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Interview mit Kriminologe Pfeiffer Interview mit Kriminologe Pfeiffer: "Hoeneß kann sich wehren"

13.05.2014, 16:22
Der Kriminologe Christian Pfeiffer glaubt, dass sich Uli Hoeneß (Bild) im Gefängnis gut zurechtfinden wird.
Der Kriminologe Christian Pfeiffer glaubt, dass sich Uli Hoeneß (Bild) im Gefängnis gut zurechtfinden wird. dpa Lizenz

Herr Pfeiffer, was passiert in deutschen Gefängnissen, wenn kein Wärter in der Nähe ist?

Pfeiffer: 17 Prozent der befragten Männer und 11 Prozent der Frauen, gaben  in unserer Untersuchung an, dass sie in den vier Wochen vor der Befragung Opfer von Gewalttaten geworden waren. Aber in  einem Männergefängnis für Ersttäter, die  keine langen Strafen absitzen müssen, ist das Leben weniger gefährlich. In einer Einrichtung, wie sie Herr Hoeneß zu erwartet hat, egal ob es sich um die Strafvollzugsanstalt in Landsberg, Bernau oder eine andere handelt, gibt es weniger gewaltorientierte Mitgefangene. Vor allem aber hat Herr Hoeneß gerade wieder seine Verteidigungsmacht unter Beweis gestellt. Jeder mögliche Straftäter wird sich  dreimal überlegen, ob er sich an diesem prominenten Menschen vergreift.

Von Mobbing, Prügel und Vergewaltigungen  war in Ihrer Untersuchung zu lesen. Was macht Sie so sicher, dass Hoeneß nichts passiert?

Pfeiffer: Kurzfristig könnte man ihn natürlich mit Körpergewalt unter Druck setzen. Aber ob man damit Erfolg hat erscheint zweifelhaft, weil die Mitgefangenen das hier nicht mittragen werden. Sie können sich doch Vorteile davon versprechen, wenn sie  sich schützend vor Hoeneß stellen. Natürlich kann man nicht völlig ausschließen, dass jemand unter Einfluss von Drogen die Kontrolle verliert und dann etwas unbedachtes tut oder dass ein psychisch massiv Angeschlagener versucht, die Prominenz des Mithäftlings zu missbrauchen um als Angreifer auf diesen berühmten Mann eine Art Heldenstatus zu erhalten. Aber auch das erscheint mir in Anbetracht der zu erwartenden Vorsichtsmaßnahmen und des Anstaltstypus doch als sehr unwahrscheinlich.

Es wird ihm auch nicht schaden, dass er nach dem Erpressungsversuch an die Öffentlichkeit gegangen ist?

Pfeiffer: Das Gegenteil ist der Fall. Hoeneß konnte so klarmachen, dass er sich auf solche Geschichten nicht einlässt und dass er sich wehren kann. Außerdem schätze ich ihn  so ein, dass er  gut weiß, wie man auch mit schwierigen Mitmenschen umgeht. Er wird nicht arrogant auftreten. Seine zwischenmenschliche Wärme wird im helfen. Ich vermute, dass Hoeneß die Aggressionen nicht auf sich zieht, sondern es verstehen wird, in dem ungewohnten Milieu gut klar zu kommen. 

Noch eine Frage zur Vorgehensweise des Täters. Solche Erpressungsversuche sind doch seit dem Kaufhauserpresser Dagobert niemandem mehr gelungen.

Pfeiffer: Das stimmt, der Versuch war chancenlos. Solche Täter werden heute immer erwischt. Diese Geschichte demonstriert, das dieser Typus Straftat eine Dummheit darstellt. Die Polizei verfügt über Techniken bei der Geldübergabe, die jeden Täter chancenlos dastehen lassen. Dagobert gibt es nicht noch einmal.

Das Gespräch führte Jörg Hunke.

Zur Person: Christian Pfeiffer (70) ist  Kriminologe und derzeitiger Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. In dessen Auftrag wurde vor zwei Jahren eine Befragung zum Thema „Gewalt im Strafvollzug“ durchgeführt. Etwa 20 Prozent der Häftlinge gaben an, innerhalb von vier Wochen physische Gewalt erfahren zu haben. In Berlin wurden im vergangenen Jahr  175 Fälle von Körperverletzung in Gefängnissen bekannt, im Jahr davor waren es 227 Fälle.

 

Der Kriminologe Christian Pfeiffer.
Der Kriminologe Christian Pfeiffer.
dpa Lizenz