Radsport Nach Star-Lob: Steinhauser will wieder beim Giro auftrumpfen
Vergangenes Jahr feiert der junge Steinhauser seinen größten Erfolg beim Giro. Der frühere Neffe von Jan Ullrich will nun wieder für Furore sorgen. Doch die Vorbereitung läuft nicht nach Plan.

Lochau/Durres - Sogar Ausnahmefahrer Tadej Pogacar verneigte sich vor Georg Steinhauser. Als der deutsche Radprofi beim vergangenen Giro d‘Italia vor dem späteren Sieger den Etappensieg holte, zeigte sich der Slowene beeindruckt und lobte den „starken“ Auftritt des mittlerweile 23 Jahre alten Bergspezialisten. „Ich denke, dass er in Zukunft ein großer Fahrer sein wird, also sollten wir ihn im Auge behalten“, lobte Ausnahmefahrer Pogacar damals.
„Das war natürlich cool, dass man von so einem Superstar Anerkennung bekommen hat. Das ist vielleicht kein Ritterschlag, aber zumindest eine Auszeichnung“, sagte der gebürtige Allgäuer der Deutschen Presse-Agentur vor dem Start der 108. Ausgabe des Giro am Freitag.
Der Erfolg auf der 17. Etappe nach einem beeindruckenden Solo-Ritt bei der Bergankunft auf dem Passo Brocon markierte den größten Erfolg in der noch jungen Laufbahn - und beflügelte den Mann aus dem Allgäu. „Das war schon wichtig für mich zu sehen, dass ich in meiner Karriere wirklich etwas Cooles erreichen kann“, sagte er. Die Geschichte wurde umso emotionaler, weil sein Vater Tobias - ehemaliger Radprofi - die Etappe als Gast live bei Eurosport verfolgte und nach dem Sieg eine Träne verdrückte.
Vom früheren Onkel Jan Ullrich, der zehn Jahre mit Steinhausers Tante Sara verheiratet war, erhielt er eine Sprachnachricht. „Ich habe da letztes Jahr so mitgefiebert, weil der Georg ist mir ans Herz gewachsen“, sagte Ullrich in der ersten Folge seines Podcasts „Ulle&Rick“ mit dem früheren Profi Rick Zabel.
Dass der berühmte Ex-Onkel, der vor eineinhalb Jahren Doping eingeräumt hatte, nach vielen negativen Schlagzeilen nun wieder mehr in der Öffentlichkeit auftritt, sieht Steinhauser positiv. „Ich finde das richtig, weil meiner Meinung nach ist er immer noch ein sehr großes Gesicht im deutschen Radsport.“
Schleppende Vorbereitung
Nun will Steinhauser, seit vier Jahren im Dienst des US-Teams EF Education - EasyPost, bei der 108. Ausgabe des Giro wieder für Furore sorgen. Allerdings wurde er während der Vorbereitung ausgebremst. Er beendete das Höhentrainingslager in der Sierra Nevada früher, weil ihn Knieprobleme plagten. „Die Vorbereitung war ein bisschen durchwachsen“, haderte er. Eine Fehlbelastung. Seine Radposition wurde in Amsterdam überprüft, jetzt tritt es sich wieder besser. Dennoch habe er etwa drei Wochen an Zeit verloren.
Steinhauser ist als Helfer des ehemaligen Giro-Siegers Richard Carapaz aus Ecuador eingeplant. Wenn es ihm gut geht, dann soll er auch seine Chancen auf eigene Manöver bekommen. „In der letzten Woche sollte ich dann wieder relativ konkurrenzfähig sein“, vermutete er. Vor allem in der Schlusswoche warten die großen Gebirgsherausforderungen.
Schlussetappe durch Vatikan
Zum ersten Mal startet der Giro in Albanien. Drei Etappen werden dort ausgetragen. Superstar Pogacar verzichtet als Titelverteidiger auf eine Teilnahme. Sein Landsmann Primoz Roglic vom Red-Bull-Team und Pogacars spanischer Teamkollege Juan Ayuso gehören zu den Favoriten. Bei der traditionellen Schlussetappe in Rom fahren die Profis in Gedenken an den verstorbenen Papst Franziskus zum ersten Mal durch den Vatikan.
Möglicherweise wird der mit seiner Freundin am Bodensee lebende Kletterexperte bis dahin den nächsten Erfolg gefeiert haben. Den früheren Profi und TV-Experten Fabian Wegmann beeindruckte der Giro-Auftritt auch. „Mit 22 Jahren so eine Etappe zu gewinnen, das ist schon wirklich krass“, sagte er auf dpa-Anfrage. Seine Entwicklung zeige „steil berghoch“. An seinen Zeitfahrqualitäten müsse er noch arbeiten, dann könne er möglicherweise irgendwann bei einer Rundfahrt auf den Gesamtsieg fahren, statt einzelne Etappen anzupeilen.
Am Anfang des Jahres war sogar seine erste Teilnahme bei der Tour de France im Gespräch. Aktuell stehen die Chancen schlecht. „Die Tour ist auf jeden Fall ein Traum“, schwärmte Steinhauser. Beim Giro kann er seinem Traum einen Schritt näherkommen.