Hallescher FC Hallescher FC: "Ist der HFC für Sören Bertram nur ein Sprungbrett?"

Halle (Saale) - Seitdem Sören Bertram beim Halleschen FC von der linken Seite ins zentrale Mittelfeld verschoben worden ist, ist der 24-Jährige der vielleicht wichtigste Offensiv-Mann des Drittligisten. Auch heute im Auswärtsspiel bei Holstein Kiel wird viel an ihm liegen.
Bertram wurde in Teenager-Tagen eine große Karriere vorausgesagt, er war Junioren-Nationalspieler und erhielt 2009 die wichtigste Nachwuchs-Auszeichnung. Bundesligaluft durfte er bislang nur kurz beim Hamburger SV schnuppern, doch gut möglich, dass es bald höher geht für ihn als dritte Liga. HFC-Präsident Michael Schädlich bestätigte jüngst, dass höherklassige Klubs an Bertram interessiert sind. Grund für Daniel George, den Mittelfeld-Strategen des HFC zu einem etwas anderen Gespräch zu bitten. Ein Interview in zehn Thesen.
These 1: Sören Bertram ist der mit Abstand beste Freistoß-Schütze der dritten Liga.
Bertram: Ich gehöre auf jeden Fall zu den besseren Freistoßschützen. Von ungefähr kommt das aber nicht. Als ich noch klein war, habe ich das immer mit meinem Vater geübt. Später beim Hamburger SV hat mir Rodolfo Esteban Cardoso ein paar Tricks gezeigt, er konnte das zu seiner aktiven Zeit ja auch hervorragend. Und als ich im Jugendalter war, habe ich mir auch immer Videos von David Beckham angeschaut. Er war zu dieser Zeit der Freistoßgott. Aber leider auch ein Rechtsfuß, das kann ich als Linksfuß also nicht komplett kopieren (lacht).
These 2: Sören Bertram könnte heute Nationalspieler sein.
Bertram: Das spielt bestimmt auf die Fritz-Walter-Medaille an, die ich 2009 als deutscher Nachwuchsspieler des Jahres erhalten habe. Andere Preisträger wie zum Beispiel Jerome Boateng haben es bis ganz nach oben geschafft. Aber ich trauere dem nicht hinterher. Jeder hat seine eigene Geschichte. Aber natürlich hoffe ich, dass ich in den nächsten Jahren noch einen ähnlichen Weg einschlagen kann. Als kleiner Junge habe ich immer davon geträumt, einmal Nationalspieler zu sein oder in der ersten Liga zu spielen. Und gerade den Traum von der Bundesliga gibt es immer noch.
These 3: Sören Bertram würde heute mit dem FC Augsburg in der Europa League spielen, hätte er 2011 bleiben dürfen.
Bertram: Das könnte sein. Ich war damals nach Augsburg ausgeliehen, in dem Jahr, als sie dann den Erstligaaufstieg geschafft haben. Ein super sympathischer Verein. Aber nach der Saison wollte der Hamburger SV mich zurückhaben und hatte andere Pläne mit mir.
Ich hatte später dann noch einmal die Chance, nach Augsburg zu gehen, aber das hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Ich war damals auch noch nicht so reif wie heute. Ich bin jede Woche die 700 Kilometer nach Hause gefahren, um für einen Tag bei meiner Familie zu sein. Mittlerweile fahre ich alle sechs bis acht Wochen mal nach Hause. Man wird ja auch erwachsener. Es ist aber auch wichtig, dass man sich gerade als Fußballer die kindliche Spielfreude beibehält (lacht).
These 4: Sören Bertrams Fußball-Schuhe können gar nicht auffällig genug sein.
Bertram: Das stimmt schon (lacht). Man muss nur immer aufpassen, nicht zu ausgefallene Dinge zu tragen. Aber der Ausrüster glänzt momentan eben mit solchen Ideen wie den zweifarbigen Schuhen oder den Comicschuhen. Das gefällt mir und deshalb trage ich sie sehr, sehr gerne.
These 5: Sören Bertram steht dauerhaft unter Dopingverdacht.
Bertram: Anscheinend. Wenn viermal eine Dopingkontrolle stattfindet und ich jedes Mal ausgewählt werde wie bislang in dieser Saison, dann liegt das nah (lacht). Ich hatte mal den Verdacht, dass sie sich immer diejenigen aussuchen, die ein Tor geschossen haben. Aber tatsächlich gibt es da so ein kleines Säckchen mit kleinen Plättchen, auf denen sämtliche Rückennummern stehen. Da wird dann gezogen. Und meine Nummer 20 ist wahrscheinlich magnetisch. Aber: Ich bin dabei noch nie positiv aufgefallen.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wer für Sören Bertram ein guter Grund wäre, weiterhin in Halle zu bleiben.
These 6: Sören Bertrams rechter Arm hat Glasknochen.
Bertram: Könnte man meinen, er war ja schon dreimal gebrochen. Als Kind hat mich eine Freundin mal von der Schaukel geschubst, und ich bin auf dem Arm gelandet, vielleicht liegt das daran (lacht). Aber im Ernst: Es ist inzwischen alles gut verheilt und hält hoffentlich.
These 7: Halle ist für Sören Bertram nur ein Sprungbrett.
Bertram: Das stimmt ganz und gar nicht. Als ich im ersten Jahr aus Bochum ausgeliehen war, hatte ich mit Sicherheit einfach nur das Ziel, mich schnell wieder für höherklassige Aufgaben zu empfehlen. Aber inzwischen fühle ich mich nach den drei Jahren unheimlich wohl hier. Halle ist meine zweite Heimat geworden - und wird es auch immer bleiben.
These 8: Sören Bertram wäre heute ein besserer Tennisspieler als Roger Federer, wenn er sich auf den Sport konzentriert hätte.
Bertram: Ich spiele zwar leidenschaftlich gerne Tennis, aber wirklich stand das nie zur Debatte. Fußball war immer die Nummer eins. Wobei Roger Federer ein großes Vorbild von mir ist. Ein großartiger Sportler. 2011 habe ich ihn in Hamburg auch schon einmal live spielen sehen, damals hat er im Finale Rafael Nadal besiegt. Und außerdem hat er am gleichen Tag wie mein Vater Geburtstag, das macht ihn noch sympathischer (lacht.)
These 9: Sören Bertram würde nur beim Halleschen FC bleiben, weil seine Freundin Felicia Hallenserin ist.
Bertram: Das ist ein guter Grund. Sie hat mir sehr geholfen, mich hier einzuleben. Wir haben uns drei Monate, nachdem ich nach Halle gewechselt bin, kennengelernt - und es hat sofort gepasst. Aber ich habe auch schon mit ihr gesprochen: Im Fall der Fälle würde sie mich auf meinem Weg zu einem anderen Klub begleiten und wäre mir nicht böse.
These 10: Sören Bertram hat seinen rechten Fuß nur zum Stehen.
Bertram: Das kann man so stehen lassen (lacht). Ich habe aber schon daran gearbeitet und kann mittlerweile auch einen Flugball mit rechts spielen. Mein linker Fuß ist trotzdem deutlich stärker. Das ist auch gut so, du brauchst im Fußball eine solche Waffe. Und ich sage immer: Lieber einen richtigen guten Fuß als zwei halbwegs ordentliche. (mz)
