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Vereinigungskampf gegen Dubois Boxstar Usyk: Ein nahes WM-Ziel und ein ferner Traum

Oleksandr Usyk ist sportlich längst in der Liga von Muhammad Ali oder Mike Tyson angekommen. Jetzt kann er sich zum zweiten Mal zum unumstrittenen Weltmeister küren. Doch ihn treibt etwas anderes an.

Von Jörg Soldwisch, dpa 16.07.2025, 11:17
Usyk kämpft im Ring immer auch für seine ukrainische Heimat.
Usyk kämpft im Ring immer auch für seine ukrainische Heimat. Nick Potts/PA Wire/dpa

London - Die zweite Krönung zum „Undisputed Champion“? Eine reizvolle Aussicht. Die Mega-Börse in dreistelliger Millionenhöhe? Eine willkommene Sache. Die Atmosphäre im Wembley-Stadion vor rund 90.000 Fans? Eine schöne Vorfreude. Doch Ruhm, Geld und Applaus sind nicht mehr die Dinge, die Box-Superstar Oleksandr Usyk antreiben. „Ich würde so gern in Friedenszeiten einen Kampf in unserem Olympiastadion in Kiew machen“, sagt der Ukrainer über sein ultimatives Karriereziel.

Auch den WM-Vereinigungskampf an diesem Samstag (gegen 23.00 Uhr MESZ/DAZN) in London gegen den Briten Daniel Dubois muss der ungeschlagene Dreifach-Champion fernab seiner kriegsgeplagten Heimat bestreiten. Aber der Stolz auf seine Nation und seine Landsleute, die dem russischen Angriffskrieg trotzen, wird ihn auch diesmal im Ring antreiben.

Und doch wünschte er, es wäre alles ganz anders. „Alle meine Titel würde ich hergeben, wenn dieses fürchterliche Gemetzel dadurch aufhören würde“, sagte der Schwergewichts-Weltmeister der Verbände WBA, WBO und WBC im Interview der „Welt am Sonntag“. 

Usyk bietet Trump an: Eine Woche in meinem Haus

Von US-Präsident Donald Trump, der im Wahlkampf ein schnelles Ende des Krieges versprochen hatte, ist Usyk wie viele andere Ukrainer enttäuscht. Er bot Trump an, „eine Woche lang in meinem Haus in Kiew zu wohnen, wo beinahe jede Nacht Bomben- und Raketenalarm zu hören ist, damit er eine Vorstellung davon bekommt, was die Menschen auszuhalten haben“.

Usyk ist nach eigenen Angaben Teil der ukrainischen Territorialverteidigungskräfte, doch Spitzensportlern wie ihm kommt eine andere Aufgabe von nationalem Interesse zu. Sie sollen die Ukrainer stolz machen, vom omnipräsenten Thema Krieg ein wenig ablenken. Usyks Mission in London lautet daher: den IBF-Gürtel vom Briten Dubois zurückholen und zum zweiten Mal innerhalb von 14 Monaten alle Titel der vier wichtigsten Verbände auf sich vereinen. 

Dubois spottet: „Alter Mann“

Die Frage, ob Usyk wirklich in einer Liga mit Muhammad Ali, Mike Tyson oder Lennox Lewis anzusiedeln ist, dürfte dann endgültig nicht mehr gestellt werden. Auch wenn der Ukrainer nicht die große Ausstrahlungskraft seiner Vorgänger besitzt, ist er sportlich betrachtet unbestritten einer der Größten der Boxgeschichte. 

Schon im Mai 2024 hatte er sich in Saudi-Arabien gegen Tyson Fury zum unumstrittenen Weltmeister gekürt - ein Kunststück, das ihm zuvor schon im Cruisergewicht gelungen war. Auch den Rückkampf gegen den Briten, für den er den IBF-Gürtel niederlegte, gewann Usyk einstimmig nach Punkten. 

In der Zwischenzeit kürte sich Dubois zum IBF-Weltmeister, jetzt will er sich auch Usyks drei verbliebene WM-Gürtel schnappen. Der 38-Jährige sei „ein alter Mann“, spottete der elf Jahre jüngere Dubois. Er wolle Usyks „Abnutzungserscheinungen aufdecken“ - und er will Revanche nehmen.

Deutschlands-Box-Hoffnung schaut am Ring zu

Bei der Niederlage im ersten Aufeinandertreffen vor zwei Jahren im polnischen Breslau sah sich Dubois um den Sieg betrogen: Mit einem Körpertreffer hatte er den Ukrainer in der fünften Runde auf die Bretter geschickt, doch der Ringrichter wertete es als unerlaubten Tiefschlag und räumte dem Titelverteidiger den Regeln entsprechend mehrere Minuten zur Erholung ein. Später folgte der technische K.o. für Dubois.

Die Revanche in London wird Agit Kabayel am Ring ganz besonders interessiert verfolgen. „Der Kampf hat ja auch große Auswirkungen auf mich“, sagte der Bochumer. Kabayel ist aktueller WBC-Interimsweltmeister sowie die Nummer 3 der Weltrangliste und damit automatisch Anwärter für einen WM-Kampf.

Das Gerücht um ein Klitschko-Comeback

Sollte Usyk gegen Dubois gewinnen, im Anschluss zurücktreten und alle vier WM-Gürtel niederlegen, wäre ein WM-Kampf für Kabayel sogar noch in diesem Jahr möglich. Doch auch ein Duell mit dem Dominator aus der Ukraine in 2026 - möglicherweise sogar in Deutschland - würde der ebenfalls noch unbesiegte Kabayel nicht scheuen. „Es wäre natürlich eine Riesenehre, mit so einer Legende des Sports den Ring teilen zu dürfen“, sagte der 32-Jährige.

Doch Usyk werden andere Pläne nachgesagt. Hartnäckig hält sich das Gerücht über einen möglichen Super-Kampf gegen Landsmann Wladimir Klitschko, der dafür nach acht Jahren als Box-Rentner ein Comeback geben müsste. Der ideale Ort und Zeitpunkt dafür? Mit Sicherheit das Olympiastadion in Kiew in einer Zeit des Friedens. Spätestens dann hätte sich Usyk alle Träume erfüllt.