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Behindertensport Behindertensport: Blinde Biathletin Bentele eine wie Björndalen

Von Arne Richter 27.09.2007, 14:58

Esquinzo Playa/dpa. - Beiihrem Einsatz für bessere Strukturen im Behindertensport setzt diesiebenmalige Paralympics-Siegerin auf geschliffene Rhetorik. Jüngstes«Opfer» ihrer verbalen Spontaneität wurde jedoch kein Funktionär,sondern «Mister Sportschau» Heribert Faßbender. Dem TV-Urgestein stahl sie im Interview-Smalltalk bei der Athleten-Präsentation zumEvent «Champion des Jahres» auf Fuerteventura schlagfertig die Show.«Ich hätte auch auf alle Fragen mit Blabla antworten können, aber sobin ich nicht», sagte die Behindertensportlerin des Jahres 2006.

Verena Bentele ist keck, eine Frohnatur - aber eben auch eine Fraufür klare Worte. Der alle Sportarten umfassende Deutsche Behinderten-Sportverband (DBS) ist ihr zu «riesig», um gezielt den Athletendienen zu können. «Die Verbände sind sehr träge. Wir als Biathletenwürden uns beim Deutschen Skiverband viel heimischer fühlen als beimDBS. Aber es scheitert an beiden Seiten.» Auf Unterstützung aus derPolitik hoffte die 25-Jährige bisher vergebens: «Wenn bei denGroßereignissen die Erfolge da sind, werden Versprechungen gemacht,die sich im Alltag gar nicht umsetzen lassen.»

Trotz inzwischen gestiegener Medienpräsenz und einiger Sponsoren-Verträge geht es für die Vorzeigefrau des Behindertensports - diewegen einer genetischen Sehnerv-Schwäche von Geburt an blind ist - umdie Anerkennung ihrer Leistungen. «Ich mache keine Lustveranstaltung.Die ganze Mitleidsschiene wollen die Leute nicht mehr, damit ließensich vor 15 Jahren noch Geschichten machen, aber nicht mehr heute.Ich will, dass das Image wegkommt, dass es als Reha- und Spaßsportangesehen wird. Ich mache Leistungssport wie andere Biathleten auch.»

Mit ihren sieben Paralympics-Goldmedaillen und drei Weltmeister-Titeln ist die Münchner Studentin der Literaturwissenschaften eineder erfolgreichsten deutschen Wintersportlerinnen. 2010 in Vancouverkönnte sie die deutsche Rekord-Olympionikin Birgit Fischer in derMedaillenbilanz überholen. Doch die Karriere der Kanutin ist für siekein Vorbild. «Ich bin noch nicht so alt und nicht so lange dabei.Und ich höre früher auf, von daher habe ich den Vergleich nicht sogerne.» Stattdessen bevorzugt sie Parallelen zum norwegischenBiathlon-König Ole Einar Björndalen. «Wir haben beide in Salt LakeCity vier Mal Gold gewonnen. Der Vergleich gefällt mir besser.»

Damit zum geplanten Karriere-Ende in Vancouver auch wiederparalympisches Gold eingefahren wird, trainiert Bentele bis zu 25Stunden die Woche. Schieß- und Krafttraining kann sie alleineerledigen, aber beim Laufen auf Skiern oder Rollerblades benötigt siewie in den Wettkämpfen einen «Guide», der ihr durch Zuruf den Wegweist: «Ich bin im Moment auf der Suche nach einem Begleitläufer.»Wie wichtig dieser Job ist, erfuhr sie leidvoll bei der WM 2005: «Dahat sich mein Guide verlaufen und ich wurde disqualifiziert.»