Operation statt EM-Kampf Operation statt EM-Kampf: Boxer Dominic Bösel an Achillessehne operiert

Halle (Saale) - Die gute Nachricht zuerst: „Dominic Bösel hat die Operation gut überstanden“, gab Boxtrainer Rainer Rauchfuß am Mittwochmittag der MZ am Telefon Entwarnung. Sein Schützling hatte sich kurz zuvor bei ihm vom Krankenbett aus gemeldet und signalisiert, dass der medizinische Eingriff in Halles Sportklinik ohne Komplikationen verlaufen sei.
Der Profiboxer war da wegen akuter Schmerzen an der Achillessehne am rechten Fuß operiert worden. Deshalb kann er, und das ist die schlechte Nachricht, am Samstag in Leipzig den EM-Titel im Halbschwergewicht gegen seinen SES-Stallgefährten Enrico Kölling nicht verteidigen.
Vorerst nicht. „Der Kampf ist nur verschoben worden“, sagt Ulf Steinforth zu der am Montag gefällten Entscheidung. Der Promoter führt neben dem Freyburger auch den Pflichtherausforderer Kölling aus Berlin auf seiner Gehaltsliste. Sobald Bösel wieder fit ist, soll die Vorherrschaft innerhalb Europas im Halbschwergewicht geklärt werden.
Die Boxgala im Leipziger Kohlrabizirkus indes findet natürlich trotzdem statt. Denn mit dem Schlagabtausch zwischen den von Thorsten Schmitz trainierten Jack Culcay und dem Spanier Adasat Rodriguez um die EU-Meisterschaft im Mittelgewicht gibt es einen weiteren Titelkampf. Auch Kölling wird sich dem Publikum vorstellen, wenngleich gegen einen anderen Gegner: gegen den Letten Andrejs Pokumeiko.
Einen gut im Training stehenden Ersatzmann ausfindig zu machen so kurz vor Ultimo war für die Organisatoren sicher nicht leicht. Und auch der MDR als übertragender TV-Sender wird wahrscheinlich nicht gejubelt haben angesichts der so kurzfristigen Programmänderung. „Das passiert hin und wieder im Sport, auch Athleten sind vor Erkrankungen und Verletzungen nicht gefeit“, demonstriert Steinforth Gelassenheit und erklärt, wie sein Boxstall in solchen Fällen ein Fiasko zu vermeiden versucht: „Wir haben immer zwei Hauptkämpfe pro Veranstaltung.“
Ärgerlich ist das trotzdem. Für die Bösel-Fans, die Karten geordert haben. „Vor allem aber für Kölling“, weiß Steinforth. Der hat sich schließlich auf eine EM vorbereitet. Jetzt nicht in ein tiefes Loch zu fallen, ist sicher eine Kunst. Am liebsten hätte es Kölling gesehen, dass Bösel seinen Titel niederlegt und damit freigibt, bis er wieder in der Lage ist, ihn sich zurückholen zu können.
Steinforth sieht das anders. „Warum“, fragt der Magdeburger, „sollte Dominic so etwas tun?“ Eine solche Vorgehensweise sei nicht üblich. Die Frage, ob er mit dem stallinternen Duell einen seiner beiden Boxer von der Gehaltsliste kriegen will, hatte Steinforth schon in einem früheren Gespräch vehement verneint.
Fakt ist aber: Für Bösel wir es selbst mit ausgeheilter Achillessehne schwer. Das weiß auch Coach Rauchfuß. Schon nach seiner Niederlage gegen Karo Murat vor elf Monaten in Dresden waren Stimmen laut geworden, die die WM-Tauglichkeit des 28-Jährigen anzweifelten.
„Der Kopf wird entscheiden“, denkt Rauchfuß. Der Wittenberger steht erst seit zehn Wochen seinem früheren Amateurschützling im Profigeschäft bei. Ihn auf den Titelkampf vorzubereiten und mit der nötigen Taktik auszustatten, darin sieht er seinen Job. Erst einmal aber muss die Physis wiederhergestellt werden. Mit dem Achillessehnenproblem übrigens schlägt sich Bösel schon seit anderthalb Jahren herum. Letzte Woche in der Sparringsphase sind die Schmerzen unerträglich geworden. Deshalb musste die ursprünglich für die nach dem Kampfabend vorgesehene OP vorverlegt werden.
Läuft der Heilungsprozess nach Plan, wollen Bösel und Rauchfuß noch in diesem Sommer wieder ins Training einsteigen. Und im Herbst dann die Kritiker eines Besseren belehren. (mz)