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Mitteldeutscher Marathon Mitteldeutscher Marathon : Laufen als Lebenshilfe

Von Petra Szag 27.08.2013, 21:28
Daniela Hellner wird beim Mitteldeutschen Marathon mit Basketballer Marcus Zawatzki als Laufpaten eine Innenstadtrunde in Angriff nehmen.
Daniela Hellner wird beim Mitteldeutschen Marathon mit Basketballer Marcus Zawatzki als Laufpaten eine Innenstadtrunde in Angriff nehmen. Schulz Lizenz

Halle/MZ - Sie ringt nach Luft. Und hustet immer wieder. Der Schlauch, der von einem tragbaren Sauerstoffgerät direkt in die Nase führt, verrät: Daniela Hellner ist krank. Ernsthaft krank. Sie leidet an Mukoviszidose, einer unheilbaren Lungenkrankheit. Umso erstaunlicher sind die Worte, die aus ihrem Mund hinter einem schützenden Tuch kommen. „Ehrlich, ich freue mich auf den Marathon.“

Wenn nichts dazwischen kommt, versichert die so zerbrechlich wirkende Frau, ist sie am Sonntag im Rahmen des Mitteldeutschen Marathons dabei und nimmt zumindest eine kleine Runde in Angriff. Mit einem Betreuerstab an ihrer Seite, allen voran Basketballer Marcus Zawatzki von den Rhinos des USV Halle. Der um fast drei Köpfe größere Hüne wird ihr die dreieinhalb Kilo schwere Apparatur abnehmen.

Heike Grasse vom Muko-Förderverein will Daniela Hellner ebenfalls begleiten. Und ihre betreuende Ärztin Bettina Wollschläger vom zertifizierten Behandlungszentrum der halleschen Universitätskliniken ist ebenfalls in der Nähe. Zur Sicherheit für Daniela Hellner und die elf anderen an der Krankheit leidenden MDM-Mitstreiter. Diese haben an dem für sie so außergewöhnlichen Tag alle einen eigenen Laufpaten an ihrer Seite.

Der Aufwand ist enorm. Ihr Vorhaben ist es nicht weniger. „Wir wollen auf die Mukoviszidose-Erkrankten und ihre schwierige Situation aufmerksam machen“, sagt Heike Grasse. „Und wir wollen dabei helfen, dass sie diese schwierige Situation schaffen und nicht das Gefühl haben, alleine dazustehen“, ergänzt der Kapitän der Regionalliga-Basketballer. Sich mit und ohne Ball zu bewegen, ist seine Leidenschaft. Nicht nur in der Freizeit, Marcus Zawatzki studiert Sport.

Was ihm und vielen anderen so leicht fällt, kostet Daniela Hellner eine Menge Überwindung. Denn für Sport braucht man Kraft, und davon hat sie einfach sehr wenig - obwohl sie so bitternötig wäre, um mit dem vielen Schleim fertig zu werden, der ihrer Lunge zusetzt seit sie auf der Welt ist und der auch andere Organe wie Bauchspeicheldrüse oder den gesamten Verdauungstrakt attackiert. „Wenn ich dann aber mein Sportpensum durchgezogen habe, wenn ich eine Runde gegangen bin oder an meinem Fitnessgerät zu Hause war, dann ist das ein wahnsinnig gutes Gefühl. Es macht mich stolz“, sagt Daniela Hellner.

Der Kopf hat also auch etwas davon. Und der Rest des Körpers sowieso. „Für eine Lungen-Transplantation braucht man Muskeln“, erklärt ihre Ärztin, warum sie die sportlichen Ambitionen ihrer Patientin so fördert. Andere Betroffene zeigen Berührungsängste. Natürlich ist da die Furcht, den Anstrengungen nicht gewachsen zu sein. Und es fällt auch nicht jedem leicht, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen mit Sauerstoffgerät und Schutzmaske.

„Mir macht das schon lange nichts mehr aus“, sagt die kleine Frau. Seit 2008 ist das Sauerstoffgerät ihr ständiger Begleiter. In Benndorf, wo die 39-Jährige mit ihrem Lebensgefährten und dem 13 Jahre alten Sohn wohnt, ist der nicht alltägliche Anblick längst Alltag geworden. Und auch auf ihrer Arbeitsstelle, einem privaten Krankenpflegedienst, akzeptiert man sie so, wie sie ist. Mit den erstaunten Blicken ihr Unbekannter hat sie im Laufe der Jahre gelernt fertig zu werden.

Und doch ist die Sehnsucht nach einem ganz normalen Leben da. Für Daniela Hellner gehört der Sport dazu. „In der Schule habe ich gern Sport gemacht, auch wenn er bei mir nicht benotet wurde“, erzählt sie, vor allem die Ausdauerdisziplinen hatten es ihr angetan.

Viele Möglichkeiten, sich selbst zu versuchen, hat Daniela Hellner heute nicht mehr. Deshalb ist sie auch sehr froh darüber, dass die Rhinos seit Anfang des Jahres den Muko-Förderverein mit ihrem Projekt „rhinos4help“ unterstützen. Schon mehrmals hat sie bei den Basketball-Spielen zugeschaut. Und auch schon mal einen Ball in der Hand gehabt. „Das Dribbeln beispielsweise hilft den Patienten“, weiß Bettina Wollschläger, erleichtert ihnen das Abhusten, es hat den gleichen Effekt wie etwa eine Rüttelweste.

Der Basketball spielt am Sonntag aber nicht mit, nur die Männer, die sonst immer mit ihm auf Korbjagd gehen. Und Daniela Hellner. Wenn nichts dazwischenkommt, hatte sie anfangs gesagt. Ein Anruf zum Beispiel, dass sie nach Hannover in die Klinik kommen soll, weil eine neue Lunge für sie da ist. Bleibt der Anruf aus, wird Daniela Hellner weiterkämpfen, und so gut es geht den Sport dafür nutzen.