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Bereits 14 Tore nach Standards Wer der Vordenker hinter der HFC-Stärke ist

Der Hallesche FC erzielt in der Fußball-Regionalliga den Großteil seiner Tore nach ruhenden Bällen. Wer der Planer dahinter ist, warum der das Lob aber weitergibt.

Von Tobias Grosse 21.10.2024, 18:11
Benedikt Seipel (l.) assistiert beim HFC Mark Zimmermann.
Benedikt Seipel (l.) assistiert beim HFC Mark Zimmermann. (Foto: Imago/Köhn)

Halle/MZ. - Das Mantra des Bolzplatzes kennt jeder: Drei Ecken, ein Elfer. Wenn beim anarchischen Kick kein Tor aus dem Spiel heraus gelingen wollte, konnte immer noch der alternative Plan greifen, einen Gegner anzuschießen oder den Ball ins Aus kullern zu lassen – und nach drei Ecken den Strafstoß zu verwandeln.

Wer den Halleschen FC in dieser Saison der Fußball-Regionalliga verfolgt, fühlt sich an die Kindheit zwischen aufgeplatztem Tartan oder kochendem Asphalt und herausgeschnittenen Tornetzen erinnert. Nur, dass es heißt: Ecke, Einwurf, Elfmeter – Tor.

14 der insgesamt 20 Treffer, die der HFC in den bisher zwölf Spielen erzielt hat, entsprangen einer Standardsituation. Beim 4:0 in Babelsberg am Sonntag gelangen dem Absteiger aus der dritten Liga sogar alle vier Tore nach ruhenden Bällen. „Das ist brutal“, sagte André Meyer, der Halle einst in der dritten Liga trainiert hatte und inzwischen Coach in Babelsberg ist.

Kurze Ecken mit Konzept

Der Herr der Standards beim HFC ist Benedikt Seipel, der Cheftrainer Mark Zimmermann gemeinsam mit dem ehemaligen Profi André Hainault assistiert. Seipel, geboren in Thüringen, seit 20 Jahren wohnhaft in Halle und einst Spieler des HFC, kam vom Chemnitzer FC, wo er die U17 betreute. Der 38-Jährige ist für die offensiven Standardsituationen verantwortlich, Hainault für die defensiven.

Vor allem Seipels Arbeit lässt sich an den vielen Treffern, die der HFC bisher nach ruhenden Bällen erzielt hat, messen. „Man muss Bene da mal loben, es ist schön, dass das klappt, weil so etwas kann immer ein Brustlöser sein“, sagte Jan Löhmannsröben nach dem Erfolg in Babelsberg, wo der Abwehrroutinier sein drittes Saisontor erzielt hat – und zwar zum dritten Mal nach einem Standard.

Löhmannsröben traf traumhaft schön aus 18 Metern in den Winkel, nachdem Max Kulke eine Ecke kurz ausgeführt, den Ball zurückbekommen und in das Zentrum gebracht hatte. Auch das 1:0 durch Innenverteidiger Burim Halili fiel nach einem erst flach ausgespielten Eckstoß und einer anschließenden Flanke von Fabrice Hartmann. „Wenn man einen Eckball kurz ausführt, bricht man die Statik des Gegners. Und Verteidiger neigen dann oftmals dazu, ihren Gegenspieler aus den Augen zu verlieren“, erklärt Seipel.

„Der Qualität der Spieler geschuldet“

Der Standardplaner des HFC schaut viele Spiele der eigenen und anderer Mannschaften – und analysiert vor allem das Verhalten bei ruhenden Bällen. „Es gibt etliche Möglichkeiten, solche Situationen zu nutzen. Es ist im Grunde egal in welcher Liga, man kann sich immer Inspiration holen“, sagt Co-Trainer Seipel, der im Hauptberuf Lehrer in Teilzeit für Sport und Sozialkunde an einer Sekundarschule in Halle ist. „Das mache ich inzwischen seit fünf Jahren, das macht mir sehr viel Spaß.“ Und dazu als Trainer zu arbeiten, habe ja „auch etwas lehrerähnliches“.

Waren Standardsituationen in der zurückliegenden Abstiegssaison noch eine große Schwachstelle des HFC, sind sie nun eine große Stärke. Defensiv, vor allem aber offensiv. Vordenker Seipel möchte den Ruhm allerdings nicht für sich beanspruchen. „Das ist immer ein Zusammenspiel des ganzen Trainerteams“, erzählt er. „Und dass uns das in dieser Saison so gut gelingt, ist auch der Qualität unserer Spieler geschuldet.“

Einwürfe als Mittel

Standardsituationen sind gerade für eine Mannschaft wie den HFC, der als Klub mit einem der höchsten Etats und einem der best besetzten Kader in fast jedes Spiel der Regionalliga als Favorit geht, von elementarer Bedeutung. Viele Gegner stehen tief, so dass Ecken oder Freistöße ein probates Mittel sind. Oder sogar Einwürfe, lange Zeit im Fußball eine Art Stiefkind von der Seitenlinie.

Der Hallesche FC hat in dieser Saison bereits zwei Treffer nach langen Einwürfen erzielt, hat mit Löhmannsröben einen Mann in seinen Reihen, der den Ball fast bis in den Fünfmeterraum schleudern kann. „Inzwischen ist es immer schwerer, aus dem Spiel heraus ein Tor zu erzielen“, sagt Seipel. „Standards können ein Spiel verändern.“ Das galt einst schon auf dem Bolzplatz. Drei Ecken, ein Elfer.