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HFC gegen Dynamo Dresden HFC gegen Dynamo Dresden: Wiedersehen nach zwölf Jahren

Von Christoph Karpe 23.09.2014, 18:00
Im Februar 1990 trotzte der HFC dem späteren Meister Dynamo ein 2:2 ab. Damals für die Dresdener dabei: Ulf Kirsten (2. v. l.).
Im Februar 1990 trotzte der HFC dem späteren Meister Dynamo ein 2:2 ab. Damals für die Dresdener dabei: Ulf Kirsten (2. v. l.). Beyer Lizenz

Halle (Saale) - Maik Wagefeld hat sich für heute eine spezielle Taktik ausgetüftelt. Sein Heißsporn-Gemüt möchte er am liebsten auf Null runterkühlen. „Ganz emotionslos“, sagt er also, werde er heute in Halles Fußball-Stadion auf der Tribüne sitzen.

Einen Versuch ist es wert. Doch kaum einem Zuschauer wird das gelingen, wenn am Mittwochabend in der dritten Liga nach zwölf Jahren wieder der Hallesche FC auf Dynamo Dresden trifft. Maik Wagefeld hat viele Jahre in Dresden Fußball gespielt. „Mein Herz schlägt für Dynamo“, gibt er zu. Später war er der unumstrittene Chef jener Mannschaft, die den HFC vor zwei Jahren in die dritte Liga schoss. „In Halle hatte ich eine tolle Zeit, habe prima Menschen kennengelernt - und wir sind aufgestiegen“, sagt er.

Man kann Maik Wagefeld als eine Art Symbol sehen. Ein Symbol für zwei Vereine, die merkwürdig miteinander verknüpft sind. Zwei Vereine, die sich auf Augenhöhe begegnen, die aber in ihrem Selbstverständnis Welten trennen.

Dass HFC und Dynamo überhaupt in einer Liga spielen - das gehört sich für das große Dynamo nicht. Denn etwa 130 Kilometer weiter östlich an der Elbe nahm man die Rot-Weißen von der Saale eigentlich kaum wahr. Halle, das war Provinz. „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, nach Halle zu gehen“, sagt Maik Wagefeld. Doch es gab persönliche Verbindungen. HFC-Trainer Sven Köhler, der vorher bei Dynamo gespielt und trainiert hatte.

Personal-Rochaden zwischen Dresden und Halle

Es sind gerade die Personal-Rochaden zwischen Dresden und Halle, die die so unterschiedlichen Ansprüche der Klubs vor Augen führen. Beim letzten Duell 2002, bei Dresdens 2:1-Sieg vor 2 742 Zuschauern in Halle, schossen Thomas Neubert und Denis Koslov die Tore für die Sachsen. Beide kickten später für den HFC. Das hallesche Tor fiel per Elfmeter - weil Maik Wagefeld einen Hallenser gefoult hatte. Und am Ende der Partie kam ein 18-Jähriger für neun Minuten zu seinem zweiten Kurzeinsatz für Dynamo: Daniel Ziebig - der Ex-Kapitän und Leitwolf des HFC.

Wie oft der HFC seit 1962 gegen die Dresdner gewinnen konnte und was Eduard Geyer zur Thematik sagt, lesen Sie auf Seite 2.

Die Liste lässt sich erweitern. Etwa um Halles Torwart-Idol Darko Horvat. Allein im aktuellen HFC-Kader stehen fünf Kicker mit Dynamo-Vergangenheit. Und einen Personal-Austausch gab es bereits Ende der 80er Jahre. Jan Rziha, Lutz Schülbe oder etwa Karsten Neitzel kamen von Dresden nach Halle.

Dahinter steckte stets Prinzip: Wer es bei Dynamo nicht schafft, der darf ins etwas piefige Halle. Ist ja keine Konkurrenz. Diese Dresdner Anschauung der ostdeutschen Fußball-Welt hat sich in Jahrzehnten manifestiert. Nicht einmal verwunderlich: Ganze fünf von bislang 48 Duellen seit 1962 konnten die Hallenser für sich entscheiden. Da scheint es gestattet, Halle sportlich in Kniehöhe anzusiedeln.

„Zu Ostzeiten war Dynamo doch immer ein von der Polizei geförderter Klub. Die hatten ganz andere Möglichkeiten als wir“, sagt Dieter Strozniak. Der heute 59-jährige Co-Trainer des HFC erlebte die 70er Jahre als Spieler. Damals war Halles Team in der Lage, „Dynamo ab und an in Heimspielen mal zu ärgern“. Strozniak betreute den HFC übrigens beim Spiel 2002 als Interims-Trainer. Der Ex-Dresdner Reinhard Häfner war drei Wochen zuvor gefeuert worden. „Dresden“, sagt Strozniak voller Respekt, „war schon immer eine fußballverrückte Stadt.“ Viel mehr als Halle.

Hier der kleine HFC - dort das unerreichbare Dynamo? Für Eduard Geyer, Dynamo-Spieler bis 1975 und danach Kult-Trainer des Ostens, ist das eine Mär. „Dem HFC fehlte die Stabilität“, erinnert er sich. Er widerspricht der These, die Dresdener seien zu DDR-Zeiten bevorteilt worden. „Bei Mannschaften wie Riesa, Brandenburg und auch Halle mit der Chemie standen immer große Werke dahinter. Den Spielern dort ging es doch nicht schlecht, manchen sogar besser als uns“, sagt er. Und dann gab es ja noch den BFC Dynamo. Das war der Stasiklub. „Und wir nur die Sportgemeinschaft“, betont Geyer, der in 14 Tagen 70 Jahre alt wird. „Aber“, so Geyer weiter, „Halle hatte dieselben Voraussetzungen wie wir.“ Die größeren Erfolge habe man sich hart erarbeitet.

Warum sich bei Maik Wagefeld am Mittwochabend der Kreis schließt und wie seine Zukunft aussieht, lesen Sie auf Seite 3.

Unstrittig aber bleibt, dass bei Dynamo die Dimensionen stets ein bisschen größer sind als beim HFC. „In Dresden“, sagt Eduard Geyer, „ist seit 1900 eine einzigartige Fußball-Kultur gewachsen, vergleichbar in etwa mit der bei Borussia Dortmund und Schalke. Das findet man in Deutschland nicht oft.“

So nah beieinander wie selten

Dass Dynamo in derselben Liga aktuell mehr als das Dreifache an Zuschauern anzieht, ist Beleg für diese These. Doch sportlich sind die beiden Klubs so nah beieinander wie selten. „Der Abstand zwischen Halle und Dresden ist heute nicht mehr so groß“, sagt Geyer. „Dresden ist also nicht ganz so klar Favorit, wie man meint.“ In Halle sieht man das im Grunde ähnlich - und formuliert es doch anders. „Wir sind Außenseiter und wollen Dynamo ärgern“, sagt HFC-Co-Trainer Dieter Strozniak. Also ganz so, wie es immer war.

Dass es bei Maik Wagefeld tatsächlich am Mittwochabend ohne Emotionen geht, ist fraglich. Nach seinem Achillessehnen-Riss vor einem Jahr ist er nun Sport-Invalide. Der HFC wird ihn verabschieden. Die Karriere endet mit einem Strauß Blumen, vor dem Spiel gegen jenen Verein, bei dem er seine beste Zeiten erlebt hat. „Es schließt sich ein Kreis“, meint Wagefeld.

Der langjährige Kapitän des HFC beginnt am 1. Oktober ein Studium für Event- und Sportmanagement. Für die Praxisteile hat er bereits einen Arbeitgeber gefunden: Dynamo Dresden. Die Wege zwischen beiden Klubs sind eben kurz. (mz)

Maik Wagefeld (l.) und Daniel Ziebig waren Jungprofis in Dresden und gingen später zum HFC.
Maik Wagefeld (l.) und Daniel Ziebig waren Jungprofis in Dresden und gingen später zum HFC.
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