Schubert vor Jubiläum Schubert vor Jubiläum: Gummistiefel stehen vor Schlittschuhen

Halle (Saale) - Man muss es so klar sagen: Matthias Schubert ist in dem kleinen Test beim Interview mit der MZ sang- und klanglos durchgefallen. „Nein“, sagt der Eishockey-Stürmer der Saale Bulls, „auf Kommando sächseln geht nicht.“ Dafür brauche er erst einen akustischen Anstoß von außen. „Wenn ich zum Beispiel bei meiner Oma bin, dann kommt das wieder.“ Aber immerhin bietet er zum Ausgleich eine kleine Alternative an: „Ein bisschen Hallesch, das typische ,Meiner’, das geht sofort.“
Natürlich ist es nur ein kleiner Spaß im Gespräch. Und doch spricht er Bände: Matthias Schubert, der gebürtig aus Werdau kommt, also aus der Nähe von Zwickau oder noch besser: aus der Nähe der Eishockey-Hochburg Crimmitschau, ist längst in Halle heimisch geworden. Seit 2005 steht er mit Unterbrechungen für die Saale Bulls auf dem Eis, heute wird er zum 400. Mal das Trikot überstreifen.
Offiziell sind die Saale Bulls noch nie gegen die EC Harzer Falken angetreten. Den Verein gibt es unter diesem Namen erst seit 2012, zuvor hieß der Klub ESC Harzer Wölfe. Allerdings gab es in der Vergangenheit sehr wohl Spiele gegen Teams aus Braunlage. Darauf bezieht sich der Fakten-Check.
Team-Fakten gegen Braunlage: Kurios: Gegen kaum eine andere Mannschaft war in der Vergangenheit das Ergebnis eines Drittel so sehr Omen für das Endresultat. Dreimal gelang Braunlage in Halle ein 3:0-Abschnitt - immer gewannen sie. Umgekehrt: Bei sieben der neun Heimsiege gelang Halle ein 3:1-Drittel.
Individuelles: Matthias Schubert trägt zum 400. Mal das Trikot der Saale Bulls, es ist sein 350. Pflichtspiel. (Quelle: Mario Schoppa) Die Partie im Nordost-Pokal gegen Braunlage beginnt um 20 Uhr (7.11.2014) im Eisdom an der Selkestraße.
Es ist ein besonderes Jubiläum. Denn dass die Zahl so groß geworden ist, ist auch der Tatsache zu danken, dass Matthias Schubert in seiner Karriere nie wirklich verletzt war. Er klopft sich gegen den Kopf, als wolle er das Glück beschwören. „Zumindest hatte ich nie was Größeres“, sagt er und rätselt selbst, wie eine lange Eishockey-Karriere so verletzungsarm bleiben konnte. Er schmunzelt: „Wahrscheinlich bin ich einfach nie dahin gegangen, wo es wehtut.“
Zweimal hat er in den neun Jahren den Saale Bulls den Rücken gekehrt. 2008 spielte er eine Saison in Chemnitz. Und 2012, nachdem Schubert sein BWL-Studium beendet hatte, gönnte er sich mit seiner Freundin Franziska eine achtmonatige Auszeit. „Work and Travel“. Zu deutsch: Arbeiten und Reisen. Eine Zeit, von der er gern erzählt und die ihm viel gegeben hat.
Orangen gepflückt
„Von Mai bis Dezember waren wir in Australien“, erzählt er. Und wohin auch immer es die beiden verschlug, sie fragten einfach nach Jobs - und bekamen auch welche. „Irgendwie hat das immer funktioniert. Wir haben richtig viele Dinge gemacht - auf einer Plantage Orangen gepflückt, in Hotels geputzt, Pools gesäubert oder gegärtnert.“ Und zum Teil ließ sich dabei richtig gut Geld verdienen. Die Arbeit im Hotel brachte bis zu 20 Dollar pro Stunde ein. Gewohnt hat das Paar die meiste Zeit in einem kleinen Bus auf Campingplätzen. „Wenn du so nah aufeinander lebst, lernst du dich richtig gut kennen“, sagt er.
Arbeit hat Priorität
Die kleine Weltreise beendeten Matthias Schubert und seine Freundin in Fernost. Singapur, Thailand, Malaysia. „Dort waren wir aber nur als Touristen unterwegs und haben nicht gearbeitet.“ Das tut er dafür seit seiner Rückkehr nach Halle umso intensiver. Eishockey, das betont der 29-Jährige, ist heute nicht mehr alles. „Auch wenn es immer noch viel Zeit in Anspruch nimmt.“ Schubert ist bei den Stadtwerken angestellt, als Trainee im Personalwesen. Voriges Jahr posierte er sogar in Gummistiefeln auf dem Titelblatt des Jahresberichts. Und Schubert weiß, wie sehr ihm sein Arbeitgeber in Sachen Sport entgegenkommt. „Ich bin ja quasi jeden Tag mal für drei Stunden weg, um zum Training zu fahren. Das macht nicht jeder Arbeitgeber mit.“
Matthias Schubert, geboren am 31. März 1985 in Werdau, heuerte in der Saison 2005 bei den Saale Bulls an. Seither hat der Stürmer zwei Bestmarken aufgestellt - eine positive und eine negative.
Schubert erzielte in der Saison 2006/07 beim 15:3-Sieg gegen Niesky-Weißwasser den einzigen lupenreinen Auswärts-Hattrick der Vereinsgeschichte.
Nach der Saison 2009/10 wählten ihn die Fans zum MVP, zum wertvollsten Spieler.
Schubert hält zudem eine kuriose Negativmarke: Er ist der statistisch schwächste Penalty-Schütze der Vereinsgeschichte - keiner seiner fünf Versuche landete im Tor. (Quelle: Schoppa)
Wie und ob es nach der Zeit als Trainee bei den Stadtwerken weitergeht, ist noch offen. „Wir hatten bisher gar keine Zeit, darüber zu sprechen“, sagt er. Klar ist: Matthias Schubert möchte auch beruflich in Halle Fuß fassen. Und im Spagat zwischen Eishockey und Job setzt er inzwischen Prioritäten. „Die Arbeit geht vor.“ Oder um im Bild zu bleiben: Wenn es drauf ankommt, stehen Gummistiefel heute vor Schlittschuhen.
Doch eines ist auch klar: Er möchte gern in Halle bleiben. Seine Freundin arbeitet im Marketing bei einem Radiosender. „Wir haben viele Freunde hier“, sagt er. Und wenn es ums Sächseln geht, ist der Weg in die alte Heimat trotzdem überschaubar. (mz)
