RB Leipzig RB Leipzig: Nach dem 1:3 in Nürnberg ist der direkte Aufstieg wieder in Gefahr

Nürnberg - Als der überragende Guido Burgstaller das 3:1 für den 1. FC Nürnberg in der Nachspielzeit erzielt hatte, waren die Fans der Gastgeber nicht mehr zu halten. Die meisten der 40.860 Zuschauer veranstalteten nach dem Sieg im Spitzenspiel gegen RB Leipzig einen Höllenlärm.
Dass ihr „Glubb“ aus Nürnberg „the machine“ aus Leipzig – wie es auf einem Plakat hieß – in diesem so wichtigen Duell bezwungen hatte, versetzte die Franken in einen kollektiven Jubelrausch in Rot-Schwarz.
Ebenso leidenschaftlich wie die Anhänger auf den Rängen feierten, waren die Hausherren zuvor auf dem Platz aufgetreten. Und eben diese Leidenschaft war es, die den Gästen in den entscheidenden Phasen fehlte. Genauso wie - ohne Dominik Kaiser und Diego Demme - die spielerische Leichtigkeit aus dem Mittelfeld heraus. Und deshalb ergibt sich ein neues Szenario, das dem Aufstiegsfavoriten so gar nicht in den Kram passt: Durch die am Ende deutliche Pleite ist der Kampf um die direkten Aufstiegsplätze wieder völlig offen. Nürnberg ist dem Tabellenführer RBL mit nur drei Zählern Rückstand im Nacken.
Mehr noch. Falls Freiburg heute gegen den Karlsruher SC gewinnt, könnten die Leipziger sogar erstmals seit dem 18. Spieltag ihren Spitzenplatz einbüßen. Das Unternehmen Aufstieg ist plötzlich in der dünnen Luft gefährdet.
„Wir sind der absolut verdiente Sieger“, sagte Burgstaller hinterher bei „Sky“. Teamkollege Niclas Füllkrug erklärte: „Leipzig hat heute vielleicht einmal richtig aufs Tor geschossen. Wir waren stark in der Defensive.“ Der FCN bleibt als einziges Team der zweiten Bundesliga zu Hause ungeschlagen, hat seit insgesamt 17 Spielen nicht mehr verloren. Leipzig schwächelt dagegen auswärts auf wundersame Weise.
Selke trifft zur Gäste-Führung
Dabei war RB Leipzig nach einer passablen ersten Hälfte sogar einigermaßen überraschend durch Davie Selke mit 1:0 in Führung gegangen (52.). „Das 0:1 hat uns natürlich nicht gepasst, wir waren bis dahin die bessere Mannschaft“, analysierte Nürnbergs Trainer René Weiler. „Aber wie wir reagiert haben, wie viel Wucht und Wille die Mannschaft gezeigt hat, ist aller Ehren Wert.“
Bei etwa fünf Grad hatte Weiler das ganze Spiel über im Pullover an der Seitenlinie gestanden – ein schönes Synonym dafür, wie heißblütig sich der 1. FCN präsentierte. Es war von Beginn an förmlich zu greifen, wie viel für beide Klubs an diesem Nachmittag auf dem Spiel stand. Doch Weilers Team war einen Tick präsenter, bissiger, hatte die spektakuläreren Aktionen.
Dass sich die Gastgeber auch von Selkes Treffer nicht aus dem Konzept bringen ließen, gehört zu den Überraschungen dieses Spiels. Nach einer Ecke traf zunächst Ondrej Petrak nach einem verunglückten Klärungsversuch von RBL aus dem Gewühl heraus (70.) zum 1:1. Danach schoss Niclas Füllkrug nach schöner Vorarbeit von Burgstaller mit einem Volleyschuss das 2:1 (76.).
Leipzig hatte keine Antwort. „Die Niederlage ist extrem ärgerlich, wenn man in Führung geht, die Trümpfe selbst in der Hand hat und dann noch 1:3 verliert“, sagte RBL-Chefcoach Ralf Rangnick. „Wir hätten vor allem beim ersten Gegentor disziplinierter verteidigen müssen. Das hat dafür gesorgt, dass die Hoffnung bei den Nürnbergern wieder aufgeblüht ist. Als es 2:1 stand, waren wir nicht in der Lage, noch einmal zu reagieren“, ärgerte er sich.
Was Torschütze Selke und Trainer Rangnick zu der Niederlage sagen
RB war die Grippewelle der vergangenen zwei Wochen noch anzumerken. Zwar waren fast alle angeschlagenen Spieler pünktlich vor dem Auftritt beim 1. FCN wieder fit geworden. Doch bei Akteuren wie Stefan Ilsanker war zu erkennen, dass sie derzeit ihren Rhythmus suchen.
Torhüter Peter Gulacsi, neben Selke der einzige RBL-Kicker, der sich äußern mochte, analysierte selbstkritisch: „Nach dem 1:0 hatten wir keine Phase mehr, in der wir gute Spielkontrolle, klaren Ballbesitz oder gefährliche Aktionen hatten. Das ist nicht unser Spiel. Normalerweise sind wir viel sauberer mit dem Ball.“ Torschütze Selke sagte: „Wenn wir 1:0 in Führung gehen, müssen wir mindestens einen Punkt mitnehmen. Das haben wir nicht geschafft, und das müssen wir uns auf jeden Fall ankreiden.“
Rangnick war zwar enttäuscht, nahm die dritte Pleite im vierten Spiel in der Fremde 2016 aber sportlich. „Wir müssen das Spiel heute akzeptieren“, sagte er. „Das hat wehgetan, aber wir haben alles weiterhin in den eigenen Händen und Füßen.“
Hoffnung heißt Heimspiele
Während Rasenballsport in der Hinrunde auswärts von Sieg zu Sieg geeilt und ungeschlagen war, ist dieser Nimbus durch nun drei verlorene Spitzenpartien in Serie gefallen. Stattdessen konzentriert sich der Red-Bull-Klub nun auf die verbleibenden Auftritte daheim. „Wir müssen sehen, dass wir die vier verbleibenden Heimspiele gewinnen. Und wir sind auch auswärts immer in der Lage, Punkte mitzunehmen“, sagte Rangnick. Fast erleichtert meinte er: „Die Länderspiel-Pause tut uns gut.“
Gulacsi gab die Marschroute im Saisonendspurt für die verbleibenden sieben Spiele vor. „Jetzt ist es enger als vorher, aber es gibt noch sieben Pokalfinals für uns, von denen wir jedes Spiel gewinnen wollen“, sagte der Ungar. (mz)
