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Rückblick auf 2016 Rückblick auf 2016: Die Top und Flops des Sportjahres

25.12.2016, 19:35
Fabian Hambüchen
Fabian Hambüchen dpa

Köln - Mit Großevents wie den Olympischen Sommerspielen in Rio und der EURO in Frankreich war 2016 ein ereignisreiches Jahr. In unserer Rückschau blicken wir auf die wichtigsten Sportereignisse zurück.

Abgang des Jahres

Mit der allerletzten Übung am Reck zum Olympiasieg: Fabian Hambüchen hat in Rio de Janeiro der ganzen Sportwelt gezeigt, wie man im richtigen Moment seine Karriere vergoldet. Nach Bronze 2008 in Peking und Silber 2012 in London gelang dem 29-Jährigen am Zuckerhut der perfekte Abgang nach einer beispiellosen Karriere.

Im Dezember wurde er mit großem Vorsprung zu Deutschlands „Sporter des Jahres“ gewählt. Zwölf Jahre lang hat der Wetzlarer weltweit die Turnhallen gerockt, unzählige Titel eingesammelt und dem etwas verstaubten Image des Kunstturnens die dringend notwendige Frischzellenkur verpasst.

Gipfelstürmerin des Jahres

Angelique Kerber bekommt jetzt noch eine Gänsehaut, wenn sie an die Magie der Sommernacht von Melbourne denkt. „Dieser Moment, als ich nach dem Matchball am Boden lag, das wird mir immer in Erinnerung bleiben. Da hat alles begonnen“, sagte Kerber: „Das war der Moment in meiner Karriere. Der Moment, der alles verändert hat.“

Bei den Australian Open hatte die Kielerin als erste deutsche Tennisspielerin seit Steffi Graf 1999 wieder ein Grand-Slam-Turnier gewonnen. Und das durch einen Dreisatzsieg über die große Serena Williams (USA). Dabei hatte Kerber in der ersten Runde gegen die Japanerin Misaki Doi einen Matchball abwehren müssen. „Das war der Wendepunkt in diesem Jahr“, meinte die 28-Jährige.

Was nicht zuletzt auch an ihrem US-Open-Triumph im September und dem Sturm an die Spitze der Weltrangliste lag. Zudem erreichte „Angie“ das Finale von Wimbledon, holte Olympia-Silber in Rio und wurde zu Deutschlands „Sportlerin des Jahres“ gewählt. 

Legende des Jahres

Am 3. Juni blieb die Sportwelt für einen Moment stehen. Muhammad Ali, der Jahrhundertboxer, der „Größte“, starb im Alter von 74 Jahren in Scottsdale nach langem, schwerem Parkinson-Leiden. Der Rumble in the Jungle gegen George Foreman, der Thrilla in Manila gegen Joe Frazier, sein Kampf gegen Rassismus und für die Schwachen, seine Unbeugsamkeit - Ali war schon zu Lebzeiten die größte Legende, die der Sport jemals hervorgebracht hat.

„Er war ein überragender Champion, der für das kämpfte, was richtig war“, sagte US-Präsident Barack Obama. Tausende Sportler, Politiker und Fans würdigten Ali nach dessen Tod als Helden weit über den Sport hinaus. Am 10. Juni nahmen Hunderttausende in Alis Geburtsstadt Louisville Abschied, unter anderem der frühere US-Präsident Bill Clinton hielt eine bewegende Trauerrede.

Karriereende des Jahres

Dass Lazio Rom den Vertrag mit Miroslav Klose nicht verlängern würde, war frühzeitig klar. Und wie es sich für einen WM-Rekordtorschützen gehört, gab es nahezu täglich Angebote und Gerüchte um seine Zukunft. Doch die USA, China oder Katar reizten den bodenständigen Stürmerstar offenbar nicht, aus Deutschland kam außer vorsichtiger Nachfragen seines Ex-Klubs 1. FC Kaiserslautern oder Eintracht Frankfurt kein Angebot.

Der 38-Jährige zog frühzeitig nach München, hielt sich fit, beobachtete den Markt und entschied erst Ende Oktober: Es reicht! Klose beendete seine Karriere als Profi und wurde vom Weltstar direkt zum Praktikanten.

Allerdings beim Weltmeister: Als Azubi von Bundestrainer Joachim Löw kehrte er in den Kreis der Nationalmannschaft zurück, den er 2014 nach dem WM-Triumph verlassen hatte. Für den Praktikanten Klose soll es der Start einer zweiten Karriere sein. Wird sie nur halb so erfolgreich wie die erste, wird sie ein voller Erfolg.

Rücktritt des Jahres

Es war der 2. Dezember 2016, doch auf den ersten Blick wirkte das alles wie ein Aprilscherz. „Nico Rosberg beendet seine Karriere!“ Der neue Formel-1-Weltmeister, der endlich seinen Dauerrivalen Lewis Hamilton bezwungen hat, der nach elf Jahren in der Königsklasse in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist - er hat keine Lust mehr und macht Schluss. Einfach so.

Rosbergs einsame Entscheidung erschütterte die Motorsport-Welt, er überraschte alle: die Fans, die Medien und sogar das eigene Mercedes-Team. Für den gerade erst 31-Jährigen sollen endlich Ehefrau Vivian und Töchterchen Alaia die Hauptrollen spielen, nachdem mehr als zwei Jahrzehnte lang alles dem Motorsport untergeordnet war.

Überraschung des Jahres

Märchen, Wunder - Sensation! An den 31. Januar 2016 wird sich die Handball-Welt noch lange erinnern. Der deutsche Höhenrausch bei der EM in Polen gipfelte mit einer 24:17-Demontage des Ex-Weltmeisters Spanien im Endspiel von Krakau - die Handballer hatten mit dem Titelgewinn ein Stück deutsche Sport-Geschichte geschrieben. Kein Drehbuchautor der Welt hätte eine bessere Dramaturgie inszenieren können für das, was die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson beim Turnier in Polen abzog.

Nach einem sportlich durchwachsenen Auftakt rechnete kaum jemand damit, dass Deutschland als jüngstes aller EM-Teams, eine Mannschaft ohne sechs ihrer Stammspieler, in nur zwei Wochen eine solche imposante Entwicklung durchlaufen und am Ende souverän Europas Handball-Thron erstürmen würde.

Sie kamen aus Wetzlar, Balingen oder Lübbecke und zogen aus, um den immensen Verletzungssorgen irgendwie zu trotzen und die Hauptrunde zu erreichen - am Ende wurden der überragende Keeper Andreas Wolff und Co. die neuen Handball-Könige Europas. 

Top-Flop-Event des Jahres

Selten trafen die Extreme im Sport so deutlich aufeinander. Die Olympischen Spiele in Rio produzierten traumhafte Bilder und rührende Geschichten, ganz nach dem Geschmack des IOC. Gleichzeitig gewährten sie einen verstörenden Blick in die Abgründe eines aus dem Ruder gelaufenen Systems.

Die Organisation der brasilianischen Gastgeber war nicht ansatzweise perfekt, aber sie mühten sich redlich und stellten - unter sozial fragwürdigen, teils verantwortungslosen finanziellen Anstrengungen - Wettkämpfe auf die Beine, die strahlende Sieger wie die Beachvolleyballerinnen Kira Walkenhorst und Laura Ludwig oder auch tragische Helden wie den Turner Andreas Toba hervorbrachten.

Doch die Spiele waren auch schmutzig, aberwitzig. Dass gut 270 russische Sportler unter Landesflagge trotz erwiesenen Staatsdopings in Rio starten durften, riss den Weltsport in seine nächste, gigantische Glaubwürdigkeitskrise. 

Hier geht es zum zweiten Teil des großen Sport-Jahresrückblicks

Nachbar des Jahres

Mit einem derartigen Sturm der Entrüstung hatte AfD-Politiker Alexander Gauland wohl nicht gerechnet, als er Weltmeister Jerome Boateng diskrimierte. „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut, aber wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“, behauptete Gauland - und löste eine Welle der Solidarität für den Fußball-Nationalspieler aus.

Es sei ein „niederträchtiger und trauriger Satz“, ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert ausrichten. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) veröffentlichte ein kurzes Video mit dem Slogan „Wir sind Vielfalt“. Und auch die Fans machten deutlich, was sie von Gaulands unsäglichen Aussagen hielten. „Jérôme, zieh neben uns ein“ oder „Jérôme, sei unser Nachbar!“, schrieben die Anhänger beim Länderspiel gegen die Slowakei auf Plakate.

Für den dunkelhäutigen Boateng, der in Berlin geboren ist, war es „ehrlich gesagt traurig, dass heutzutage noch so etwas gesagt wird. Ich bin froh, Deutscher zu sein. Ich glaube, ich bin gut integriert, und mehr muss ich dazu auch nicht sagen.“ 

Absturz des Jahres

Die Bestätigung seiner Sperre und der folgende Rücktritt brachte Wolfgang Niersbach am Ende des Jahres noch einmal in die Schlagzeilen. Zuvor war es ziemlich ruhig geworden um ihn und Franz Beckenbauer. Seit der Skandal um die Vergabe der Fußball-WM 2006 nach Deutschland den Ruf Beckenbauers beschädigt und Niersbach die Ämter gekostet hat, haben sich beide weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Beckenbauer selbst spricht nicht mehr, es wird nur noch über ihn gesprochen. Zuletzt sogar wieder mit Respekt. Seine großen Verdienste werden immer bestehen bleiben, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel, und lehnte die Aberkennung der Ehrenspielführerwürde Beckenbauers ab.

Niersbach kämpfte im Stillen gegen seine Sperre und hoffte auf eine Rückkehr ins Council des Weltverbandes FIFA. Das gelang ihm nicht. Und selbst wenn er es geschafft hätte, wäre die neue DFB-Führung nicht sonderlich erfreut darüber gewesen

Für Beckenbauer und Niersbach gilt: Ihre Zeit auf der großen Fußball-Bühne ist endgültig vorbei. Bei der weiteren Aufarbeitung des Skandals werden ihre Namen noch ein paar Mal fallen - und das war es dann.

Party des Jahres

Es muss schon etwas Außergewöhnliches passieren, damit zu einer Siegesfeier fünf Millionen Menschen kommen. Der Titelgewinn der Chicago Cubs in der Major League Baseball (MLB) bewegte in der Windy City aus gutem Grund unglaubliche Massen, der Klub gewann quälende 108 Jahre nach der zuvor letzten Meisterschaft wieder die World Series.

Die Cubs beendeten in der Finalserie durch ein aufregendes 4:3 gegen die Cleveland Indians die längste Wartezeit eines US-Sportteams auf den nächsten Titel. Die Erlösung in und um Chicago war derart groß, dass es zur siebtgrößten Menschenansammlung der Weltgeschichte kam - im Sport hat die Besucherzahl eine völlig eigene Dimension. 

Comeback des Jahres

987 Tage nach seinem erzwungenen Rücktritt als verurteilter Steuersünder und 270 Tage nach seiner Haftentlassung war Uli Hoeneß am 25. November mit überwältigender Mehrheit wieder zum Präsidenten des FC Bayern gewählt worden. Er bitte um „eine zweite Chance“, hatte er bei seiner Antrittsrede betont, „und ich verspreche Ihnen, dass ich alles tun werde, um Ihre Erwartungen zu erfüllen.“

Und es dauerte in der Tat keine Stunde, da war der 64-Jährige schon wieder auf Betriebstemperatur. Er attackierte den neuen „Feind“ Leipzig - und entschuldigte sich gleich für seine Wortwahl. Er lästerte über 1860, schwadronierte über Bastian Schweinsteiger, sorgte mit Aussagen über Philipp Lahm für einige Verwirrung, erhöhte den Druck auf die Mannschaft und gab Trainer Carlo Ancelotti gleich ein paar Ratschläge.

Keine Frage: Die Abteilung Attacke in München ist zurück. 

Abschied des Jahres

Er komme immer wieder „sehr gerne“ nach Deutschland zurück, sagte Pep Guardiola, als er zuletzt in der Champions League mit Manchester City zu Gast in Gladbach gewesen war. Dabei war sein Abschied vom FC Bayern nicht ganz so harmonisch abgelaufen. Rekordmeister und Erfolgstrainer hatten sich nach drei Jahren auseinandergelebt. Es war eine anstrengende Zeit gewesen.

Hier der FC Bayern, der sich gerne über sein „Mia san Mia“ definiert und sich ungerne einen Kurs diktieren lässt. Dort der Perfektionist Guardiola, der Spieler und Verein forderte, manchmal auch überforderte. So richtig warm wurde man deshalb nicht. Zwar errang der Katalane drei Meistertitel und zwei Pokalsiege mit den Münchnern. Zum großen Wurf in der Königsklasse reichte es jedoch nicht. (mit sid)