HFC-Scout Gerd Schädlich: HFC-Scout hört beim Halleschen FC auf

Halle (Saale) - Ein Navigationsgerät für sein Auto braucht Gerd Schädlich nicht. Die Strecke ins beschauliche Großaspach kennt er. Dort wird am Sonnabend auf der Tribüne sitzen, mit seinem geballten Fußball-Sachverstand das Drittliga-Spiel der Sonnenhof-Mannschaft gegen Holstein Kiel beobachten, sich Notizen machen und dann Anfang nächster Woche seine Erkenntnisse an Rico Schmitt weitergeben.
Kiel ist der letzte Saisongegner des Halleschen FC. Und auch, wenn es für die Rot-Weißen dort sportlich kaum noch um Wichtiges geht, soll der Trainer doch umfassend über mögliche taktische und personelle Kniffe beim Kontrahenten informiert sein. So wie immer. So, wie es Gerd Schädlich seit nun drei Jahren handhabt. Und doch wird es diesmal für ihn nicht wie immer sein. Großaspach wird Schädlichs letzte Dienstreise im Auftrag des HFC. Zum Saisonende hört der 64-Jährige auf.
Gerd Schädlich freut sich auf freie Wochenende in Chemnitz
Gerd Schädlich war vor seiner Zeit in Halle die Trainer-Ikone in Sachsen. Der 25-fache Oberliga-Spieler des FC Karl-Marx-Stadt (1972 - 1978/ein Tor) musste seine Kicker-Karriere wegen einer Verletzung beenden. Seinen ersten wichtigen Trainer-Job nach Stationen wie Scharfenstein, Krumhermersdorf und Schwarze Pumpe übernahm er 1991 beim FSV Zwickau (100 Spiele). Mit dem Klub stieg er 1994 in die zweite Liga auf. Auch mit Erzgebirge Aue - seit 1999 - schaffte er die zweite Liga (2003). Ende 2007 trat er dort nach 300 Spielen als Coach zurück, weil der Klub im Winter auf einem Abstiegsplatz lag. Von 2008 bis 2013 ging seine Amtszeit beim Chemnitzer FC (194 Spiele). Er führte den Klub in die dritte Liga (2011). Nach einer 0:4-Niederlage gegen Münster trat er zurück , weil er das Gefühl hatte, die Mannschaft spiele gegen ihn. Im Mai 2014 verpflichtete ihn der HFC als Gegner-Scout und stellte ihn so Ex-Trainer Sven Köhler zur Seite. (mz)
Was nicht verwunderlich ist. Im Dezember wird er Rentner. Nach fast 40 Jahren im Trainergeschäft und den letzten drei Jahren als Chefscout und Mitglied im sogenannten Kompetenz-Team des HFC - mit Schmitt, Sportchef Stefan Böger und Manager Ralph Kühne - sehnt er sich nach Beschaulichkeit und freien Wochenenden im heimatlichen Chemnitz.
Reden über seinen Abschied möchte Gerd Schädlich, der stille Beobachter am Rande, nicht. Eine Interview-Anfrage lehnte er so dankend wie höflich ab. Er mag sich nicht in den Vordergrund drängen - und bleibt damit seiner Linie treu.
In der Nebenrolle Scout hatte er sich sowieso schon wohler gefühlt als zuletzt davor als Trainer. Bei seiner letzten Station als Coach in Chemnitz warf er im Oktober 2013 die Brocken nach einer Drittliga-Niederlage hin, weil er die Faxen dicke hatte von den nervigen Mätzchen mancher Spieler. Er spürte, dass er und die heutige Profi-Generation in ihren Vorstellungen vom Fußball-Job ziemlich verquer liegen.
Nach Halle kam Gerd Schädlich durch die Freundschaft, die ihn mit dem einstigen HFC-Langzeittrainer Sven Köhler verbindet. Köhler klagte über die Extra-Touren, die er vor oder nach Punktspielen seines Teams unternehmen musste, wenn er einen Live-Eindruck von kommenden Gegnern erhalten wollte. Musste aber sein. Schließlich sollte die eigene Mannschaft bestens vorbereitet in die Punktejagd gehen.
Köhlers erste Wahl für jemanden, der ihn hier entlasten konnte war Gerd Schädlich. Also wurde der Experte im Mai 2014 vom HFC verpflichtet, weil ihm Köhler blind vertraute. Außerdem hatte Schädlich auch immer ein Auge auf Spieler, castete mögliche Kandidaten für den Verein. Bedarf an guten Profis hat der Klub schließlich immer.
Rico Schmitt hält große Stück auf Gerd Schädlich
Aber auch nachdem der „ewige Sven“ Ende August 2015 dann doch beim HFC den Laufpass bekommen und Schädlich im ersten Reflex an Abschied gedacht hatte, wollte niemand im Klub auf dessen Rat verzichten. Sein Vertrag war vor der aktuellen Saison verlängert worden, weil auch Schmitt riesige Stücke auf seinen ehemaligen Mentor aus Aue-Zeiten hält. Also düste Gerd Schädlich weiterhin tausende Kilometer in rot-weißem Auftrag durch die Republik.
„Mit ihm teile ich eine lange Verbundenheit in der Sache. Auch dank seiner Fürsprache bin ich 2005 U-23-Trainer in Aue geworden“, sagt Rico Schmitt über Gerd Schädlich. „Ich schätze ihn und seine Meinung sehr hoch, auch, weil er ein toller Mensch ist - und nicht zu vergessen: Er ist mit drei Aufstiegen der erfolgreichste Trainer in Sachsen“, so Schmitt, der Aue selbst einmal in die zweite Liga geführt hatte.
Doch wer übernimmt den frei werdenden Posten nun für die kommende Saison? Höchstwahrscheinlich niemand. Aus Kostengründen. Womöglich wird sich der Hallesche FC mit Honorarkräften behelfen, wenn es um Spielbeobachtungen geht - etwa in Großaspach. (mz)