European League of Football Mit Terrence Boyd als Zuschauer: Leipzig Kings feiern buntes Heimdebüt in ELF
Das Leipziger Team aus der ELF gibt sein buntes Heimdebüt vor 2.200 Zuschauern - darunter HFC-Stürmer Terrence Boyd - im Kunze-Sportpark.

Leipzig/MZ - Als die Premiere vorüber war, gönnte sich Fred Armstrong erst einmal ein Bier. Der US-amerikanische Headcoach des neuen Leipziger Footballteams Leipzig Kings hatte bei der Heimspielpremiere zwar ganz knapp mit 47:48 gegen die Cologne Centurions verloren. Doch viel wichtiger war, dass das aus dem Boden gestampfte Team in der neu geschaffenen European League of Football (ELF) eine mitreißende Show und Spannung bot, mithalten konnte und der Funke auf die etwa 2.200 Zuschauer übersprang.
„Es war ein großartiges Footballspiel, mir sind die Tränen in die Augen geschossen, als ich nach draußen gelaufen bin und all die Leipziger gesehen habe, die heiß auf dieses Match sind“, sagte Armstrong euphorisiert. „Auf der Anzeigetafel steht nur das falsche Ergebnis.“

Dass am 4. Juli in Leipzig überhaupt ein Heimspiel würde stattfinden können, war noch vor zwei Monaten nicht absehbar gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte das eilig installierte Team weder Spieler noch Strukturen, und es gab auch keinen Ansprechpartner vor Ort. Gerade einmal gut vier Wochen blieb der Mannschaft Zeit, sich auf das erste Auswärtsspiel vor zwei Wochen in Berlin vorzubereiten, das die Kings überraschend gewannen.
Leipzig Kings vor dem ELF-Start unter Zeitdruck: „Ein Höllenritt“
Sechs Wochen und zwei Tage waren nun seit dem ersten Training bis zum Heimspieldebüt vergangen. Ein „Höllenritt“, wie Björn Schultz sagt, der eigentlich Handballprofis managt und nun als externer Dienstleister im Auftrag der ELF den Standort Leipzig aufbaut.
Dafür steht ein siebenstelliger Etat zur Verfügung, ähnlich dem eines Aufsteigers in der Handball-Bundesliga. Drei Gesellschafter, die zunächst nicht genannt werden wollen, finanzieren aktuell den Leipziger Standort. Perspektivisch sollen auch regionale Geldgeber dazukommen. „Die Gegebenheiten sind ähnlich wie bei RB oder DHfK vor zehn Jahren“, sagt Schultz. „Es muss alles auf den Weg gebracht werden, und wir versuchen, das hier anzustoßen.“
Überraschend viele Neugierige hatten bei Temperaturen über 30 Grad den Weg in den Alfred-Kunze-Sportpark gefunden, wo sonst Fußball-Regionalligist BSG Chemie spielt. Zwar will die ELF perspektivisch ein Hochglanz-Produkt in modernen Arenen schaffen, doch zum Auftakt hatte gerade der Kontrast zwischen dem urigen Stadion und dem bunten Football-Spektakel Charme.

Gekommen waren American-Football-Kenner aus Leipzig und dem gesamten Osten, „Chemiker“, die mal schauen wollten, was in ihrem Stadion so geschieht und auch diverse Fans von RB Leipzig, die sich wohl an die Anfangstage in Markranstädt erinnert gefühlt haben dürften. Viele Fans trugen die Trikots ihrer Lieblingsklubs aus der NFL.
Leipzig Kings haben schon die ersten eigenen Fans im Stadion
Doch auch die Kings haben ihre ersten Supporter, die sich auf dem Dammsitz auf der Gegengerade lautstark bemerkbar machten und sich auch optisch zu erkennen gaben. Zur Halbzeit waren etwa 100 der dunkelgrün-weißen Shirts verkauft, die großen Größen waren teilweise schon vergriffen. Eine Gruppe Teenager hatte sich Kronen aufgesetzt, um die Kings anzufeuern; andere hatten aus Pappe ein „D“ und einen Zaun (auf Englisch: „fence“) gebastelt, um mit dem Wortspiel die Defense anzufeuern.
Gerade, als die Kings in der Schlussphase in Führung gingen, wurde es laut und ausgelassen im Stadion. Übrigens: Auch HFC-Stürmer Terrence Boyd, der aufgrund seiner amerikanischen Wurzeln großes Football-Interesse hat und sich sogar als Kicker selbst ins Gespräch gebracht hatte, schaute sich die Premiere interessiert an.
Das mit viel Kritik aus der etablierten Bundesliga-Footballszene gestartete neue Ligaformat von Patrick „Coach“ Esume und dem ehemaligen Pro7-Manager Zeljko Karajica hat in Leipzig zum Auftakt ziemlich gut funktioniert. Nun geht es darum, Strukturen aufzubauen – auf und abseits des Platzes.
In einer Woche sind die Kings, die sich offensiv stark, aber zu naiv in der Defensive präsentierten, bei Stuttgart Surge gefragt. „Das nächste Spiel ist wie ein Super Bowl für uns, ein Must-win-Game“, kündigte Armstrong an.