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Rio 2016 Rio 2016: Was Sie über die Paralympics wissen müssen

Von Lukas Hansen 07.09.2016, 04:14
Der deutsche Ausnahme-Weitspringer Markus Rehm
Der deutsche Ausnahme-Weitspringer Markus Rehm dpa

Rio de Janeiro/Köln - Am Mittwoch werden im berühmten Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro in Brasilien die 15. Paralympics feierlich eröffnet. Seit 1988 finden sie immer am selben Ort wie die kurz vorher ausgetragenen Olympischen Spiele statt. 4350 Athleten aus 176 Nationen und ein Flüchtlingsteam sind für die Olympischen Spiele für Sportler mit Behinderung gemeldet. Das deutsche Team besteht aus 155 Sportlern.

Wir beantworten die wichtigsten Fragen:

(mit dpa, sid)

Wie viele Sportarten sind vertreten?

In 23 Sportarten finden 528 Wettbewerbe statt. Zum Vergleich: Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro waren es 306 Entscheidungen in 28 Sportarten. Erstmals dabei sind die Para-Kanuten und die Para-Triathleten. In vier Jahren in Tokio werden Badminton und Taekwondo ins Programm aufgenommen. Die meisten Entscheidungen fallen mit 177 in der Leichtathletik.

Warum gibt es so viele Wettbewerbe?

Aufgrund der unterschiedlichen  Behinderungsarten der Sportler werden in zahlreichen Disziplinen mehrere Finals und die entsprechenden Vorkämpfe ausgetragen. Während zum Beispiel bei den Olympischen Spielen nur ein Männer-Endlauf über 100 Meter mit Sieger Usain Bolt über die Bühne ging, gibt es bei den Paralympics 16 mal ein 100-Meter-Finale.

Welche Behinderungsarten gibt es?

Insgesamt gibt es im paralympischen Sport zehn Behinderungsarten: 1. Beeinträchtigungen der Muskelleistung; 2. Beeinträchtigungen der Beweglichkeit; 3. Amputation oder Fehlbildung von Gliedmaßen; 4. unterschiedliche Beinlängen; 5. Kleinwuchs; 6. Beeinträchtigung durch erhöhte Spannung der Muskulatur und die reduzierte Fähigkeit, einen Muskel zu strecken; 7. neurologisch bedingte Störungen der muskulären Bewegungskoordination, auch wenn keine Lähmung vorliegt; 8. Athetose (zum Beispiel unwillkürliche, unkontrollierte Muskelbewegungen); 9. Sehbehinderung; 10. intellektuelle Beeinträchtigungen. Welche Sportler gegeneinander antreten, wird zudem nach dem Grad der Behinderung durch die Klassifizierung festgelegt.

Was ist die Klassifizierung?

Grob gesagt: Wie zum Beispiel in Kampfsportarten mit ihren verschiedenen Gewichtsklassen wird auch im Behindertensport geschaut, wer gegeneinander antreten kann, ohne dass ein Kontrahent große Nachteile hat. Die Klassifizierung ist aber dennoch ein umstrittenes Thema, da die Behinderungen zu unterschiedlich sind. Im Laufe der vergangenen Jahre wurden immer mehr Startklassen zusammengelegt, um das Wettkampfprogramm übersichtlicher zu gestalten.
Welche Besonderheiten gibt es bei Team-Sportarten?Bei Mannschaftsportarten spielen Sportler mit unterschiedlicher Behinderung in einem Team. Die Zusammensetzung erfolgt nach Punkten. Je schwerer die Behinderung, desto kleiner die Punktzahl. Beim Rollstuhl-Rugby dürfen die Spieler auf dem Feld acht Punkte nicht überschreiten, beim Rollstuhl-Basketball sind es 14.

Welche Erwartungen werden mit dem deutschen Team verbunden?

Bei den Spielen in London 2012 hatte das deutsche Team in der Medaillenwertung mit 18 mal Gold, 26 mal Silber und 22 mal Bronze den achten Platz belegt. Eine Vorgabe für Rio gibt es nicht, wie auch DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher verdeutlichte: „Wir schielen nicht nach Metall oder zählen das Blech. Es geht darum, dass jeder seine Leistung abruft.“

Wer sind die Stars?

Der deutsche Weitsprung-Weltrekordler Markus Rehm hat gute Chancen, die Rolle von Oscar Pistorius einzunehmen. Der Südafrikaner war der Vorzeige-Athlet der drei letzten Paralympics, sitzt derzeit wegen Mordes aber im Gefängnis. Auch der Ex-Formel-1-Pilot und mittlerweile Handbike-Fahrer Alex Zanardi besitzt hohen Glamourfaktor.  Im deutschen Team genießen zudem die Leichtathleten Heinrich Popow und David Behre hohe Wertschätzung.

Welche Probleme gibt es?

Das Organisationskomitee hat mit massiven finanziellen Problemen zu kämpfen. Von einer Finanzierungslücke in Höhe von rund 60 Millionen Euro war im Vorfeld die Rede. Deshalb schränkte das OK das Transportsystem ein. Die Anzahl der Helfer, die ursprünglich mit 25 000 angegeben war, wurde erheblich reduziert. Dazu kommt die angespannte politische Lage in Brasilien und  Probleme mit der Kriminalität.

Welche Rolle spielt das Thema Doping?

Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) hat mit dem Komplett-Ausschluss Russlands wegen Staatsdopings ein deutliches Zeichen gesetzt.  Karl Quade, Chef de Mission des deutschen Teams sagt, er habe bei den deutschen Sportlern „ein gutes Gefühl. Ich glaube, dass ihnen bewusst ist, was sie damit anrichten würden.“ Es ist jedoch nicht das einzige Problem, mit dem Verbände und Athleten im Behindertensport seit Jahren zu kämpfen haben: Offenkundige Betrügereien bei der Klassifizierung spielen genauso eine große Rolle wie das sogenannte Techno-Doping, bei dem beispielsweise modernere Beinprothesen einen Vorteil beim Sprinten verschaffen.

Wie gefährlich ist das Zika-Virus in Rio?

Das Problem habe sich „ziemlich erledigt“, sagte Karl Quade. Bei den Olympischen Spielen waren keine neuen Infektionen mit dem gefürchteten Virus aufgetreten. Das hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mitgeteilt.

Wie ist die Situation von behinderten Menschen in Brasilien?

Rund 30 Millionen behinderte Menschen gibt es laut dem paralympischen Komitee in Brasilien – das sind etwa 15 Prozent der Bevölkerung. Ein Großteil von ihnen lebt in Armut. Gerade in den Slums, den sogenannten „Favelas“, sind die Umstände prekär: Rollstühle werden aus Plastiksitzen und Fahrradreifen zusammengebaut, die Chance auf eine Anstellung geht gegen null und die Oberschicht in den reicheren Stadtteilen blendet die diskriminierte Unterschicht einfach aus ihrem Alltag aus.