Vor dem letzten Rennen Vor dem letzten Rennen: Wie Steve Jenkner das Aus des Sachsenrings bewertet

Hohenstein-Ernstthal - Genau ein Kilometer liegt zwischen Steve Jenkners Wohnhaus und dem Sachsenring. Seine Firma, das Öhlins-Service-Center, spezialisiert auf den Einbau und die Abstimmung von Fahrwerkskomponenten bei Autos und Motorrädern, liegt direkt an der Strecke. Dass der ehemalige Motorrad-Profi an diesem Wochenende beim Deutschland-Grand-Prix der Motorrad-WM am Ring sein wird, steht außer Frage. „Definitiv“, sagt der Sachse im MZ-Gespräch. Zwischen 1997 und 2005 fuhr er 137 WM-Rennen in der 125er- und 250er Klasse.
Seine Bilanz: Ein Sieg, 14 Podestplätze und eine Pole Position. 2002 raste er bei seinem Heim-Grand-Prix auf Rang drei. „Ich weiß noch, dass ich in der letzten Kurve den amtierenden Weltmeister Manuel Poggiali überholt habe und so aufs Podium gefahren bin“, erinnert sich Jenkner, der 1980 als vierjähriger Knirps sein erstes Rennen auf dem Sachsenring verfolgte.
Motorrad-WM auf dem Sachsenring: Das Aus droht
Doch in diesem Jahr könnte er Jenkner - wie all die Tausende an Fans - auf dem Ring der Sachsen letztmals WM-Läufe live verfolgen. Seit 1998 wird der deutsche Grand Prix wieder auf der Strecke in Hohenstein-Ernstthal und Oberlungwitz ausgetragen. Im Mai aber wurde der Vertrag des ADAC, Ausrichter des Grand Prix, mit der Sachsenring Rennstrecken Management GmbH (SRM) gekündigt.
Zwischen beiden Parteien gibt es Ungereimtheiten - in finanzieller Hinsicht. Von einer Bankbürgschaft in Höhe von 3,8 Millionen Euro ist die Rede, die von der SRM nicht geleistet werden konnte. Der ADAC besitzt mit dem WM-Vermarkter Dorna einen Vertrag für den Deutschland-Grand-Prix bis 2021. Dieser ist an keine Strecke gebunden.
„Ich gehe nicht davon aus, dass das letzte Wort schon gesprochen ist“, meinte jedoch Jan Hippold, Aufsichtsratsvorsitzender der SRM kürzlich gegenüber dem MDR. Er ist sicher, dass es am Wochenende vor Ort „Gespräche zur Fortführung über das Jahr 2018 hinaus“ geben wird.
Steve Jenkner: Motorrad-WM in Deutschland nur auf dem Sachsenring
Auch Steve Jenkner glaubt nicht an ein sicheres Aus des deutschen Grand Prix auf dem Sachsenring. „Das ist die einzige Strecke in Deutschland, auf der ich mir eine Austragung vorstellen kann“, so Jenkner: „Ich kann mich noch an einen Grand Prix auf dem Nürburgring erinnern, da waren lediglich knapp 30.000 Zuschauer da. Das hat nicht wirklich funktioniert.“ Er ist der Meinung: Wenn es einen deutschen WM-Lauf gibt, dann nur auf dem Sachsenring.
Dort ist die Resonanz für den Motorradsport eine ganz andere: „Das Rennen ist in der Region über Jahre gewachsen und gehört einfach hier her“, findet Jenkner. Zumal auch der wirtschaftliche Aspekt eine Rolle spielt, wenn - wie im Jahr 2011 geschehen - über 230 000 Zuschauer an die Strecke kommen. Davon profitiert die ganze Region.
Doch im vergangenen Jahr war die Zuschauerbilanz enttäuschend. Nur 164 801 Motorrad-Fans verirrten sich an die Strecke. Die SRM verbuchte ein Minus im sechsstelligen Bereich.
Fahrer sind Pro Sachsenring
Jenkner sieht darin aber kein Indiz, dass das Interesse an dem WM-Lauf im Freistaat zurückgegangen ist. „Letztes Jahr wurde der Termin nach dem Beginn des Ticketverkaufs noch mal verschoben. Dann hat das Wetter nicht mitgespielt, so dass einige spontanen Zuschauer weggeblieben sind“, erklärt Steve Jenkner, für den der Sachsenring immer noch eine Einzigartigkeit bietet: „Es ist eine der wenigen Strecken, wo auch zu den Trainings viele Zuschauer kommen. Und es ist ein Event für die ganze Familie“, meint der ehemalige Profi.
Auch die aktuellen Stars der Szene sehen das so: „Es wäre schade, denn der Sachsenring ist eine besondere Strecke. Er ist nicht einfach, unterscheidet sich aber von den restlichen Kursen, vor allem auf Grund der Höhenunterschiede“, kommentiert der neunmalige Weltmeister und MotoGP-Superstar Valentino Rossi das drohende Aus. „Wir werden sehen, es ist noch offen. Ich würde gern weiter hier fahren“, bedauert auch der amtierende Weltmeister Marc Marquez das womöglich letzte WM-Rennen im Freistaat. Sicher auch aus sportlichen Gründen, denn seit 2010 hat der Spanier jedes Rennen, egal in welcher Klasse er unterwegs war, dort gewonnen.
(mz)
