Australien Australien: Wo der Postmann nur zweimal die Woche klingelt

Coober Pedy/dpa. - Der Mann von der Post trägt einen Hut, ein grünes Hemd, Jeans und Jeansjacke sowie ein strahlendes Lächeln im Gesicht. Derek Rowe hat schon am frühen Morgen richtig gute Laune. Er sitzt in seinem Postauto, hinter ihm eine Hand voll Touristen, die ihn heute begleiten auf seinem so genannten Mail Run: Einmal von Coober Pedy bis nach Oodnadatta und wieder zurück, das bedeutet rund 600 Kilometer Fahrt durch die Ödnis des Outbacks in Süd-Australien.
Um 9.00 Uhr nehmen die Urlauber im Bus Platz, während Derek die Post sorgfältig im Anhänger verstaut. Dann geht es los - und zwar erst einmal zur örtlichen Tankstelle. Mit Kartoffelchips und kaltem Kaffee aus der Tüte stärkt sich Derek und braust los. Gleich hinter Coober Pedy erwartet ihn das Nichts. «A lot of nothing» - eine Menge Nichts - nennen die Australier ihre menschenleeren Halbwüsten.
Mit der Zeit gewöhnt sich das Auge an die Leere der Landschaft. Hier und da liegen ausgehöhlte Lastwagen wie Kadaver am Straßenrand. Es geht vorbei am «Dog Fence», dem 5400 Kilometer langen Hundezaun, der drei australische Staaten vor Dingos schützt, wie die Wildhunde hier heißen. Das plappert Derek munter in sein Mikrofon, und er erklärt auch sonst alles, was die Touristen sehen. Sein Englisch zu verstehen, ist jedoch eine Kunst: Wie viele Australier verschluckt er die Vokale gerne und benutzt nicht wenige Slangausdrücke.
Zwei Stunden nach der Abfahrt hält der Postbus das erste Mal: «Anna Creek Station» ist der Name der Farm, die ungefähr die Größe Belgiens hat und damit die größte Farm der Welt sein soll, wie der Postmann nicht ohne Stolz erzählt. Ein paar Männer putzen hier ihre Motorräder. Ansonsten allerdings freut sich nur ein aufgeregt mit dem Schwanz wedelnder Hund über die Ankunft des Postboten.
Rasch geht es weiter nach William Creek. In der kleinsten Siedlung Süd-Australiens machen die Postboten Mittagspause. William Creek ist wirklich nicht mehr als eine staubige Straße, an der eine fehl am Platz wirkende Parkuhr tatenlos im Nichts steht. Zum Verweilen lädt der örtliche Pub ein, in dem einem wenigstens nicht die kleinen schwarzen Outback-Fliegen um die Ohren schwirren. Das Kneipeninnere ist bis unter die Decke mit Andenken, Visitenkarten, Geldscheinen aus aller Welt und vielen anderen Erinnerungsstücken zugepflastert.
Auf der anderen Straßenseite befindet sich «Dingos Café». Derek Rowe lässt sich dort nieder, sein wieherndes Lachen ist schon von draußen zu hören. Im Handumdrehen ist er mit allen im Gespräch. Postboten haben immer etwas zu erzählen. Jeden Montag und Donnerstag liefern die Männer im Outback die Post aus. Natürlich wird oft auch anderes mit auf den Weg gegeben, Ersatzteile etwa oder Zigaretten.
Kurz vor 13.00 Uhr setzt sich der Postwagen wieder in Bewegung. Eine Stunde später wird die «Nilpinna Station» erreicht. Auch hier erwartet den Briefträger ein freudig erregter Hund, diesmal ein ausgesprochen dickes Exemplar. Derek füttert ihn jedoch unverdrossen mit Keksen und lässt ihn zum Ausgleich Stöcke apportieren.
Viel Abwechslung haben die Farmbewohner in dieser Gegend nicht, und auch die Besuche des Postboten sind nur kurz. Schon sitzt Derek wieder am Steuer und lacht Erläuterungen in sein Mikrofon. Kurz nachdem er auch die «Peake Station» mit einem Postsack beliefert hat, hält er den Wagen unvermittelt an, steigt aus und sucht die Umgebung ab. Er hat großes Prachtexemplar einer Eidechse gesehen, die er den Touristen zeigen möchte, doch das Tier versteckt sich lieber.
Kurz vor der «Allandale Station» ragt wie aus dem Nichts eine alte Brücke in die Landschaft: Die Algebuckina Bridge ist eine rostrote Konstruktion aus Metallgittern, die den Neale River überquert und einst die längste Brücke der alten Bahntrasse war. Kurz darauf und pünktlich zum Sonnenuntergang erreicht der Postwagen schließlich den Ort Oodnadatta - die Hälfte der Tour ist damit geschafft.
Derek parkt den Wagen vor dem «Pink Roadhouse», einem rosa angemalten Haus, das im Inneren eine Mischung aus Lebensmittelladen und Kantine ist. Davor steht ein rosafarbenes Auto, und selbst der Himmel dämmert hier am Abend in verschiedenen Pinktönen. Wie überall wird Derek mit großem Hallo begrüßt - der Postboten-Besuch ist auch in dem 200 Einwohner zählenden Oodnadatta immer wieder ein Ereignis.
In der Dunkelheit geht es weiter. Nur zwei Stopps liegen noch auf dem Weg, doch das Briefe-Austragen in der südaustralischen Wildnis hat für die Touristen jetzt seinen Reiz verloren. Noch immer schallt ab und an Dereks Gelächter durch den Bus, und draußen rauscht die vom Vollmond beschienene Sand- und Steinwüste an den Touristen vorbei.
Noch zweimal hält der Postmann, um an entlegenen Farmen Briefe abzugeben, dann geht es schnurstracks zurück nach Coober Pedy. Die Touristen sind nach fast zwölf Stunden Fahrt ziemlich ruhig geworden, viele sind eingeschlafen. Im Autoradio singt Bruce Springsteen melancholische Lieder über Männer auf verlorenem Posten - genau die richtige Musik für Derek Rowe, den Postboten im einsamen Outback.
Informationen: Australian Tourist Commission (Broschüren-Tel.: 069/95 09 61 73).