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HFC- und FCM-Fans im Streitgespräch HFC- und FCM-Fans im Streitgespräch: "Wenn wir jedes Jahr gegeneinander spielen würden, wäre es langweilig"

Von Max Ohlert und Oliver Leiste 14.04.2015, 09:41
Sven Zorn und Andreas Feineis (links und Mitte) berichten für den HFC-Fanblog. Alexander Schnarr betreibt den FCM-Blog
Sven Zorn und Andreas Feineis (links und Mitte) berichten für den HFC-Fanblog. Alexander Schnarr betreibt den FCM-Blog Leiste Lizenz

Halle (Saale) - Wir treffen uns mit Alexander Schnarr (NurderFCM.de) und Sven Zorn (HFC-Fanblog) in Leipzig in einem Café. Sven hat noch Andreas Feineis, einen weiteren Blogger und Fotografen, mitgebracht. Die drei Blogger begrüßen sich respektvoll, von Derby-Rivalität bisher keine Spur. Es gibt Kaffee und Cola.

Habt Ihr schon einmal mit einem Fan vom jeweils anderen Verein zusammen einen Kaffee getrunken?
Alex: Nein, ich noch nicht.
Sven: Also zu Berufsschulzeiten, ja, weil da jemand in der Klasse war. Da gab es dann aber eher Bier als Kaffee.

Und Du hast ihm dann immer das Pausenbrot geklaut?
Sven: Ach, wir waren sogar gut befreundet. Man kann ja mit den Menschen auch reden, das ist jetzt nicht so das Problem.
Alex: Überraschend, aber es ist so.

Wenn wir hier schon so freundschaftlich starten, mal Hand aufs Herz: Wie ernsthaft ist denn Eure Abneigung gegenüber dem anderen Verein?
Sven: Stark ausgeprägt ist sie schon. Das kann man auf jeden Fall sagen. Da geht es aber nur um den Verein. Wenn es speziell um Personen geht, ist es klar, dass man da vielleicht mal den einen oder anderen nicht leiden kann.
Alex: Ist bei mir nicht anders. Klar, die Rivalität zwischen dem HFC und dem FCM gibt es, das brauchen wir nicht wegzudiskutieren. Und die ist immer da …
Sven: … die ist immer da, das stimmt.

Wo kommt diese Rivalität denn her?
Alex: Also meiner Meinung nach geht das auf die Rivalität der Städte zurück. Magdeburg und Halle haben ja schon immer etwas rivalisiert, das überträgt sich auch auf den Fußball.
Sven: Dort entlädt es sich dann.
Alex: Genau. Und dann kommt auch immer noch die Frage nach der Nummer Eins in Sachsen-Anhalt hinzu. Die Antwort darauf ist aus unserer Perspektive natürlich relativ klar …
Sven: … das sehen wir aber etwas anders.
Andi: Ich wollte gerade sagen: Wer spielt in der 3. Liga?
Sven: Richtig! Allerdings hat Alex Recht, das beginnt ja in Halle und Magdeburg schon mit dem Status „Landeshauptstadt“: Die dürfen zwar den Titel tragen – aber wir sind’s.
Alex: Netter Konter!

Habt Ihr denn auch einen persönlichen Anlass für die Rivalität?
Alex: Man wird da so reinsozialisiert. Wenn du FCM-Fan bist, ist der Hallesche FC eben der große Rivale. Das ist in Halle sicherlich nicht anders.
Sven: Da gab es aber auch andere Zeiten. Als die Blauen etwas weiter oben gespielt haben, war die Rivalität zu Sachsen Leipzig etwas präsenter. Heute sind die Spiele gegen Dynamo Dresden und Hansa Rostock besonders brisant.

Generell: Wie wichtig ist Euch Rivalität im Fußball?
Sven: Das ist einfach das Salz in der Suppe!
Alex: Das sehe ich auch so.

Und wie weit geht die Feindschaft?
Alex: Da muss man ganz klar differenzieren. Die breite Fan-Masse hat ganz bestimmt keine Lust darauf, dem anderen eine auf den Deckel zu geben. Das beschränkt sich dann auf Pöbeleien, Sticheleien, den einen oder anderen Gesang im Stadion. Wir brauchen uns allerdings nichts vorzumachen: Es gibt auf beiden Seite auch Personen, die die Begegnungen gerne zum Anlass nehmen, auch mal körperliche Argumente auszutauschen. Mir persönlich reicht der verbale Austausch.
Sven: Du findest von der Bundesliga bis zur Kreisklasse Leute, bei denen es über das Verbale hinausgeht. Ich habe selber in der Kreisklasse gespielt, auch da haben sich dann teilweise die Zuschauer auf den Dorfplätzen geprügelt. Ich sage immer: Die, die es wollen, sollen das untereinander austragen. Leider trifft es mittlerweile ständig auch Unbeteiligte. Wenn da mal zwanzig Magdeburger in Bad Dürrenberg auf zwei HFC-Fans losgehen, die da einfach spazieren gehen, ist das ein Problem.
Alex: Das sehe ich genauso.

Auf der nächsten Seite: "Der Pokalsieg 2008 und Christian Kamalla, der die HFC-Fahne in den Mittelkreis rammt, das war mein Highlight!"

Nachdem sich alle Beteiligten einig sind, dass sich die Rivalität, zumindest für die Mehrheit, auf verbale Sticheleien beschränken sollte, ist es Zeit, alte Wunden aufzureißen.

Das letzte Aufeinandertreffen war ein denkwürdiges. Wie habt Ihr das wahrgenommen?
Sven: Ich hab‘ gerade irgendwie …
Andi: ... der Zeitraum fehlt gerade. War da was?

Unter sichtbarem Unbehagen beginnt Sven dann doch zu erzählen.

Sven: Ich denke mal, auf der blauen Seite war es schön. Wir sind als Favorit reingegangen, haben dann aber komplett versagt. Anders kann man das nicht beschreiben.
Alex: Für uns war es natürlich ein besonderes Gefühl, als, leider Gottes, unterklassiger Verein auf fremdem Platz den Pott zu holen. Das war eine überragende Leistung von Matthias Tischer im Tor. Ich glaube kaum, dass der jemals wieder solch ein Spiel macht. 4.000 Mann standen wie eine Armee in Halle hinter der Mannschaft, sodass die danach gesagt hat: „Das war wie bei einem Heimspiel.“ Der ganze Abend war pure Ekstase

Wenn wir schon bei großen Derby-Gefühlen sind: Was war Euer schönstes und schlechtestes Derby-Erlebnis?
Alex: Das schlechteste war demgegenüber das Pokalfinale 2008, als die Situation umgekehrt war. Der HFC war die unterklassige Mannschaft und der Pott wanderte in unserem Stadion nach einem denkwürdigen Elfmeterschießen in die falschen Hände. Das war ganz bitter. Deswegen war die Revanche 2014 auch das beste Derby-Erlebnis.
Sven: Bei uns war es genau umgekehrt: der Sieg in Magdeburg 2008 und Christian Kamalla, der die HFC-Fahne in den Mittelkreis rammt.
Alex: Gut, dass du das sagst! Da fällt mir nämlich noch ein anderes cooles Derby-Erlebnis ein: 2010, als wir aufgrund des Stadionbaus von Halle in Leipzig gespielt haben. Basti Sumelka hat sich damals auch eine Fahne aus dem HFC-Fanblock geschnappt und sie zu uns in die Magdeburger Kurve entführt …
Sven: … der Fahnenbesitzer durfte sich dann auch einiges anhören. Das war Dummheit.

Weil wir schon bei Liga-Erlebnissen sind: Ligaspiele zwischen dem FCM und dem HFC gab es in den vergangenen Jahren eher weniger. Ist eine Saison ohne den jeweils anderen überhaupt eine richtig gute Saison?
Sven: Ich muss ehrlich sagen: Wenn wir jedes Jahr zwei Mal gegeneinander spielen würden, wäre es irgendwann auch mal langweilig. Je seltener es dazu kommt, desto besonderer werden die Spiele. Das hat man auch in der Liga bemerkt. Letzte Saison war beispielsweise Rostock noch ein großes Erlebnis, in diesem Jahr war es dann eher Dynamo Dresden, während Hansa schon irgendwie normal war.
Alex: Das sehe ich ähnlich. Für uns ist es momentan aber auch schön, mal etwas anderes als Meuselwitz im Stadion zu erleben. Die kleinen Mannschaften kann bei uns mittlerweile auch kaum einer mehr sehen.

Man merkt Alex an, dass es ihn schmerzt, seinen großen FCM nur in der vierten Liga zu sehen. Ob etwas "Finanz-Doping" helfen könnte? Wir winken mit dem Zaunpfahl.

Angenommen, ein großer Sponsor wie Red Bull, übernimmt Euren Verein. Wie würdet Ihr darauf reagieren?
Sven: Das ist eine Frage für Magdeburg!
Alex: Ja, natürlich, wir hatten die Situation ja auch …

Die beiden spielen auf die spanische Asap-Gruppe an, die Anfang 2012 beim 1. FC Magdeburg einsteigen wollte.

Trotzdem, die Frage an Euch beide. Würdet Ihr sagen „Das ist nicht mehr mein Verein“?
Sven: Man muss das differenzieren. Was in Leipzig passiert ist, ist das No-Go schlechthin, einfach nur eine Werbeveranstaltung. RB hinterlässt überall verbrannte Erde, deren Vereine sind einfach nur Spielbälle des Konzerns. Sollte das beim HFC mal passieren – da bin ich ehrlich –, dann war ich HFC-Fan. Dann würde ich nicht mehr hingehen. Fußball soll wenigstens in seinen Grundzügen Fußball bleiben. Dann gehe ich lieber zu irgendeinem Kreisklasseverein und schaue mir Fußball an.
Alex: Es ist immer die Frage, wie der Verein nach so einem Einstieg aufgestellt wird. Wir hatten ja die Diskussion tatsächlich vor einigen Jahren. Das wurde bei uns stark diskutiert, die einen haben gejubelt, die anderen waren eher skeptisch und haben gefragt, was uns dann eigentlich von RB Leipzig unterscheidet. Ich persönlich sehe es wie Sven: Wenn da Leute direkt im Vorstand sitzen, die aus einem Konzern kommen, der nichts mit dem Verein zu tun hat, und sich der Verein dann gravierend verändert, dann wäre das ein Problem und man müsste sich Alternativen suchen.

Auf der nächsten Seite: "Als ich letztens gefragt wurde, was mir als erstes zum FCM einfällt, war es, dass sie ausländischen Sponsoren Tür und Tor öffnen."

Vom Großsponsor zum „Magdeburger Größenwahn“. Solche Aufkleber prangen momentan überall in Magdeburg. Wir haben uns gefragt: Wie stellen sich die Vereine selber dar und wie transportiert Ihr das als Fans und Blogger?

Alex: Das „Magdeburger Größenwahn“-Thema kommt ja allein aus der Fanszene. Der Präsident wird sich kaum hinstellen und sagen „Wir sind die Größten der Welt“. Das hat sicherlich mit unserer Tradition zu tun. Der Europapokalsieg 1974 hängt uns noch immer nach, das ist gut und schlecht. Es sichert uns einen gewissen Zuschauerstamm, führt aber auch dazu, dass Leute relativ schnell unruhig werden, wenn es mal nicht so gut läuft. Beim HFC ist das Umfeld da ruhiger. Dennoch: „Wir sind die Größten der Welt“, kommt von uns Fans, und das transportiere ich auch gerne im Blog, wenn es denn passt. Ansonsten versuche ich möglichst objektiv auf den FCM zu schauen. Der Verein hingegen schafft es momentan gut, sich zu professionalisieren. Die würden das niemals so plakativ vor sich hertragen.

Was sagen die Hallenser?

Sven: Bei uns ist es in der Tat ein bisschen ruhiger. Unser Präsidium um Michael Schädlich, Jörg Sitte und auch Manager Ralph Kühne ist stark bemüht, in einem ruhigen Umfeld zu arbeiten und kleine Brötchen zu backen. Das sieht man momentan auch in der Lizenzfrage. Während andere Vereine bei sechs, sieben Punkten Rückstand auf die Aufstiegsplätze anfangen zu träumen, hält man bei uns die Füße still, weil wir, wie immer, auch in dieser Saison viele Höhen und viele Tiefen erlebt haben. Ich hätte unseren Trainer beispielsweise in den letzten zwei Jahren mindestens schon drei Mal in die Wüste geschickt und bin immer wieder froh, dass sie das noch nicht getan haben. Das macht den HFC aus und das versuchen wir auch in unserem Blog zu transportieren. Allerdings konzentrieren wir uns auch zunehmend auf die Jugendmannschaften und die Frauen, weil durch die 3. Liga ziemlich umfangreich über den HFC berichtet wird.

Findet Ihr nicht, dass sich der HFC manchmal etwas zu klein macht?

Sven: Nein, finde ich nicht, und ich sage euch auch warum: Die machen sich zum „Größten der Welt“ – und es ist das Geilste, wenn sie dann auf die Nase fliegen. Also machen wir uns lieber etwas kleiner, weil: Wenn wir auf die Nase fliegen, tut es weh, aber es lacht nicht jeder. Ich habe lieber das ruhige Arbeiten. Auch wenn man noch einmal kurz auf die Sponsorenfrage zurückkommt: Als ich letztens gefragt wurde, was mir als erstes zum FCM einfällt, war es, dass sie ausländischen Sponsoren Tür und Tor öffnen …

Alex: … das ist ja mal so überhaupt nicht wahr, aber okay …

Sven: … da hat man in Halle damals auf jeden Fall schon extrem geschmunzelt.

Das will Alex nicht auf sich sitzen lassen und kommt auch noch einmal auf die Sponsorenfrage zurück.

Alex: Wie schon gesagt: Man hat sich das angehört, es wurde in der Fanszene aber eher zwiespältig aufgenommen. Letztlich hat der FCM das aber überragend gelöst. Der Aufsichtsratschef hat gesagt „Wir prüfen das seriös“, und dann wurde dadurch auch schnell klar, dass da viel heiße Luft dabei war. Damit hatte sich das auch schnell wieder erledigt. Also nichts mit Tür und Tor öffnen.

Die beiden Hallenser grinsen schelmisch, belassen es aber dabei.

Noch einmal eine Frage an Euch alle: Was hättet Ihr gerne vom jeweils anderen Verein?

Sven (nach langem Überlegen): Den Leistungsstützpunkt des DFB für die Jugend. Das wär so ziemlich das Einzige.

Alex: Wenn man es etwas abstrakter angeht, würde ich das ruhige Umfeld in Halle bevorzugen. Das hat sich in Magdeburg in den letzten Jahren auch massiv verbessert, allerdings würde es mir gefallen, wenn es auch die Medienlandschaft in Magdeburg etwas ruhiger angehen würde.

Zum Abschluss: Was erwartet Ihr vom Pokalhalbfinale am kommenden Mittwoch?

Sven: Der Rasen muss brennen, fertig! Ich hoffe auf einen Pokalfight, zwei Tore von Furuholm und vielleicht noch die eine oder andere rote Karte für die Magdeburger.

Alex (murmelt): Das passt viel besser zu euren Trikotfarben!

Andi: Wir fahren ja auch als Auswärtsmeister nach Magdeburg. Dynamo musste in Dresden schon im eigenen Stadion dran glauben, jetzt ist Magdeburg dran.

Alex: Ich hoffe jedenfalls auf ein intensives, aber auch faires Spiel. Ich denke, wir haben in dieser Saison auch im DFB-Pokal bewiesen, dass wir auch deutlich höherklassigere Mannschaften in die Knie zwingen können, und da wird auch ein Drittligist sicherlich besiegbar sein. Ansonsten hoffe ich auf eine geile Atmosphäre, ein geiles Spiel, natürlich dann mit dem besseren Ausgang für die richtige Mannschaft.

Nicht die größere, aber die aktuellere Rivalität: Der HFC und Dynamo Dresden.
Nicht die größere, aber die aktuellere Rivalität: Der HFC und Dynamo Dresden.
ZB Lizenz
Schmerzhafte Erinnerungen: HFC-Präsident Michael Schädlich tröstet nach dem verlorenen Pokalfinale 2014 die damaligen HFC-Spieler Toni Lindenhahn und Pierre Merkel.
Schmerzhafte Erinnerungen: HFC-Präsident Michael Schädlich tröstet nach dem verlorenen Pokalfinale 2014 die damaligen HFC-Spieler Toni Lindenhahn und Pierre Merkel.
Eckehard Schulz Lizenz
Wer gewinnt das Landespokalhalbfinale zwischen dem FCM und dem HFC?
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