Darstellung der Branche nämlich auch, dass Produzenten bei sinkenden Ölpreisen ihre Marktmacht ausspielen und die Gaspreise hoch halten. (dpa)