IOC-Wahl IOC-Wahl: Fechterin Duplitzer glaubt nicht "dass sich viel ändert"
Halle/MZ - Seit August hat Degen-Fechterin Imke Duplitzer ihre sportliche Heimat in Halle. Die 38-Jährige ist einer der politischsten Köpfe unter Deutschlands Sportlern und eine der schärfsten Kritikerinnen der Sportpolitiker. Christian Elsaeßer sprach mit ihr über die IOC-Vollversammlung und deren Entscheidungen.
Frau Duplitzer, ein Deutscher, noch zudem ein ehemaliger Fechter, ist neuer Präsident des IOC geworden. Jetzt müssten Sie doch eigentlich Freudentänze aufführen.
Imke Duplitzer: Ganz ehrlich, ich bin da völlig emotionslos. Es war auch ein Deutscher Papst, aber deshalb haben wir jetzt nicht mehr Gläubige. Aber immerhin: Thomas Bach hat jetzt acht Jahre Zeit, auch einmal Kante zu zeigen.
Bach hat sich schon als DOSB-Chef nicht gerade durch großen Reformeifer ausgezeichnet. Es ist bekannt, dass Sie nicht gerade ein großer Freund von ihm sind. Was erwarten Sie von Bach?
Duplitzer: Ich habe da keine große Erwartungshaltung, und ich glaube auch nicht, dass sich viel ändern wird. Thomas Bach sagt zum Beispiel, dass er den Anti-Doping-Kampf ganz groß schreibt, aber ein Anti-Doping-Gesetz will er nicht. Er sagt, er wolle für die Modernisierung der Olympischen Spiele eintreten, aber ich befürchte, dass das am Ende nur ein Euphemismus ist: Modernisierung gleich Kapitalisierung.
Genau das war ein großes Thema, als es hieß, dass mit dem Ringen eine ur-olympische Sportart aus dem Programm fliegen soll. Hintergrund war, dass die Sportart nur schwer vermarktbar ist. Das IOC hat nun die Rolle rückwärts gemacht. Das Ringen bleibt. Freut sie das?
Duplitzer: Das tut es. Und ich muss sagen, dass ich schon die Androhung des Rausschmisses eine Unverschämtheit fand. Es ist schon eine Ironie, dass es das IOC damit geschafft hat, sogar Brücken zu bauen zwischen Iran, Russland und den USA (im Mai gab es im Kampf gegen den Olympia-Ausschluss der Sportart in New York einen Schaukampf der drei Länder, Anm. d. Red).
Schaut das IOC zu sehr auf die Vermarktung der Spiele?
Duplitzer: Die Olympischen Spiele sind nach Apple die teuerste Marke der Welt. Das IOC hat hier ein perfektes Produkt, das es zu Geld machen kann. Deswegen glaube ich auch nicht, dass sich viel ändern wird. Ich würde mir aber wünschen, dass das IOC viel mehr für die Werte eintritt, die es nach außen vertritt: Vielfalt, Völkerverständigung, Frieden, Umwelt.
Wie beurteilen Sie die Vergabe der Spiele 2020 nach Tokio?
Duplitzer: Ich kann mit Tokio leben, es ist ein riesiger Ballungsraum, der Olympia logistisch hinbekommt. Aber man muss sich eben auch überlegen: Da versammelt sich die Jugend der Welt, Leute, die sich hier gern schon beschweren, wenn sie gespritztes Gemüse bekommen. Und dann gibt es Olympische Spiele, und gut hundert Kilometer entfernt strahlt eine Atomruine. Das passt nicht zusammen. Und ich würde mir wünschen, dass das IOC seine hehren Werte auch in seinen Vergabekriterien verankert.