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Behindertensport Behindertensport: Fußball für Blinde

Von Annika Levin 04.09.2006, 17:13
Die blinden Fußballer Stefan Schleicher (v.l.), Thorsten Wolfsdorf, Michael Löffler und Katja Löffler trainieren in Hamburg in einer Turnhalle Fußball. Mit Zurufen, einem exzellenten Raumgefühl und guter Orientierung schaffen es die Spieler den klingelnden Ball ins gegnerische Tor zu bringen. (Foto: dpa)
Die blinden Fußballer Stefan Schleicher (v.l.), Thorsten Wolfsdorf, Michael Löffler und Katja Löffler trainieren in Hamburg in einer Turnhalle Fußball. Mit Zurufen, einem exzellenten Raumgefühl und guter Orientierung schaffen es die Spieler den klingelnden Ball ins gegnerische Tor zu bringen. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - «Geh, geh,geh», weist Trainer Ulli Pfisterer den blinden Spieler an. «Schuss»,ruft der sehende Helfer am gegnerischen Tor. Nur knapp rollt der Ballam Tor vorbei. Beim Training der Blindenfußballmannschaft des FC St.Pauli geht es laut zu. Gespielt wird nicht im Stadion am Millerntor,sondern auf dem Sportplatz der Hamburger Blindenschule am Borgweg.

Auch die blinden Fußballer wollen möglichst viele Tore schießen.Nur die Mittel zum Zweck sind andere. So stehen in einerBlindenmannschaft fünf statt elf Spieler auf einem 20 mal 40 Metergroßen Spielfeld. Geschossen wird auf kleinere Handballtore mit einemsehenden Torwart. Dieser darf sich nicht aus dem zwei Meter breitenTorraum entfernen. Trainer, Torwart und ein weiterer Helfer ohneSehbehinderung am gegnerischen Tor leiten die Spieler mit ihren Rufenin die richtige Richtung.

«Am wichtigsten sind Orientierung, Raumgefühl und Kommunikation.Ohne eintrainierte Signale, Positionen und Spielzüge ist dieSicherheit der Spieler stark gefährdet», erklärt Trainer Pfistler.Wenn ein Spieler seinem Gegner den Ball abnehmen will, muss er durch«Voy!»-Rufe auf sich aufmerksam machen. Damit soll einFrontalzusammenstoß der Spieler verhindert werden. Auch die Technikim Umgang mit dem Ball ist ein wenig anders als sonst. «Die blindenSpieler sollten im Pinguinschritt den Ball annehmen, sonst kann espassieren, dass er durch die Beine rollt», sagt Pfisterer, der selbstFußballprofi in Australien war.

Damit die Spieler sich orientieren können, laufen sie in einerrautenförmigen Aufstellung: einer links, einer rechts, eine hintereund eine vordere Spitze. «Durch die Zurufe der sehenden Coacheskönnen die Blinden ungefähr abschätzen, wo sie gerade auf demSpielfeld sind», erläutert der 30-Jährige Michael Löffler, der vonGeburt an blind ist.

Die acht-köpfige Blindenmannschaft des FC St. Pauli steckt noch inden Kinderschuhen, wie der Blindenfußball in Deutschland insgesamt.Das erste Trainig der Hamburger war im August. «In England undBrasilien gibt es schon seit zwanzig Jahren Blindenfußball, warum inDeutschland nicht, ist mir ein Rätsel», sagt Pfisterer. Dank derUnterstützung durch die Amateurabteilung des FC St. Pauli hat dieMannschaft eine gute Basis sich weiterzuentwickeln. Der Kiezvereinlieh seiner Blindenmannschaft das Geld für die 14 000 Euro teureBande rund um das Spielfeld. Damit ist die Mannschaft die erste imdeutschen Blindenfußball mit guter Ausstattung. Außerdem erließ derVerein seinen neuen Mitgliedern für ein Jahr den Beitrag.

«Für mich ist mit der Fußballmannschaft ein Kindheitstraum inErfüllung gegangen», sagt Löffler. Damit die Spieler ihren Traum vomFußballspielen weiter realisieren können, brauchen sie Unterstützungetwa durch Sponsoren. «Wenn wir Spieler denn auch noch in die Gängekommen was das Spielen angeht» sieht Löffler eine Chance, dass sichder Blindenfußball zwischen den anderen Sportarten im DeutschenBehinderten Verband etabliert und etwas mehr Aufmerksamkeit bekommt.