Emotionaler Meilenstein LeBron James überflügelt Michael Jordan

Los Angeles - Mit dem Handtuch in den Farben der Los Angeles Lakers wischte sich LeBron James wieder und wieder die Tränen aus dem Gesicht. Er weinte hemmungslos, als nach dem großen Moment Bilder mit Highlights seiner Karriere über den Videowürfel flimmerten. James war mehr als bewegt, nachdem er Michael Jordan in der Scorerliste der NBA hinter sich gelassen hatte – das Idol seiner Jugend, die Ikone des Basketballs.
Mit 34 Jahren hat „King“ James „Air“ Jordan überholt. Er steht bei 32.311 Punkten, der Held seiner Jugend war bis zum Karriereende 2003 auf 32.292 gekommen. „Als Kind aus Akron, Ohio, brauchte ich Inspiration und einen positiven Einfluss“, erzählte James am Mittwoch, „für mich war das MJ.“ Der Beginn einer minutenlangen Eloge.
„Ich habe ihn beobachtet, ich wollte sein wie MJ, wollte werfen wie MJ, wollte meine Zunge raushängen lassen wie MJ, wollte meine Turnschuhe tragen wie MJ. Ich wollte, dass irgendwann Kinder zu mir aufschauen wie zu MJ“, sagte James in der Kabine: „Es ist einfach verrückt, um ehrlich zu sein. Es ist mehr als verrückt.“
Korbleger schreibt Geschichte
Vor dem Heimspiel gegen die Denver Nuggets, das die Lakers am Ende 99:115 verloren, hatten James zum Besten aller Zeiten 13 Punkte gefehlt. Mit einem Korbleger, 5:38 Minuten vor der Pause, zog er vorbei. Nur noch Kareem Abdul-Jabbar (38.387), Karl Malone (36.928) und Kobe Bryant (33.643) stehen vor ihm.
James wird Bryant mit seinen gut 2000 Punkten pro Saison einholen, Malone auch, vielleicht sogar Abdul-Jabbar. Doch das wird nicht so speziell sein, wie Jordan zu übertreffen. „Thank You M.J. 23“, hatte James vor dem Spiel auf seine Schuhsohle geschrieben. Zu Ehren Jordans trägt er in L.A. wieder die Nummer 23, so wie zu Beginn seiner Laufbahn. Zwischendurch war er zur 6 gewechselt.
James überholt sein Idol
Am Ende des großen Abends schwelgte James in Erinnerungen. Rundum glücklich beschrieb er das erste Kennenlernen, „da war ich 15. Es war, als würde ich Jesus treffen“, berichtete James. Und genau deshalb setzte er den Meilenstein mit dem Gewinn seiner drei NBA-Titel gleich.
Kein Wunder, dass ihn die Gefühle übermannten, als es so weit war. „Da sind mir viele Dinge durch den Kopf gegangen. Ich wollte auf den Videowürfel schauen, aber ich wollte nicht, dass jemand sieht, was sich hinter dem Handtuch abspielt“, sagte James, der sein verheultes Gesicht vor den Blicken vergraben hatte.
James freute sich mal wieder über einen persönlichen Erfolg, mehr ist derzeit nicht drin. Die Lakers sind im ersten Jahr mit ihrem neuen Aushängeschild eine einzige Enttäuschung, gegen Denver setzte es im 65. Spiel die 35. Saisonpleite - der nächste Rückschlag im verzweifelten Kampf um die Play-offs. L.A. ist im Westen nur Elfter, acht Teams kommen in die Meisterrunde.
James hatte Ende Oktober den siebtplatzierten Dirk Nowitzki (31.364) überholt, Mitte November den sechstplatzierten Wilt Chamberlain (31.419) und jetzt eben Jordan, der seine Jugend prägte wie kein anderer. Das unterstrich James mit einer weiteren Anekdote. „Wir sind in Akron durch die Straßen gelaufen und haben gesungen, 'Ich will, ich will wie Michael sein'.“ (sid)