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Hallescher FC Hallescher FC: Merkel soll es richten

Von Karl Ebert 29.11.2013, 22:26
Pierre Merkel (l., im Zweikampf mit Matthias von der Weth vom VfL) kommt beim HFC immer besser in Fahrt.
Pierre Merkel (l., im Zweikampf mit Matthias von der Weth vom VfL) kommt beim HFC immer besser in Fahrt. Schulz Lizenz

Halle (Saale)/MZ. - Es ist immer das gleiche Ritual: Das Training des Fußball-Drittligisten Hallescher FC ist beendet, die Spieler ziehen ihre Schuhe aus, schlüpfen in bequemere Badelatschen, beantworten noch die eine oder andere Frage der wartenden Fans oder von Journalisten und verschwinden dann allmählich unter die Dusche.

Nur einer nicht: Pierre Merkel. Der Stürmer, der im letzten Sommer vom Erstliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig zu den Hallensern gekommen ist, marschiert immer schnurstracks in die Kabine. Er hat die Badelatschen gar nicht erst am Spielfeldrand abgestellt, um nicht in die Verlegenheit eines Gespräches kommen zu müssen.

Irgendwann während dieser Hinrunde hat sich der 24-Jährige einen Maulkorb verpasst und die Medien-Verantwortlichen des Vereins gebeten, bei Anfragen zu seiner Person entweder selbst kurz zu antworten oder an seine Berater zu verweisen. Aber die zucken auch nur mit den Schultern.

Zum zweiten Mal in Folge wird HFC-Trainer Sven Köhler gegen Preußen Münster jener Elf vertrauen, die auch beim letzten 3:1-Auswärtssieg gegen den MSV Duisburg von Beginn an gespielt hat. „Ich habe nach dem letzten Auftritt ein gutes Gefühl“, so der Coach.

Sein Münsteraner Kollege Ralf Loose, im letzten Jahr noch in Diensten des Zweitligisten Dynamo Dresden, wird wahrscheinlich eine Veränderung in der Abwehr vornehmen. Für Simon Scherder rückt wieder der in der Vorwoche aus disziplinarischen Gründen suspendierte Dominik Schmidt in die Innenverteidigung.

Noch einigermaßen verständlich ist eine solche Reaktion, wenn es sportlich nicht läuft und ein Spieler lieber heute als morgen den Verein verlassen möchte. Doch das trifft im Fall von Pierre Merkel gar nicht zu. Zumindest seit vier Wochen nicht mehr. Er spielte gegen Saarbrücken von Beginn an, bekam im Spiel bei den Stuttgarter Kickers seine Chance, sorgte mit seinem Treffer in letzter Minute der Verlängerung gegen den VfL Halle dafür, dass der HFC im Landespokal überhaupt noch vertreten ist und durfte auch gegen den MSV Duisburg von Anfang ran. Merkel, der große Schweiger also?

Trainer Sven Köhler hat einen anderen Eindruck von dem gelernten Schreiner. „Nach außen mag er einer der Ruhigeren im Team sein. Aber wenn ich ihn im Kreis der Mannschaft beobachte, dann diskutiert er schon mit, ist locker und für einen Spaß zu haben“, so der Coach. „Ich stehe zwar nicht ständig in der Kabine, aber wenn ihm der Draht zum Team fehlen würde, bekäme ich das mit.“ Es gibt also zwei Gesichter des Pierre Merkel.

Im Moment liegen Trainer und Stürmer wieder auf einer Wellenlänge. Doch das war nicht immer so. In den ersten fünf Spielen der Saison war Merkel in Ermangelung von Alternativen gesetzt. Weil er aber nicht das tat, wozu Stürmer irgendwann verdammt sind, nämlich Tore schießen, fand er sich nach der Rückkehr von Timo Furuholm auf der Bank wieder. Der Frust wuchs, der selbst auferlegte Maulkorb war offensichtlich die Konsequenz. Beim Auswärtsspiel in Rostock verbannte ihn Köhler sogar ganz aus dem Kader.

Offenbar eine gute Idee. Denn genau an diesem Wochenende, an dem Pierre Merkel sehr viel Zeit zum Nachdenken hatte, scheint er den berühmten Schalter umgelegt zu haben. Denn seitdem zeigt seine Formkurve aufwärts. Und weil er nicht selbst darüber reden will, machen das eben andere. Kapitän Daniel Ziebig war der Erste, der symbolisch den Hut gezogen „und von heute auf morgen einen völlig anderen Pierre Merkel im Training“ erlebt hat. Die Bestätigung der Worte des Spielführers folgte prompt durch Trainer Köhler. Die Einsatzzeiten haben sich deutlich erhöht.

Und wer Köhler kennt, der weiß auch, warum. Er liebt Typen, die alles für die Mannschaft geben. Und gibt das auch unumwunden zu. „Pierre Merkel hat sich seine Einsatzzeiten in den letzten Wochen hart erarbeitet und auch verdient. Natürlich werden Stürmer an Toren gemessen, aber eben nicht nur“, so der Coach. „Merkel ist ein Typ, der 90 Minuten lang hart arbeitet, sich für die Mannschaft aufopfert, dem kein Weg zu weit ist und der wichtige Räume schafft.“

Wenn es Köhler auch noch schaffen würde, einem solch wichtigen Spieler den Maulkorb abzunehmen, weil er eigentlich Gutes zu erzählen hat, wäre alles perfekt.