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Halles Bob-Anschieber Torsten Margis: Halles Bob-Anschieber nimmt Anlauf auf die Krone

Von Christoph Karpe 04.12.2019, 10:55
Bobpilot Francesco Friedrich (M.) mit seinen Anschiebern (v.l.) Candy Bauer, Thorsten Margis, Martin Grothkopp und Alexander Schüller.
Bobpilot Francesco Friedrich (M.) mit seinen Anschiebern (v.l.) Candy Bauer, Thorsten Margis, Martin Grothkopp und Alexander Schüller. imago sportfotodienst

Halle (Saale)/Lake Placid - Der Ärger auf die Amis ist immer noch nicht ganz verraucht. Die Bobfahrer jedenfalls sind sauer, dass es die Organisatoren von Park City trotz langer Vorlaufzeit nicht geschafft hatten, die Olympiabahn von 2002 wettkampftauglich herzurichten. So platzte der für das vergangene Wochenende geplante Weltcup-Start. Gebuchte Flüge verfielen, Verbände blieben auf Hotelkosten sitzen - und die Athleten mussten ihre Zeitpläne neu justieren. Nun aber geht es los. Lake Placid, ebenfalls in den USA und einst als zweite Station geplant, ist bereit, den Saisonstart auszurichten.

Auch die deutschen Bobfahrer um Francesco Friedrich sind vor Ort. Zum Team gehört natürlich der Lieblings-Anschieber des Top-Piloten, Thorsten Margis aus Halle. „So ein Auftakt ist immer spannend. Aber ich denke, wir sind gut vorbereitet. Wir haben viel Zeit investiert, um die Technik zu modifizieren“, erzählt der 30-Jährige. „Und ich habe in diesem Jahr schon 52 Testfahrten absolviert.“

Das sind 52 Fahrten mehr als vor der vergangenen Saison, wo er sich stark auf sein Maschinenbau-Studium konzentriert hatte. Die anfangs fehlende Routine, dieses Handicap, wirkte sich beim Saison-Höhepunkt dann nicht mehr aus: Margis wurde mit Friedrich an den Lenkseilen Doppelweltmeister.

Torsten Margis: Halles Bob-Anschieber hat schon sechs WM-Goldmedaillen

Der statistische Effekt: Friedrich ist nun mit neun WM-Titeln der erfolgreichste Pilot aller Zeiten. Margis hat sechs goldene WM-Medaillen daheim im Schrank, die zweitbeste Ausbeute aller Abschieber in der fast 90-jährigen Geschichte von Bob-Weltmeisterschaften. Er weiß: Es ist möglich, den bislang besten der Zunft, Kevin Kuske (sieben WM-Titel), im Verlauf der Karriere noch zu überflügeln.

Genau das ist das große Ziel von Margis. „Wenn man alles gewonnen hat, was geht, sucht man einen neuen Anreiz“, erzählt der Doppel-Olympiasieger. „Meiner ist der, Rekord-Weltmeister der Anschieber zu werden.“

Die Chancen dafür stehen in dieser Saison bestens. Der Höhepunkt des Winters, die Weltmeisterschaften, finden ab dem 17. Februar in Altenberg statt. Der Eiskanal in Sachsen ist die Hausbahn des Friedrich-Teams. „Da muss man nicht tiefstapeln“, sagt Margis, „bei dieser WM sind wir natürlich haushoher Favorit.“

Torsten Margis nimmt Favoritentolle bei Bob-WM in Altenberg an

Da winken also zwei weitere Goldmedaillen - und ihm der Rekord. Es gibt jedoch ein Aber. Eine Geste, ein Plan, steht über allem. „Wir sind doch nicht nur drei Anschieber im Friedrich-Team. Es wäre doch großartig, wenn jeder aus unserer Truppe bei der Heim-WM eine Medaille gewinnen könnte“, erzählt Margis von den Überlegungen in der Mannschaft zu der mit Alexander Schüller (22) ein zweiter Athlet vom SV Halle gehört.

Wer dann im Zweier oder im Vierer hinter „Franz“, wie sie ihren Chef nennen, sitzt, ist noch offen. Über die ideale Wahl werden die Weltcups entscheiden. Denkbar ist jedoch, dass Margis im Zweier erste Wahl ist. Zumal es auch da um einen Rekord geht. Friedrich hat die Sensationsmarke des Italieners Eugenio Monti aus den 1950-60er Jahren erreicht: fünf Zweier-Titel in Folge. Viermal dabei Margis. Mit einem Sieg 2020 würde er Montis Anschieber Renzo Alvera überholen.

2022 in Peking wird letzter Olympia-Start von Torsten Margis

Rangliste der Anschieber nach ihren Titeln bei Weltmeisterschaften:

Kevin Kuske (2003 - 2017), 7 Titel, 16 WM-Medaillen
Thorsten Margis (2015 - 2019),  6, 7
Markus Zimmermann (1991 - 2004),  5, 8
René Hoppe (2000 - 2008), 5, 8
Renzo Alvera (Italien, 1957 - 1961), 5, 6
Sergio Siorpaes (Italien, 1958 - 1966), 5, 6
Peter Utzschneider (1969 - 1975), 4, 9
Carsten Embach (1995 - 2003), 4, 6

Nur eines wird er nicht schaffen, da ist sich Margis ziemlich sicher: Kuske bei den Olympiasiegen überholen. „In Peking 2022 gibt es wieder zwei Goldmedaillen zu vergeben. Gelänge uns das Maximum, dann würde ich auf vier Olympiasiege gleichziehen. Aber Kevin hat noch zwei Silbermedaillen“, so Margis.

Er wird allerdings keine weitere Gelegenheit bekommen, in einem olympischen Eiskanal um Medaillen zu rasen. „Ich werde bestimmt nicht noch 2026 bei den Spielen dabei sein - höchstens sie lassen mich mit Rollator anschieben“, meint er lachend. Weitere WM-Siege - etwa 2021 - sind realistischer. Da geht es dann in Lake Placid um Medaillen wo gerade die Saison eröffnet wird. (mz)

Thorsten Margis (l.) und sein Pilot Francesco Friedrich
Thorsten Margis (l.) und sein Pilot Francesco Friedrich
Imago/Minkoff