Ausstellung in der Stadtbibliothek Ausstellung in der Stadtbibliothek: Berichte zur Hexenverfolgung
Köthen / MZ. - Wenn hinzu noch die Behauptung von lieben Nachbarn kam, die Frau sei schuld am Tod ihrer Kuh und außerdem hätten sie sie auf einem Bock reiten sehen - schon war es um die Rothaarige geschehen.
Rund 40 000 Opfer forderte damals die Hexenverfolgung deutschlandweit. Über Hintergründe und Details der Hexenprozesse auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt berichtet die jetzt eröffnete Wanderausstellung "Nach ferner erinnern bekennt sie...", die in der Köthener Stadtbibliothek bis zum 4. Dezember zu sehen ist. "Köthen ist unsere achte Station", sagte Monika Lücke vom Institut für Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Der Terminkalender für das kommende Jahr sei auch schon voll: So groß sei das Interesse an dem Thema.
Die Ausstellung besteht aus 20 Tafeln, auf denen in Text und Bild über die Hexenverfolgung berichtet wird. Monika Lücke und weitere Mitstreiter, darunter hallesche Studenten, trugen ihr Material vor allem auf der Grundlage von Nachforschungen in Archiven und Kirchenbüchern in verschiedenen Orten von Sachsen-Anhalt zusammen. So sind in der Schau Auszüge aus einer Scharfrichter-Rechnung zu sehen, der mehrere Frauen "peinlich verhordt" und verbrannt hat.
In der Ausstellung werden konkrete Beispiele und Namen von Opfern genannt. Auch wenn die Hexenverfolgung vor allem in Süddeutschland besonders intensiv betrieben wurde, sind in Sachsen-Anhalt bisher rund 250 Hexen-Prozesse nachgewiesen worden.
Die meisten Beispiele mit konkreten Namen stammen aus Schönebeck, Dessau und Wittenberg. Im Raum Köthen wird ein einziger Prozess genannt. Im Jahre 1582 stand hier eine Frau vor Gericht, die mit dem Teufel gebuhlt haben soll. Über die verhängte Strafe wurden keine Angaben gefunden. "Die Tatsache, dass wir in dieser Region kaum Beispiele für Hexenverfolgung fanden, bedeutet nicht, dass es hier weniger Prozesse gab", so Monika Lücke. "Es fehlen Nachweise in Archiven und Kirchenbüchern, die wir zum Beispiel reichlich in Schönebeck entdeckten, wo selbst viele Rechnungen erhalten geblieben sind."
Die Wissenschaftlerin will auf diesem Gebiet weiter forschen. Ihr Anliegen besteht nicht zuletzt darin, manche falsche Vorstellungen zu korrigieren. Entgegen der verbreiteten Ansicht, Opfer der Hexenverfolgung seien nur Frauen gewesen, verweist Frau Lücke darauf, dass rund 20 Prozent der Verfolgten Männer und Kinder waren. Martin Luther kreidet die Wissenschaftlerin an, die Hexen-Verfolgung nicht abgelehnt zu haben. Und Lucas Cranach der Ältere habe als Bürgermeister in Wittenberg um 1540 an der Rechtsprechung in solchen Prozessen teilgenommen.
Die Wanderausstellung wendet sich gegen den Geist der Vermarktung der Hexen-Thematik in der Harz-Region. Sie wirft Organisatoren der Walpurgis-Feierlichkeiten eine Verharmlosung der Problematik vor. Immerhin seien die Opfer der Hexen-Verfolgung grausam gefoltert und getötet worden. Diejenigen, die mit dem Leben davon kamen, seien nie wieder gesund geworden und hätten meist ihr Hab und Gut verloren. Das Bild der Hexe als touristische Attraktion im Harz passe nicht zu den Leiden der damaligen Opfer.
"Man sollte darüber nachdenken, ob zum Beispiel eine Kräuterfrau als Alternative für den Tourismus in Frage käme", so Frau Lücke. "Vielleicht würde das dazu beitragen, dass die Hotels das ganze Jahr über gut besetzt sind und nicht nur zur Walpurgisnacht." Nach Angaben der Wissenschaftlerin habe die Ausstellung in Schönebeck bereits zum Umdenken geführt: Die Walpurgis-Feierlichkeiten sollen dort nicht mehr nach dem alten Muster veranstaltet werden.