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Anliegerrechte Anliegerrechte: Was muss bezahlt werden?

02.01.2011, 10:56

Halle (Saale)/MZ. - Manfred K., Möhlau: Es geht um den Ausbau einer Landesstraße. Vor 15 Jahren wurde unser Fußweg ausgebaut und wir haben damals Beiträge dafür bezahlt. 2008 / 2009 wurde der Fußweg auf der anderen Straßenseite einschließlich Beleuchtung ausgebaut. Dafür sollen wir jetzt eine Rechnung über 1 600 Euro bezahlen. Wir haben Widerspruch dagegen eingelegt. Wie sehen Sie das?

Antwort: Der eingelegte Widerspruch ist richtig, da Sie damit Zeit zur Prüfung der Sachlage gewinnen. Im Grunde ist es möglich, dass Sie für die Gehwege plus Beleuchtung auf beiden Seiten der Straße zu Beiträgen herangezogen werden. Nur ist trotzdem die Frage, ob die Beiträge korrekt ermittelt worden sind. Eine Überprüfung ist nur möglich, wenn Sie Widerspruch eingelegt haben und danach eventuell vor dem Verwaltungsgericht klagen.

Hermann F., Farnstädt: Wir haben bei dem Abwasserzweckverband einen Widerspruch gegen die Grundgebühr eingelegt. Darf der Zweckverband allein für den Widerspruch von uns 25 Euro verlangen?

Antwort: In der Regel kostet ein solcher Widerspruch nichts. Es gibt aber Zweckverbände und Kommunen, die in Ihrer Gebührensatzung geregelt haben, dass für den Widerspruch ein Entgelt zu entrichten ist. Sie sollten überprüfen, ob das in Ihrem Verband der Fall ist.

Peter K., Merseburg: Gibt es in Bezug auf die Umlagen eine gesetzliche Gleichstellung von Kreis- und Bundesstraßen?

Antwort: Bei Bundesstraßen sieht es so aus: Im Regelfall können bei Bundesstraßen nur Beiträge für die Gehwege, die Straßenbeleuchtung und eventuell Radwege, soweit es sich um rein innerörtliche Wege handelt, erhoben werden. Anders sieht es nur aus, wenn die sogenannte Straßenbaulast für eine Bundesstraße in die Verantwortung der Kommune fällt. Das ist bei Städten mit mehr als 80 000 Einwohnern der Fall. Dann müssen die Anlieger auch für die Erneuerung der Fahrbahnen und der Straßenentwässerung zahlen. Die Umlagehöhe von Kreisstraßen ist abhängig von der Einordnung der Straße in eine bestimmte Kategorie. In der Regel handelt es sich hier um Hauptverkehrsstraßen mit einem relativ geringen prozentualen Beitragssatz.

Hans-Jörg K., Bad Bibra: Die Verwaltungsgemeinschaft forderte die Vermessung der befestigten Flächen unseres Hauses, um für die Regenwasser-Ableitung Gebühren verlangen zu können. Ist das rechtens? Ich leite das Regenwasser in meine Zisterne.

Antwort: Wenn Sie das Regenwasser aus Ihrer Zisterne in den Bürgermeisterkanal leiten, ist die Kommune zur Beitragserhebung berechtigt. Wie das im Detail geregelt ist, sollten Sie in der Satzung der Gemeinde zur Beitragserhebung bei Regenwasser nachlesen.

Ellen H., Mansfeld-Südharz: Wir haben ein Grundstück mit Sammelgrube, die wir jährlich entleeren lassen und dafür bezahlen. Jetzt verlangt der Abwasserzweckverband zusätzlich pro Person 17 Euro im Jahr von uns für die Sammelgrube, mit der er eigentlich nichts zu tun hat. Und das auch rückwirkend für die Jahre 2006 und 2007. Gegen diesen Widersinn haben wir Widerspruch eingelegt. Was sagen Sie?

Antwort: Laut Rechtsprechung darf der Abwasserzweckverband eine angemessene Grundgebühr erheben. Dies begründet sich bereits daraus, dass die Sammelgrube in dem Verantwortungsbereich des Zweckverbandes liegt. Da eine vierjährige Verjährungsfrist gilt, sind die Forderungen aus 2006 und 2007 rechtens. Die Verjährungsfrist für 2006 würde nach dem 31. Dezember dieses Jahres greifen.

Horst W., Halle: Aufgrund unseres Widerspruchs gegen die Straßenausbaubeträge haben wir einen Widerspruchsbescheid erhalten, in dem wir aufgefordert sind, eine ausführlichere Begründung abzugeben. Können wir Rechnungseinsicht verlangen? Wir sind 40 Grundstückseigentümer, die von dem Problem betroffen sind.

Antwort: Sie können im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Akteneinsicht verlangen. Sie wird sich insofern schwierig gestalten, da Sie eine Flut von Unterlagen vorfinden werden, die ein Laie kaum bewältigt. Daher sind Sie gut beraten, einen Fachmann, beispielsweise einen Bauingenieur oder einen Rechtsanwalt, zur Akteneinsicht mitzunehmen. Da 40 Grundstückseigentümer betroffen sind, empfiehlt sich mit Blick auf eine eventuelle fristwahrende Klage und aus finanziellen Gründen, eine Prozessgemeinschaft zu gründen. Allerdings können sich an dieser Gemeinschaft nur jene Eigentümer beteiligen, die anfänglich Widerspruch eingelegt haben. Für die anderen sind die Bescheide rechtskräftig.

Gunter F., Burgenlandkreis: In welcher Frist kann gegen einen Straßenausbaubetrag Widerspruch eingelegt werden und welche rechtlichen Schritte sind weiter möglich?

Antwort: Ab Erhalt des Beitragsbescheides können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch dagegen einlegen. Sie erhalten in der Folge einen Widerspruchsbescheid, gegen den Sie im Bedarfsfall einen Monat nach Erhalt Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben können. Achtung: Das Einlegen eines Widerspruchs befreit nicht von der Zahlung des Straßenausbaubetrages. Wer dazu in der Lage ist, sollte den geforderten Beitrag sofort unter Vorbehalt der Rückforderung zahlen. Möglich ist auch, eine Stundung mit Ratenzahlung zu beantragen. Dabei werden dann aber sechs Prozent Zinsen fällig. Nicht ratsam ist es , gar nicht zu zahlen, da dann Säumniszuschläge drohen. Pro Jahr machen sie zwölf Prozent der geforderten Beitragssumme aus.

Frank M., Halle: Wenn ich gegen einen Beitragsbescheid klage, muss ich doch mit zusätzlichen Kosten rechnen. Lohnt sich da eine Klage überhaupt?

Antwort: Vor dem Verwaltungsgericht, das für solche Angelegenheiten zuständig ist, gibt es keine Anwaltspflicht. Vielmehr muss das Gericht den Sachverhalt selbst ermitteln. Dennoch ist es ratsam, einen fachkundigen Anwalt zu bemühen, wenn man Erfolg haben will. Das zweite sind die Verfahrenskosten, die im Falle einer Niederlage erheblich sein können. Schon bei einem Beitragsbescheid von 2 000 Euro betragen sie 1 057 Euro. Diese Kosten können eventuell abgefedert werden durch den Rechtsschutz, den manche Grundstücksnutzer-Vereine bieten, oder aber durch die Bildung einer Prozessgemeinschaft. Dabei schließen sich möglichst viele Betroffene zusammen, um im Einverständnis mit der Gegenseite nur ein Musterverfahren zu führen.

Erika S., Bitterfeld-Wolfen: Wir haben einen Informations-Bescheid zur Erhöhung der Straßenausbaubeträge erhalten. Das kann doch nicht möglich sein, da unsere Straße bereits 1994 fertig gestellt wurde?

Antwort: Grundsätzlich hat eine Kommune mit der Zustellung der Beitragsbescheide so lange Zeit, bis die endgültige Fertigstellung der Straße erfolgt ist. Allerdings sind 16 Jahre eine sehr lange Zeit. Mit Zugang des Bescheides haben Sie einen Monat Zeit, dagegen Widerspruch einzulegen. Das sollten Sie tun und juristische Beratung auch für die Abrechnungseinsicht in Anspruch nehmen. Letztlich muss die Stadt nachweisen, dass die endgültige Fertigstellung tatsächlich erst jetzt erfolgt ist.

Hans-Joachim B., Wittenberg: Die Landstraße, an der ich wohne, soll komplett saniert werden. Dafür sollen wir als Anlieger eine Vorfinanzierung von 80 Prozent der Kosten leisten. Ist das rechtens und was passiert, wenn die Baufirma pleite ist?

Antwort: Prinzipiell ist es möglich, dass Sie den geforderten Betrag vorfinanzieren müssen. Das muss allerdings in der einschlägigen kommunalen Satzung festgeschrieben sein. Sie sollten sich in dieser informieren, ob das auch in ihrer Kommune der Fall ist. Die Vorleistung fordert die Kommune, nicht die Baufirma selbst. Dementsprechend trägt auch die Kommune das Risiko bei einer Pleite des beauftragten Unternehmens, nicht Sie.

Ingrid K., Querfurt: Die Dorfbeleuchtung unseres Ortsteiles soll mit neuen Straßenlaternen erneuert werden. Ist es richtig, dass wir das als Anlieger bezahlen sollen?

Antwort: An Straßenbeleuchtungskosten dürfen die Anwohner beteiligt werden. Das regelt die Straßenausbausatzung der Kommune. Ob die Höhe der Kosten für die Anwohner angemessen ist, müsste geprüft werden. Sie haben die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen und in der nächsten Stufe vor dem Verwaltungsgericht zu klagen. Das ist die einzige Möglichkeit, den Gesamtvorgang rechtlich zu prüfen, zum Beispiel ob die Satzung korrekt oder ob die Aufstellung der neuen Laternen gerechtfertigt ist.

Manfred L., Wittenberg: In unserer Straße soll das Abwassersystem erneuert werden. Können die Anwohner dafür zur Kasse gebeten werden?

Antwort: Soweit es die Kosten für das Aufreißen und Wiederherstellen der Straße angeht, können Sie dafür nicht zur Kasse gebeten werden. Für die Erneuerung der Kanalisation allerdings könnte der Entsorger versuchen, Beiträge zu verlangen. Viele Satzungen sehen die Möglichkeit sogenannter Erneuerungsbeiträge vor. Sie sollten dann Widerspruch einlegen und sich für das weitere Vorgehen zeitgleich fachkundigen Rat einholen.

Willi E., Petersberg: Ich wohne an einer Anliegerstraße in der Nähe einer Sekundarschule. Täglich fahrend dort vier Mal zwölf Schulbusse lang. Die Straße ist nur wenige Jahre alt und schon völlig kaputtgefahren. Die Gemeinde hat uns Anwohner gesagt, wenn wir selbst die Sanierung bezahlen, wird die Straße neu gemacht. Ist das in Ordnung?

Antwort: Vielleicht hilft in dem Fall etwas ganz Freches. Sie sollten eine Strafanzeige an den Verantwortlichen im Amt stellen, weil er der Pflicht nicht nachgekommen ist, die Baumfirma zu beaufsichtigen, dass sie ordnungsgemäß die Straße saniert und auch den schweren Verkehr berücksichtigt. Möglicherweise wäre es bei einem Tempolimit nicht soweit gekommen. Durch diese Vorgehensweise kommt es sicher zur Prüfung des Falls.

Fragen und Antworten notierten Katharina Thormann und Dorothea Reinert.