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Fußball Dritte Liga Fußball Dritte Liga: Aufstieg beim 1. FC Heidenheim ist hausgemacht

Von Christoph Karpe 08.03.2014, 09:49
Szene aus dem Hinspiel zwischen dem HFC und Heidenheim (0:0)
Szene aus dem Hinspiel zwischen dem HFC und Heidenheim (0:0) Stefan Röhrig Lizenz

Heidenheim/MZ - Der Nachmittags-Spaziergang führt die Familie durch den Wald oberhalb von Heidenheim. Dorthin, wo das hübsche, moderne Stadion, das Voith-Arena heißt, in ein kleines Plateau betoniert wurde. Einmal klinken, die Metalltür an der Seite des Stadions ist offen. Der Vater führt seine zwei Kinder in den Tribünenbereich und erklärt: „Jetzt, wenn der Klub aufsteigt, werden noch die Ecken zugebaut, dann passen etwa 15.000 Menschen hinein.“ Er klingt euphorisch. Dann spazieren sie zum Kletterwald nebenan.

Am Haupteingang trifft sich inzwischen eine vierköpfige Rentnergruppe. Ein Vertreter des 1. FC Heidenheim empfängt sie - zu einer offiziellen Führung. Die beginnt in der nagelneuen durchaus protzig-dimensionierten Business Lounge, einem Extra-Anbau am Stadion. Die Gäste staunen. Denn es ist schon gewaltig, was dieser einstmals so kleine Verein, der vor 19 Jahren noch mit einem 80.000-Euro-Etat in der Landesliga von Baden-Württemberg kickte, inzwischen auch optisch darstellt.

Beide Trainer seit 2007 im Amt

Und doch gibt es in der Arena einen ungewöhnlichen Bereich. Mitten in die Tribüne ist ein alter Kiosk integriert. „Das gibt es nirgendwo anders, er erinnert uns an unsere Anfänge“, sagt Frank Schmidt. Er ist Trainer des 1. FC Heidenheim, der am Sonnabend hier den Halleschen FC empfängt. Er steht mit seiner Mannschaft als souveräner Tabellenführer vor dem Aufstieg in die zweite Fußball-Bundesliga. Und auch wenn die beiden Vereine inzwischen in der sportlichen Bilanz 24 Punkte trennen und auch das Stadion-Umfeld - Wald-Idylle hier, städtisches Flair in Halle - keineswegs optisch ähnlich ist, vieles in Heidenheim und Halle wirkt vergleichbar.

Da sind die Trainer. Schmidt ist wie sein Kollege Sven Köhler seit 2007 im Amt. Beide stiegen mit ihren Vereinen zwei Mal auf. An beiden Orten entstanden moderne Arenen, 17,5 Millionen kostete die in Halle, sogar 25 Millionen die des 1. FC Heidenheim. Und die wichtigsten Sponsoren, die sich neben mittelständischen Unternehmen mit Tribünen-Namen und ihren Bannern im Rund präsentieren, sind im Schwäbischen denen an der Saale ungemein ähnlich: Sparkasse, Volksbank, Stadtwerke, ein großes Bauunternehmen.

Und doch gibt es gravierende Unterschiede. Der HFC hat gerade seine Lizenzunterlagen für die nächste Drittliga-Saison beim DFB eingereicht: Etat 5,5 Millionen Euro, 3,4 Millionen für die Profi-Mannschaft. An diesem Punkt ist das Ende der finanziellen Fahnenstange, heißt es aus dem Management. Heidenheim wird den Aufstieg mit neun Millionen Euro schaffen. „Wobei der reine Etat für die Profiabteilung nicht viel höher liegen dürfte als in Halle“, meint Holger Sanwald, der Geschäftsführer des Vereins.

Der 1. FC Heidenheim zahlt weitaus mehr an Stadionmiete - und hat gerade ein Nachwuchsleistungszentrum gebaut. Alles ist hausgemacht - anders als beim vermeintlichen zweiten Aufsteiger, dem mit Millionen aus Österreich aufgepäppelten Kunstprodukt RB Leipzig. Darauf sind sie in Heidenheim stolz. „Wir wollen uns gar nicht mit RB vergleichen“, sagt Schmidt.

Doch wie kann eine scheinbar provinzielle Kleinstadt mit etwa 46.000 Einwohnern finanziell soviel mehr als Halle auf die Beine stellen? Und auch dieser Verein? Zumal im nur 17 Kilometer entfernten Aalen ja mit Zweitligist VfR ein Konkurrent beheimatet ist.

Große Industrie-Unternehmen sind im Ballungsraum Halle weitaus mehr angesiedelt. Aber der Region Ostwürttemberg geht es gut. Nur 4,3 Prozent Arbeitslosigkeit, Halle 12,6. Auch deshalb konnte die Stadt Heidenheim 15 Millionen Euro für den Stadionbau beisteuern. Das hoch verschuldete Halle gab 11,5 Millionen Euro für den Erdgas-Sportpark - nach großem Hickhack.

„Bei uns“, erzählt Schmidt, „steht die ganze Region hinter dem Verein. Wir treten als Mannschaft sportlich in Vorleistung - und dann ziehen die Sponsoren nach. Jeder gibt, was er kann. Den FCH zu unterstützen, gehört hier bei uns zum guten Ton.“ Man habe zwar keine Tradition im Profifußball, aber eine lange Fußball-Tradition.

8 146 Zuschauer kommen im Schnitt zu den Heimspielen - das sind etwa 500 pro Spiel mehr als im fünfmal so großen Halle. Und wenn HFC-Präsident Michael Schädlich von dieser scheinbaren Selbstläufer-Idylle hört, dürfte er blass vor Neid werden.

Schwierige Lage in Halle

Seit Jahren kämpft er vergeblich um eine derart exponierte Position des Vereins im halleschen Raum. Große Industriebetriebe - außer die jahrelangen Partner - zeigen dem HFC regelmäßig die kalte Schulter. Oder sie haben keinen finanziellen Spielraum, weil die Konzern-Zentralen andernorts ihre Hauptsitze haben. Öffentlich beklagt Schädlich die Strukturprobleme, mit denen Klubs im Osten zu kämpfen haben. „Wir stoßen an unsere Grenzen“, sagt er regelmäßig. Wie ein Hilferuf klang es, als er im letzten Jahr sogar eine Art Aufbauhilfe Ost durch den DFB anregte - und damit auf keinerlei Resonanz, sondern eher auf Unverständnis stieß.

Den Heidenheimern kann das egal sein. „Ein Sieg über Halle bringt uns unserem großen Ziel zweite Liga näher“, sagt Schmidt. Zwar habe man auch noch eine Drittliga-Lizenz für die kommende Saison eingereicht. Trotzdem ist alles auf Liga zwei justiert. Natürlich wird der Etat um etwa fünf Millionen Euro aufgestockt werden.

Während Schmidt erzählt, trudeln die FCH-Profis zum Training ein. Die begrüßen die Journalisten mit Handschlag. Es herrscht pure Wohlfühlatmosphäre - hier in der bewaldeten Provinz, wo künftig zweite Bundesliga gespielt wird.