Ex-DDR-Nationaltrainer RB Leipzig: Ex-DDR-Nationaltrainer Bernd Stange glaubt an Erfolg des Klubs

Leipzig - Gerade einmal 5.100 Zuschauer verloren sich am 7. Mai 1994 im riesigen Zentralstadion. Sie erlebten, wie Ulf Kirsten zum 3:2 für Bayer Leverkusen traf – für lange Zeit das letzte Tor in einem Erstligaspiel mit Leipziger Beteiligung. Mit dem Abstieg des VfB Leipzig erlosch das Licht auf der Leipziger Bundesliga-Bühne für sehr lange Zeit – über 22 Jahre ist das letzte Heimspiel nun her.
„Dass der Leipziger Fußball so tief fallen würde, habe ich damals nicht für möglich gehalten“, sagt Bernd Stange. Der frühere DDR-Nationaltrainer betreute 1993/94 den VfB in dessen einziger Bundesliga-Saison. „Wir konnten aus dem Aufstieg in die Bundesliga damals kein Kapital schlagen“, sagt Stange. Mit Bernd Hobsch wurde der beste Spieler verkauft. Und die 20.000 Mark Monatsgehalt für Stanges Wunschspieler Olaf Marschall konnte sich der Klub nicht leisten. „Leipzig hatte damals kein Geld und keine Geduld, den systematischen Aufbau eines Ostklubs weiter voranzutreiben“, sagt Stange. „Die erste Liga kam zu früh.“
Wenn der Bundesliga-Zirkus nun an diesem Samstagabend nach 8 163 Tagen zurück in die Messestadt kommt, verfolgt Stange das „mit Genugtuung“, wie er sagt. „Ich freue mich einfach, dass die fußballbesessenen Leipziger jetzt wieder einen Klub haben und dass es nach so vielen Jahren endlich wieder eine Traditionsstadt im Osten in die Bundesliga geschafft hat.“ Seit dem Abstieg von Energie Cottbus 2009.
Stange hat die Entwicklung bei RB Leipzig intensiv verfolgt: „Bei RB kommen Geld, Kompetenz und ein klarer Weg zusammen. Der Klub wird durchschlagend erfolgreich sein“, sagt er. Der Kritik an RB Leipzig kann er rein gar nichts abgewinnen: „Das Gerede vom künstlichen Retortenklub ist völliger Kokolores, weil RB Leipzig den Verein auf feste Füße gestellt hat“, sagt er. Der Weltenbummler, bis zum Frühjahr in Singapur tätig, sagt: „Diese ganzen Feindseligkeiten gehen an den wahren Fußballfans in Leipzig total vorbei. Diejenigen, die ins Stadion strömen, interessieren keine politischen Kämpfe. Die wollen Bundesliga sehen.“
So wie Nicole Hundt. Die 41-Jährige drückte einst Chemie Leipzig die Daumen und ist heute Fanvertreterin von RB Leipzig. Sie sagt: „Die Leute sind seit Wochen unheimlich aufgeregt, fiebern auf dieses Spiel hin, verbinden Hoffnungen und Träume damit.“ Viele RB-Fans zählten bereits seit Tagen den Countdown bis zum Anpfiff herunter, berichtet sie. „Uns ist bewusst, dass dieses erste Spiel in der Bundesliga etwas Geschichtsträchtiges ist. Ich hätte noch vor einigen Jahren nie gedacht, dass Leipzig mal wieder in der Bundesliga spielt.“
Für das Debüt gegen Dortmund arbeitet die aktive Fanszene von RB seit Wochen an einer Choreografie. Der Inhalt ist ebenso streng geheim wie zwei Überraschungsaktionen seitens des Vereins, die für Samstag geplant sind. So ist die Euphorie in der Stadt zwar nicht unbedingt an „jeder Ecke“ zu spüren, wie RB-Trainer Ralph Hasenhüttl formulierte, aber zumindest in der wachsenden Fan- und Sympathisanten-Basis in Leipzig und Region greifbar.
Selbst Heiko Scholz, Trainer des einstmaligen Platzhirschs Lok Leipzig, freut sich an diesem Wochenende ausnahmsweise gleich doppelt auf RB Leipzig: „Eine Mannschaft wie Dortmund war sehr lange nicht mehr zum Ligaspiel in Leipzig“, sagt er. Scholz hat kein Problem mit RB, wird sich die Partie im Fernsehen anschauen. Sein Wochenend-Höhepunkt folgt allerdings am Tag darauf, wenn Regionalliga-Aufsteiger 1. FC Lok die U23 von RBL empfängt. Für die Lok’sche einer der Saisonhöhepunkte. Es werden etwa 6.000 Zuschauer erwartet – mehr, als am 7. Mai 1994 in der Bundesliga dabei waren.
Selbst in den Niederungen ist RB Leipzig nicht mehr wegzudenken aus der Fußballstadt Leipzig. (mz)