Oscar Pistorius Oscar Pistorius: Die tödlichen Schüsse am Valentinstag

Pretoria - Der unter Mordanklage stehende südafrikanische Paralympics-Star Oscar Pistorius hat sich am ersten Jahrestag der tödlichen Schüsse auf seine Freundin Reeva Steenkamp zum ersten Mal seit langer Zeit wieder öffentlich geäußert. „Worte können meine Gefühle über den verheerenden Unfall nicht beschreiben, der allen, die Reeva liebten, so viele Schmerzen bereitet hat“, schrieb Pistorius in einem Statement auf seiner Webseite. „Der Schmerz und das Leid - besonders für Reevas Eltern, Familie und Freunde - erfüllen mich mit Trauer“, hieß es dort weiter: „Der Verlust von Reeva und das Trauma des Tages werden mich den Rest meines Lebens begleiten.“
Was geschah in dieser Nacht?
Ein Jahr nach den tödlichen Schüssen im Haus von Oscar Pistorius ist für die Familie des Opfers Reeva Steenkamp die Tragödie immer noch präsent. „Alles, was wir wollen, ist, endlich einen Abschluss zu finden“, hieß es vor wenigen Tage in einem Statement ihrer Angehörigen: „Wir wollen wissen, dass sie nicht gelitten hat.“
Doch was genau in dieser tragischen Nacht des 14. Februar 2013 im Haus des Paralympics-Star passierte, ist immer noch nicht geklärt. Der Mordprozess gegen den unterschenkelamputierten „Blade Runner“, der durch seine Lebensgeschichte und sportlichen Erfolge zum Idol eines ganzen Landes geworden war, beginnt am 3. März.
Vorsätzlicher Mord oder tragische Verwechslung? Diese Frage muss das Gericht in der südafrikanischen Hauptstadt klären. Klar ist nur: Der mittlerweile 27 Jahre alte sechsmalige Paralympics-Sieger erschoss am frühen Morgen seine damalige Lebensgefährtin durch die geschlossene Badezimmertür. In der Anhörung beteuerte Pistorius immer wieder, er habe Steenkamp für einen Einbrecher gehalten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm dagegen Absicht und Vorsatz vor.
Lebenslange Haftstrafe droht
Wird Pistorius wegen Mordes verurteilt, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Kommt das Gericht zu dem Schluss, die Schüsse auf Steenkamp seien grob fahrlässig gewesen, beträgt die Höchststrafe 15 Jahre. Derzeit befindet er sich gegen eine Kaution von umgerechnet etwa 85.000 Euro in Freiheit.
Auch wenn ein Urteil noch längst nicht gesprochen ist, der einstige Held Südafrikas ist längst entzaubert. Dabei war Pistorius Vorbild und Inspiration - seit den Vorfällen ist davon nicht viel übrig. Auch weil im Laufe der Ermittlungen immer wieder unschöne Details aus seinem Leben ans Licht kamen.
Steenkamps Eltern hatten von heftigen Streitereien des Paars berichtet, die Polizei erklärte, es habe bereits zuvor mehrere „Vorfälle“ im Hause Pistorius gegeben. Nicht nur in Südafrika, sondern auf der ganzen Welt verfolgten die Menschen fassungslos und ungläubig die Geschehnisse.
Seitdem hat sich Pistorius fast völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Das zwischenzeitlich wieder aufgenommene Training brach er ab. Der während der ersten Anhörung immer wieder von Weinkrämpfen geschüttelte Läufer soll zudem selbstmordgefährdet gewesen sein.
Niemand glaubt an Fortsetzung seiner Karriere
An eine Fortsetzung seiner schier märchenhaften Karriere glaubt derzeit ohnehin niemand. 2012 in London durfte Pistorius als erster beinamputierter Läufer bei Olympischen Spielen starten. Mittlerweile hat er seine wichtigsten Sponsoren verloren, rund zwei Millionen Euro soll er zuvor jährlich durch Werbeverträge verdient haben.
Derzeit verhandelt Pistorius mit der Familie Steenkamps über eine außergerichtliche Einigung und mögliche Entschädigungszahlungen. Medienberichten zufolge soll er etwa 200.000 Euro zu zahlen bereit sein, um so einen Zivilprozess zu vermeiden. Eine Auswirkung auf die im März beginnende Gerichtsverhandlung hat dies aber nicht.
Erst in dieser Woche einigte sich Pistorius im Fall einer weiteren Anklage außergerichtlich. Seit 2009 lief gegen ihn eine Anzeige wegen Körperverletzung, schon damals hatte er einen Tag hinter Gittern verbracht. Eine Freundin seiner damaligen Lebensgefährtin hatte ihn beschuldigt, sie auf einer Party verletzt zu haben. (sid)