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Ex-RBL-Kapitän RB Leipzig: RBL-Rekordstürmer Daniel Frahn spricht über seine Zeit beim Red Bull-Klub.

Von Ullrich Kroemer 23.03.2016, 12:38

Leipzig - Daniel Frahn ist Rekordspieler und erste Vereinslegende in der jungen Geschichte von RB Leipzig. In dem gerade erschienen Buch„RB Leipzig – Aufstieg ohne Grenzen”berichtet der derzeitige Chemnitzer ebenso ausführlich und offen über seine ersten Jahre bei RB Leipzig wie über seine Demission im vergangenen Jahr. Frahn sagt: „Ralf Rangnick und Alexander Zorniger hatten vom ersten Tag an einen Plan, den sie konsequent umgesetzt haben. Genau daran hatte es vorher gefehlt.” Aber der Ex-„Capitano” schlägt auch kritische Töne an. Die MZ veröffentlicht einen Auszug des Gesprächs.

RB Leipzig polarisiert: Manche sehen in Rasenballsport den Untergang aller Fußballtraditionen. Andere hoffen darauf, dass die Leipziger die Langeweile um Dauermeister Bayern München beenden können. Und in Leipzig freuen sich viele, endlich wieder hochklassigen Fußball zu sehen. MZ-Autor Ullrich Kroemer präsentiert mit „Aufstieg ohne Grenzen” die erste Vereinsgeschichte: von der Gründungsphase über die sportlich wechselhaften Jahre in der Regionalliga bis zum bevorstehenden Aufstieg in die Bundesliga. Auch durch zahlreiche Interviews entsteht ein facettenreiches Vereinsporträt mit allen spannenden, darunter auch kritischen Themen rund um den Klub. Bei der MZ lesen Sie in den kommenden Tagen einige Auszüge aus dem Buch.

Herr Frahn, hat sich der Erfolgsdruck bei RB Leipzig mit dem Amtsantritt von Ralf Rangnick 2012 erhöht?
Frahn: Absolut. Ich hatte immer das Gefühl: Wenn ein neuer Spieler verpflichtet wurde, wurde schon geschaut, ob es nicht irgendwo einen noch besseren auf der Position gibt. Egal, wie viele Tore ich in der vierten Liga geschossen hatte. Im Jahr darauf war trotzdem ein neuer Stürmer da. Mit Ralf Rangnick sind die Anforderungen noch einmal gestiegen. Man stand immer unter dem Druck, extrem gut sein zu müssen.

Angesichts des rasanten Aufstiegs wurde es immer schwieriger, auf persönliche Befindlichkeiten Wert zu legen?
Frahn: So ist es bei RB. Es ist schade, dass die Menschlichkeit in diesem Punkt ein Stück weit verloren ging. Ich denke, wir waren da mit Alexander Zorniger auf dem richtigen Kurs. Er hat auch mal auf die Bremse getreten und gesagt, dass der etwas langsamere Weg vielleicht nachhaltiger ist. Meiner Meinung nach war das auch eine gute Strategie, um nicht überall so extrem gehasst zu werden, wie es jetzt leider wieder der Fall ist. In der dritten Liga hatten wir uns mit der Spielweise und unserem Konzept Anerkennung erarbeitet, weil wir guten Fußball gespielt haben. Jetzt ist das wieder in den Hintergrund gerückt. Mit so viel Geld, denken die Leute, muss RB ja zwangsläufig guten Fußball spielen.

Was war nach den zwei Aufstiegsjahren und dem guten Start in der zweiten Liga der Knackpunkt, dass RB vom Aufstiegskurs abgekommen ist?
Frahn: Dass man Alexander Zorniger und uns nicht die Ruhe gegeben hat, einfach weiterzuarbeiten. Es ist doch nachzuvollziehen, dass man nicht drei Jahre hintereinander zwangsläufig nur erfolgreich sein kann. Die vierte Liga ist nun mal nicht mit der zweiten Liga zu vergleichen. Da hätte ich mir gewünscht, dass mehr Ruhe geherrscht hätte und dass mehr Vertrauen in uns gesetzt worden wäre. Aber daran sieht man, dass diese Zeit bei RB nicht vorhanden ist oder nicht vorhanden sein darf. Das hat letztlich auch zur Entlassung von Alexander Zorniger geführt.

Waren Sie auch so überrascht von der plötzlichen Trainerentlassung wie die Öffentlichkeit?
Frahn: Wir haben das auch nicht geahnt. Alexander Zorniger hatte sich in der Winterpause 2014/15 gewünscht, dass ich im Verein bleibe und mich durchbeiße. Wegen ihm bin ich auch in Leipzig geblieben. Da war es schon extrem überraschend, dass er nur ein Spiel nach der Winterpause seine Koffer packen musste.

Hat diese unvermittelte Entlassung dem Team einen Knacks gegeben?
Frahn: Vor allem bei denjenigen, die schon länger mit ihm zusammengearbeitet hatten. Für uns, die wir zweieinhalb Jahre nur Erfolgserlebnisse und viel Spaß miteinander hatten, war es ein Schock.

Sie und andere etablierte Spieler saßen plötzlich nur noch auf der Tribüne.
Frahn: Für mich war das nach der Trennung von Zorniger absehbar. Für einige andere kam es überraschender. Es wäre aus meiner Sicht gut gewesen, wenn das Team uns in diesen Monaten noch dabei gehabt hätte. Egal, ob auf dem Feld oder als Unterstützung auf der Bank.

Ausmusterung war "ein Schlag ins Gesicht"

Wie haben Sie die drei Monate unter Interimstrainer Achim Beierlorzer erlebt?
Frahn: Das war eine sehr prägende Zeit für mich, die ich nicht missen möchte. Ich nehme aus diesen Monaten viel für mein weiteres Leben mit. Es war klar und schade, dass nicht mehr auf mich gezählt wird – egal, wie viele Tore ich im Training schieße. Das war ärgerlich.

Wann haben Sie gespürt, dass Ihre Zeit bei RB abgelaufen ist?
Frahn: Alexander Zorniger hat mir kurz vor Weihnachten mitgeteilt, dass im Winter zwei neue Stürmer verpflichtet werden sollen und ich mir Gedanken über meine Zukunft machen soll. Auch das kam für mich extrem überraschend. Das war schon ein Schlag ins Gesicht. Natürlich war das erste halbe Jahr nicht so verlaufen, wie ich es mir vorgestellt habe. Aber dass das auch für mich das erste Zweitligajahr war und auch ich etwas Anlaufzeit benötige, haben anscheinend einige vergessen. Ich habe dann Anfang Januar mit meinem Berater entschieden, in Leipzig zu bleiben, und das haben wir Ralf Rangnick dann auch so mitgeteilt.

Rückblickend ein Fehler angesichts der Entwicklung?
Frahn: Nee, ich konnte jeden Abend in den Spiegel schauen, weil ich wusste, dass ich hart gearbeitet und mein Bestes gegeben habe. Andere würden das vielleicht als verschenktes halbes Jahr betrachten. Aber wie ich bereits gesagt habe, das sehe ich nicht so. Ich habe gelernt, wie der Fußball tickt.

Wie wichtig war Ihnen Ihre Verabschiedung im letzten Ligaspiel gegen Greuther Fürth vor über 27.000 Zuschauern?
Frahn: Das hat mir viel bedeutet. Das letzte Spiel mit meinem letzten Tor war sensationell. Ich will auch niemandem einen Vorwurf machen, weil das letzte halbe Jahr nicht wie gewünscht lief. Ralf Rangnick und Co. haben für einen schönen Abschied für mich gesorgt, haben mich ohne Hürden gehen lassen.

Zwischen Ihrem letzten Spiel und der ersten Partie gegen Türkiyemspor lagen noch weitere 161 Pflichtspiele für RB. Insgesamt haben Sie 93 Tore und 36 Vorlagen auf dem Konto. Was bedeuten Ihnen diese Rekorde, die so schnell wohl nicht eingestellt werden?
Frahn: Das ist ein schöner Nebeneffekt. Aber wenn ich die Zahlen höre, denke ich zuerst an die Jungs, die mir dazu verholfen haben. Allein, wenn ich überlege, wie viele Tore mir Stefan Kutschke (RB-Stürmer von 2011 bis 2013, Anm. d. Autors) aufgelegt hat. Natürlich bin ich stolz darauf, dass mein Name in Leipzig mit Toren verbunden wird. Aber ich nehme mich da nicht zu wichtig.

Sie betonen, wie wichtig Ihre Erfahrungen in Leipzig für die Zeit nach Ihrer aktiven Karriere sein könnten. Was haben Sie konkret im Blick? Und: Können Sie sich eine Rückkehr zu Rasenballsport vorstellen?
Frahn: Ich würde später gern mit Jugendlichen als Trainer arbeiten. Da konnte ich von meinen verschiedenen Trainern und aus den spannenden Jahren bei RB Leipzig vieles mitnehmen. Da wir uns im Guten verabschiedet haben, kann ich mir natürlich auch vorstellen, irgendwann einmal nach Leipzig zurückzukehren. Alles in allem waren das fünf sehr intensive, erfolgreiche, aber auch lehrreiche Jahre. (mz)