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Grand Prix in Silverstone Tränen im Cockpit: Hülkenberg holt erstes Formel-1-Podium

Nico Hülkenberg schreibt ein kleines Stück Formel-1-Geschichte. Keiner musste je so lange auf sein erstes Podium warten. In Silverstone wird seine Geduld belohnt.

Von Christian Hollmann und Thomas Wolfer, dpa Aktualisiert: 06.07.2025, 18:33
Im 239. Grand Prix schaffte es Nico Hülkenberg erstmals auf ein Formel-1-Podium.
Im 239. Grand Prix schaffte es Nico Hülkenberg erstmals auf ein Formel-1-Podium. Andrew Matthews/PA Wire/dpa

Silverstone - Schon im Cockpit flossen bei Nico Hülkenberg im Glück über seinen ersten Podiumsplatz in der Formel 1 die Tränen. Überwältigt wusste der 37-Jährige nach dem Ende seiner ungewollten Rekordserie kaum, wohin mit seinen Emotionen. „Es ist ziemlich unglaublich. Ich weiß nicht, wie das alles passiert ist“, sagte Hülkenberg, nachdem er im Regen-Chaos von Silverstone im Kick-Sauber vom vorletzten Startplatz auf Rang drei gestürmt war. 

238 Grand Prix und damit so lange wie kein anderer Fahrer in der Formel-1-Geschichte hatte der Emmericher vergeblich auf den Sprung aufs Podest in der Motorsport-Königsklasse gewartet, ehe die bittere Zeit an einem typisch britischen Sommertag endete. „Das war das am meisten überfällige Podium in der Historie der Formel 1. Das war eine Meisterleistung von Nico“, sagte Teamchef Jonathan Wheatley bei Sky.

Nur Heimsieger Lando Norris und WM-Spitzenreiter Oscar Piastri musste sich Hülkenberg geschlagen geben. „Das ist wunderschön. Das ist alles, wovon ich je geträumt habe“, schwärmte Norris. 

Das McLaren-Duo baute in einem ereignisreichen Rennen auch den Vorsprung auf Weltmeister Max Verstappen in der Gesamtwertung aus. Der Red-Bull-Superstar leistete sich nach heftigen Schauern und mehreren Safety-Car-Phasen einen folgenschweren Ausrutscher. 

Verstappen verliert weiter in der Gesamtwertung

Provoziert von einem gefährlichen Bremsmanöver des lange führenden Piastri, der dafür eine Zeitstrafe erhielt, drehte sich Verstappen und wurde nur Fünfter. In der WM liegt er als Dritter nun schon 69 Punkte hinter Piastri und 61 Zähler hinter Norris.

Mann des Tages aber war Hülkenberg. Mit seiner ganzen Routine und perfekter Strategie überstand er das wilde Geschehen und durfte am Ende völlig unerwartet jubeln. „Es waren verrückte Bedingungen, die meiste Zeit war es ein Überlebenskampf“, sagte er.

15 Jahre nach seinem Debüt bei Williams und im Spätherbst einer bewegten Karriere belohnte sich Hülkenberg für sein Durchhaltevermögen. Zudem setzte er ein echtes Ausrufezeichen für den Rennstall, der in der nächsten Saison als Audi-Werksteam starten wird. „Ich habe es bis zum letzten Boxenstopp nicht glauben wollen“, gestand Hülkenberg.

Auch Silverstone-Rekordsieger Lewis Hamilton kam im Ferrari nicht mehr vorbei und wurde am Ende Vierter. „Tut mir leid für die Fans, aber ich dachte mir: Heute ist mein Tag“, sagte Hülkenberg.

Stundenlanger Regen schon vor dem Start

Heftiger Regen hatte die 160.000 Fans in den Stunden vor dem Start auf die Probe gestellt. Rekordchampion Hamilton, der schon neunmal in Silverstone gewonnen hatte, nahm die Bedingungen erfreut zur Kenntnis. „Ich liebe, dass es regnet, das ist britisches Wetter“, sagte der 40-Jährige vor seinem ersten Heimauftritt nach dem Wechsel zu Ferrari. „Ich habe noch nie so viele Briten in Rot gesehen“, stellte Hamilton nach einem Blick auf die Ränge fest.

Seine Freude über die Nässe speiste sich aus der kleinen Enttäuschung in der Qualifikation, als es für Hamilton wegen eines kleinen Verbremsers nur zu Rang fünf gereicht hatte. Wie so mancher Fahrer aus den hinteren Reihen hoffte der siebenmalige Champion auf Wetterchaos - und wurde erhört. 

Verstappen stellt Vettel-Bestmarke ein

Den Startplatz ganz vorn hatte sich Weltmeister Verstappen mit einer Fabelrunde gesichert. Mit seiner 44. Pole Position stellte der Niederländer auch die Team-Bestmarke von Sebastian Vettel ein. Auf dem nassen Asphalt verteidigte Verstappen die Spitze durch die ersten Kurven gegen Piastri im McLaren. Gleich zweimal musste die Rennleitung nach Unfällen auf den ersten Runden das Feld durch ein virtuelles Safety-Car einbremsen.

Als das Rennen wieder frei war, setzte Piastri seine Jagd auf Verstappen fort und zwängte sich in Runde acht vorbei. Dann setzte erneut Regen ein, das Safety-Car beruhigte kurz das Geschehen. 

Kaum war es von der Piste, krachte es schon wieder. Isack Hadjar donnerte mit seinem Wagen von den Racing Bulls ins Heck des Mercedes von Kimi Antonelli und flog von der Strecke. Wieder war Bernd Mayländer mit seinem Safety-Car gefordert.

Kontroverse hinter dem Safety-Car

Beim nächsten Neustart wurde es kontrovers. Piastri beschleunigte, bremste dann unvermittelt wieder bis fast zum Stillstand ab und überraschte so Verstappen. Der Red-Bull-Fahrer rauschte kurz vorbei, obwohl es eigentlich noch nicht erlaubt war, und fluchte über den Australier. Gleich darauf drehte sich Verstappen, verlor viele Plätze.

Die Rennkommissare verhängten eine Zehn-Sekunden-Strafe gegen Piastri für sein gefährliches Manöver. Verstappen aber half das eher wenig, er fuhr nun dem nächsten Rückschlag im Titelkampf entgegen. 

Vorn enteilten die beiden McLaren. Als Piastri seine Strafe an der Box abbrummte, zog Norris vorbei und war nicht mehr einzuholen. Dahinter behielt Hülkenberg trotz eines mäßigen letzten Reifenwechsels die Nerven und ließ sich den Podiumsplatz nicht mehr nehmen.